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Mantel, Hilary

Mantel, Hilary

Titel: Mantel, Hilary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woelffe
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nicht schwören, aber ich
werde nicht gegen Ihren Eid sprechen und auch nicht versuchen, jemanden davon
abzubringen.«
    »Das ist nicht genug. Und Sie
wissen das.«
    More nickt. Er schlängelt sich
zur Tür, läuft gegen die Ecke des Tisches, was Cranmer zusammenzucken und dann
den Arm ausstrecken lässt, um die Tinte festzuhalten. Die Tür schließt sich
hinter ihm.
    »Als o?«
    Audley rollt das Gesetz
zusammen. Sanft klopft er damit auf den Tisch und blickt auf die Stelle, wo
More gestanden hat. Cranmer sagt: »Hier, das ist meine Idee. Wie ist es, wenn
wir ihn im Geheimen schwören lassen? Er schwört, aber wir bieten an, es
niemandem zu erzählen? Oder wenn er diesen Eid nicht schwören kann, fragen wir
ihn, welchen Eid er schwören kann.«
    Er lacht.
    »Das würde wohl kaum den
Absichten des Königs entsprechen«, seufzt Audley. Klopf, klopf, klopf. »Nach
allem, was wir für ihn getan haben und für Fisher. Sein Name wurde aus dem
Strafbeschluss gestrichen und Fisher hat eine Geldstrafe statt lebenslanger
Haft bekommen. Was konnten sie denn mehr verlangen? Sie schlagen uns unsere Anstrengungen
um die Ohren.«
    »Je nun. Selig sind die
Friedensstifter«, sagt er. Er möchte jemanden erwürgen.
    Cranmer sagt: »Wir versuchen
es noch einmal bei More. Zumindest sollte er seine Gründe nennen, wenn er sich
weigert.«
    Er flucht leise vor sich hin,
dreht sich vom Fenster weg. »Wir kennen seine Gründe. Ganz Europa kennt sie. Er
ist gegen die Scheidung. Er glaubt nicht, dass der König Oberhaupt der Kirche
sein kann. Aber wird er das sagen? Nicht er. Ich kenne ihn. Wissen Sie, was ich
hasse? Ich hasse es, Teil dieses Spiels zu sein, das ganz und gar von ihm
erdacht wurde. Ich hasse die Zeit, die das alles kostet und die sinnvoller genutzt
werden könnte, ich hasse es, dass Köpfe sich mit wichtigeren Dingen
beschäftigen könnten, ich hasse es zu sehen, wie unser Leben vergeht, denn
verlassen Sie sich darauf, wir werden alle unser Alter spüren, bevor dieses
Schauspiel zu Ende ist. Und was ich am meisten hasse, ist, dass Master More im
Publikum sitzt und kichert, wenn ich mich verspreche, denn er hat alle Teile
geschrieben. Und seit Jahren daran geschrieben.«
    Als  wäre er ein Servierjunge,
schenkt Cranmer ihm einen Becher Wein ein und kommt zu ihm. »Hier.«
    In der Hand des Erzbischofs
hat der Becher zwangsläufig einen sakramentalen Charakter: kein mit Wasser
vermischter Wein, sondern eine zweideutige Mischung: Dies ist mein Blut, dies
ist wie mein Blut, dies ist mehr oder weniger etwas wie mein Blut, tu es zum
Gedenken an mich. Er gibt den Becher zurück. Die Norddeutschen haben einen
starken Schnaps, aquavitae: Ein Schluck davon würde mehr bringen. »Holen Sie More
zurück«, sagt er.
    Einen Augenblick später steht
More in der Tür, leise niesend. »Kommen Sie schon«, sagt Audley lächelnd, »so
tritt doch kein Held auf.«
    »Ich versichere Ihnen, dass
ich keineswegs beabsichtige, ein Held zu sein«, sagt More. »Draußen wird das
Gras geschnitten.« Er muss noch einmal niesen, kneift sich in die Nase und
schlurft auf sie zu, die Enden seiner Robe über die Schulter gelegt; er setzt
sich auf den Stuhl, der für ihn hingestellt wurde. Vorher hatte er sich
geweigert, sich hinzusetzen.
    »Das ist besser«, sagt Audley.
»Ich wusste, die frische Luft würde Ihnen gut tun.« Er sieht einladend zu ihm,
Cromwell, hinüber, aber er signalisiert, dass er bleiben wird, wo er ist,
nämlich am Fenster. »Ich weiß ja nicht«, sagt Audley gutwillig. »Der Erste will
sich nicht setzen. Und dann will der Zweite sich auch nicht setzen. Sehen Sie«,
er schiebt More ein Stück Papier zu, »das sind die Namen der Priester, die
heute hier waren, ihren Eid auf das Gesetz geleistet haben und Ihnen ein Beispiel
geben sollten. Sie wissen ja, dass alle Abgeordneten des Parlaments konform
gehen. Als o, warum nicht Sie?«
    More blickt unter seinen
Augenbrauen nach oben. »Dies ist kein angenehmer Ort, für keinen von uns.«
    »Angenehmer als der, an den
Sie gehen werden«, sagt er.
    »Nicht in die Hölle«, sagt
More lächelnd. »Darauf baue ich.«
    »Als o gut, wenn das Schwören
des Eides Sie verdammen würde, was ist mit all den anderen?« Er löst sich von
der Wand und macht ein paar Schritte. Er nimmt Audley die Namensliste aus der
Hand, rollt sie zusammen und schlägt damit auf Mores Schulter. »Sind sie alle
verdammt?«
    »Ich kann nicht für ihr
Gewissen sprechen, nur für meines. Ich weiß nur, wenn ich Ihren Eid

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