Mantel, Hilary
tut, und liest dabei den Gesetzentwurf, bis
sie schockiert aufsieht: Hier wird mein Tod erwähnt! »Wenn es geschehen sollte,
dass Eure besagte teure und überaus geliebte Gemahlin Königin Anne ablebt...«
»Ich kann diesen Sachverhalt
nicht ausschließen«, sagt er. »Das Parlament kann alles tun, Madam, aber es
hat keine Macht über die Natur.«
Sie läuft rot an. »Ich werde
nicht an dem Kind sterben. Ich bin stark.«
Er kann sich nicht daran
erinnern, dass Liz den Verstand verloren hätte, als sie ein Kind erwartete.
Wenn überhaupt, war sie noch nüchterner und genügsamer als sonst und
verbrachte viel Zeit damit, Bestandslisten von Vorratsschränken zu machen.
Anne, die Königin, nimmt Henry den Entwurf aus der Hand. Sie schüttelt ihn leidenschaftlich.
Sie ist wütend auf das Papier, böse auf die Tinte. Sie sagt: »Hier steht, wenn
ich sterbe, sagen wir, ich sterbe jetzt, sagen wir, ich sterbe am Fieber und
sterbe vor der Geburt meines Kindes, dann kann er eine andere Königin an meine
Stelle setzen. Das sieht dieser Gesetzentwurf vor.«
»Schatz«, sagt der König, »ich
kann mir keine andere an deiner Stelle vorstellen. Es ist nur der Form halber.
Er muss Vorkehrungen für diesen Fall treffen.«
»Madam«, sagt Gardiner, »wenn
ich Cromwell verteidigen darf. Er stellt sich nur eine gängige Situation vor.
Sie würden Seine Majestät doch nicht zu einem Leben als ständiger Witwer
verdammen wollen? Und die Stunde ist ungewiss, nicht wahr?«
Anne nimmt davon keine Notiz,
als hätte Winchester nicht gesprochen. »Und wenn sie einen Sohn hat, heißt es
hier, wird dieser Sohn nachfolgen. Da steht: männliche Erben, rechtmäßig
gezeugt. Und
was geschieht dann mit meiner Tochter und ihrem Anspruch?«
»Nun«, sagt Henry, »sie ist
immer noch eine Prinzessin von England. Wenn du weiter unten liest, steht da,
dass ...« Er schließt die Augen. Gott gebe mir Stärke.
Gardiner beeilt sich, selbige
zu liefern: »Falls der König nie einen Sohn hätte, nicht in rechtmäßiger Ehe
mit irgendeiner Frau, dann würde Ihre Tochter Königin werden. Das ist es, was
Cromwell vorschlägt.«
»Aber warum muss es auf diese
Weise geschrieben werden? Und wo steht, dass die spanische Mary ein Bastard
ist?«
»Lady Mary ist von der
Thronfolge ausgeschlossen«, sagt er, »diese Schlussfolgerung ist ganz offensichtlich.
Wir brauchen gar nicht mehr zu sagen. Sie müssen eine etwaige Kälte des
Ausdrucks entschuldigen. Wir versuchen, Gesetze knapp abzufassen. Und auf eine
völlig unpersönliche Weise.«
»Bei Gott«, sagt Gardiner
genüsslich, »wenn das hier nicht persönlich ist, was ist es dann?«
Der König scheint Stephen zu
dieser Besprechung eingeladen zu haben, um ihn zu brüskieren. Morgen könnte es
natürlich andersherum sein; er könnte Henry Arm in Arm mit Winchester
antreffen, wie sie zwischen den Schneeglöckchen spazieren. Er sagt: »Wir
beabsichtigen, dieses Gesetz mit einem Eid zu besiegeln. Die Untertanen Seiner
Majestät sollen schwören, dass sie die Thronfolge achten, wie sie in diesem
Papier festgelegt und vom Parlament ratifiziert wurde.«
»Ein Eid?«, sagt Gardiner.
»Welche Art von Gesetzgebung muss denn durch einen Eid bestätigt werden?«
»Es wird immer Stimmen geben,
die sagen, ein Parlament ist getäuscht worden oder gekauft oder auf irgendeine
Weise unfähig, das Gemeinwesen zu repräsentieren. Und dann gibt es Stimmen, die
dem Parlament die Befähigung zur Gesetzgebung in bestimmten Punkten absprechen
und sagen, das muss einer anderen Jurisdiktion vorbehalten sein - soll heißen
Rom. Aber ich halte das für einen Fehler. Rom hat keine legitime Stimme in England.
Ich beabsichtige, in meinem Gesetz eine Position zu beziehen. Es ist eine
bescheidene. Ich entwerfe das Gesetz, und es mag dem Parlament gefallen, es zu
verabschieden, es mag dem König gefallen, es zu unterzeichnen. Dann werde ich
das Land bitten, es zu billigen.«
»Und was wollen Sie machen?«,
sagt Stephen höhnisch. »Ihre Jungs aus Austin Friars landauf, landab schicken
und jeden Jack schwören lassen, den Sie aus einem Bierlokal holen? Jeden Jack
und jede Jill?«
»Warum sollte ich sie nicht
schwören lassen? Glauben Sie, weil sie keine Bischöfe sind, sind sie Bestien?
Der Eid des einen Christenmenschen ist so gut wie der eines anderen. Betrachten
Sie dieses Königreich, Mylord Bischof, und Sie finden Verwahrlosung und Armut.
Es gibt Männer und Frauen auf den Straßen. Die Schafbauern haben sich so ausgebreitet,
dass der
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