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Mantel, Hilary

Mantel, Hilary

Titel: Mantel, Hilary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woelffe
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Königs, meine ich. Obwohl ich
mir sicher bin, dass Anne gegebenenfalls keine Skrupel hätte, auch ihre eigene
Schwester zu beseitigen.« Sie sieht wieder auf. »Wenn Sie Ihr Herz ehrlich
befragen, würden Sie gerne wissen, was ich weiß.«
    Sie ist einsam, denkt er, und
entwickelt ein wildes Herz wie Leontina in ihrem Käfig. Sie stellt sich vor,
alles dreht sich um sie, jeder Blick, jedes geheime Gespräch. Sie hat Angst,
dass die anderen Frauen sie bemitleiden, und sie hasst es, bemitleidet zu
werden. Er sagt: »Was wissen Sie von meinem Herzen?«
    »Ich weiß, wohin es neigt.«
    »Das ist mehr, als ich selbst
weiß.«
    »Das ist bei Männern nicht
ungewöhnlich. Ich kann Ihnen sagen, wen Sie lieben. Warum bitten Sie nicht um
sie, wenn Sie sie wollen? Die Seymours sind nicht reich. Sie werden Jane an Sie
verkaufen und froh über den Handel sein.«
    »Sie irren sich, was den Grund
meines Interesses betrifft. Ich habe junge Herren in meinem Haus, ich habe
Mündel, und sie zu verheiraten, das ist mein Anliegen.«
    »Ach, falala«, sagt sie.
»Singen Sie ein anderes Lied. Erzählen Sie das den Säuglingen im Kinderzimmer.
Erzählen Sie das dem Unterhaus, das Sie sowieso meistens anlügen. Aber glauben
Sie nicht, Sie können mich täuschen.«
    »Für eine Dame, die mir ihre
Freundschaft anbietet, haben Sie ruppige Manieren.«
    »Daran müssen Sie sich
gewöhnen, wenn Sie meine Informationen wollen. Wenn Sie jetzt in Annes Gemächer
gehen, was sehen Sie da? Die Königin an ihrem Betpult. Die Königin, die einen
Kittel für eine Bettlerin näht und Perlen so groß wie Kichererbsen trägt.«
    Es ist schwer, nicht zu
lächeln. Die Beschreibung ist treffend. Anne hat Cranmer bezaubert. Er hält sie
für ein Muster an frommer Weiblichkeit.
    »Können Sie sich vorstellen,
was wirklich vor sich geht? Können Sie sich vorstellen, dass sie den Umgang mit
flinken jungen Herren aufgegeben hat? Rätsel und Verse und Lieder, die sie
preisen, glauben Sie, sie hat das aufgeben?«
    »Sie hat den König, um sie zu
preisen.«
    »Aus der Richtung wird sie
kein gutes Wort hören, bis ihr Bauch wieder rund ist.«
    »Und was sollte das verhindern?«
    »Nichts. Sofern er dem gewachsen ist.«
    »Seien Sie vorsichtig.« Er lächelt.
    »Ich wusste gar nicht, dass es
Verrat ist, wenn man darüber redet, was im Bett eines Fürsten vor sich geht.
Ganz Europa hat über Katherine gesprochen - welcher Körperteil wohin getan
wurde, ob sie penetriert wurde, und wenn ja, hat sie es gemerkt?« Sie kichert.
»Harrys Bein tut ihm nachts weh. Er hat Angst, dass die Königin ihn in der
Übermacht der Leidenschaft tritt.« Sie legt die Hand auf den Mund, aber die Worte
kriechen durch die enge Lücke zwischen ihren Fingern heraus. »Aber wenn sie
still unter ihm liegt, sagt er: Was, Madam, sind Sie so wenig daran
interessiert, meinen Erben zu machen?«
    »Ich sehe nicht, was sie tun
könnte.«
    »Sie sagt, sie findet kein
Vergnügen mit ihm. Und er — nachdem er sieben Jahre gekämpft hat, um sie zu
bekommen, kann er kaum zugeben, dass es so schnell schal geworden ist. Es war
schon schal, bevor sie aus Calais zurückkehrten, das jedenfalls glaube ich.«
    Es ist möglich; vielleicht
waren sie schlachtmüde, erschöpft. Und doch macht er ihr so großartige
Geschenke. Und sie streiten so viel. Würden sie so viel streiten, wenn sie
einander gleichgültig wären?
    »Nun«, fährt sie fort, »mit
all den Fußtritten und dem wunden Bein und seinem Mangel an Geschicklichkeit
und ihrem Mangel an Begierde wird es ein Wunder sein, wenn wir jemals einen
Prinzen von Wales bekommen. Oh, er wäre natürlich Manns genug, wenn er jede
Woche eine neue Frau hätte. Und wenn er sich nach Neuem sehnt, wer wollte
sagen, dass sie es nicht tut? Ihr eigener Bruder steht in ihrem Dienst.«
    Er dreht sich zu ihr und sieht
sie an. »Gott helfe Ihnen, Lady Rochford«, sagt er.
    »Um seine Freunde zu ihr zu
bringen, meine ich. Was glaubten Sie denn?« Ein kleines kratziges Lachen.
    »Wissen Sie eigentlich selbst,
was Sie meinen? Sie waren lange genug am Hof, Sie wissen, welche Spiele
gespielt werden. Es ist nicht von Belang, wenn eine Dame Verse und Komplimente
bekommt, selbst wenn sie verheiratet ist. Sie weiß, dass ihr Mann woanders
Verse schreibt.«
    »Oh, das weiß sie. Zumindest
weiß ich das. Es gibt im Umkreis von dreißig Meilen kein kleines Biest, das
nicht eine Sammlung von Rochfords Versen bekommen hat. Aber wenn Sie glauben,
dass die Galanterie an der Tür zum Schlafgemach

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