Mantel, Hilary
wird er es in Zukunft
besser machen. Ich sage dasselbe von meinem eigenen Jungen. Er ist nicht von
großem Nutzen. Aber er ist mehr wert als ein Argument in der Debatte.«
Cranmer schüttelt bekümmert
den Kopf. »Es geht hier nicht um ein Argument in der Debatte.«
»Sie sprechen von Ihrem Sohn«,
sagt er. »Was wird mit ihm geschehen? Und mit Ihren Töchtern?«
»Ich werde ihnen raten, den
Eid abzulegen. Ich erwarte nicht von ihnen, dass sie meine Skrupel teilen.«
»Das ist nicht, was ich meine,
und das wissen Sie. Es ist die jüngere Generation, die Sie verraten. Wollen
Sie, dass der Kaiser sie unterjocht? Dann sind Sie kein Engländer!«
»Das kann man von Ihnen auch
nicht gerade sagen«, sagt More. »In den Krieg ziehen für die Franzosen, wie,
Bankgeschäfte für die Italiener? Sie waren in diesem Königreich noch gar nicht
erwachsen geworden, als Ihre Jugendsünden Sie schon daraus vertrieben und Sie
weggelaufen sind, um dem Gefängnis oder einer Schlinge zu entgehen. Nein, ich
sage Ihnen, was Sie sind, Cromwell, Sie sind Italiener durch und durch, und Sie
teilen alle ihre Laster, alle ihre Leidenschaften.« Er lehnt sich auf seinem
Stuhl zurück: ein unfrohes Grunzen von Lachen. »Diese gnadenlos gute Laune,
die Sie immer haben. Ich wusste ja, sie würde sich am Ende abnutzen. Sie ist
eine Münze, die zu oft von Hand zu Hand gegangen ist. Und nun ist das dünne
Silber abgetragen, und wir sehen das unedle Metall.«
Audley grinst. »Anscheinend
sind Ihnen Master Cromwells Bemühungen in der Münzanstalt entgangen. Seine
Münzen sind solide, oder sie kommen nicht in Umlauf.«
Der Kanzler kann nicht anders,
er ist die grinsende Sorte von Mann; jemand muss ruhig bleiben. Cranmer ist
blass und schwitzt, und er kann den Puls an Mores Schläfe galoppieren sehen. Er
sagt: »Wir können Sie nicht nach Hause gehen lassen. Trotzdem, es scheint mir,
dass Sie heute nicht Sie selbst sind, und statt Sie in den Tower zu schicken,
könnten wir Sie vielleicht in die Obhut des Abts von Westminster geben ...
Würde Ihnen das angemessen erscheinen, Mylord von Canterbury?«
Cranmer nickt. More sagt:
»Master Cromwell, ich sollte Sie nicht verhöhnen, nicht wahr? Sie haben sich
als mein ganz besonderer und fürsorglicher Freund erwiesen.«
Audley nickt der Wache an der
Tür kurz zu. More erhebt sich leicht, als hätte der Gedanke an die Haft seinen
Schritt beschwingt; die Wirkung wird nur durch seinen üblichen Griff an die
Robe verdor ben,
das Gefummel, als er sie zusammenrafft; und trotz dieser Maßnahme scheint er
nach hinten auf seinen eigenen Fuß zu treten. Er muss an Mary in Hatfield
denken, wie sie von ihrem Hocker aufstand und dann vergaß, wo sie ihn gelassen
hatte. Schließlich wird More irgendwie aus dem Raum bugsiert. »Nun hat er
genau das, was er will«, sagt er.
Er legt seine Handfläche an
das Fensterglas. Er sieht den Fleck, den sie auf dem alten, etwas trüben Glas
hinterlässt. Eine Nebelbank ist über dem Fluss aufgestiegen; der beste Teil des
Tages liegt hinter ihnen. Audley kommt durch den Raum auf ihn zu. Zögernd
bleibt er neben ihm stehen. »Wenn More nur erkennen lassen würde, welchen Teil
des Eides er beanstandet, wäre es eventuell möglich, ihn etwas anders zu
formulieren, um ihm entgegenzukommen.«
»Das können Sie vergessen.
Wenn er irgendetwas erkennen lässt, ist es um ihn geschehen. Das Schweigen ist
seine einzige Hoffnung und als solche klein genug.«
»Der König würde vielleicht
einen Kompromiss akzeptieren«, sagt Cranmer. »Aber ich befürchte, die Königin
wird es nicht. Und in der Tat«, sagt er schwach, »warum sollte sie?«
Audley legt eine Hand auf
seinen Arm. »Mein lieber Cromwell. Wer kann More schon verstehen? Sein Freund
Erasmus hat ihm geraten, er solle nicht in die Regierung eintreten, weil er
nicht genügend Mumm dafür habe, und er hatte recht. Er hätte niemals das Amt
übernehmen sollen, das ich jetzt innehabe. Er hat es nur getan, um Wolsey zu
ärgern, den er hasste.«
Cranmer sagt: »Er hat ihm auch
gesagt, er solle sich von der Theologie fernhalten. Wenn ich nicht irre.«
»Wie könnten Sie das? More
veröffentlicht alle Briefe seiner Freunde. Selbst wenn sie ihn tadeln, stellt
er hübsch seine Demut zur Schau und zieht so Gewinn daraus. Er hat in der
Öffentlichkeit gelebt. Jeden Gedanken, der ihm in den Kopf gekommen ist, hat er
zu Papier gebracht. Er hat nie etwas für sich behalten. Bis jetzt.«
Audley greift an ihm vorbei,
öffnet das Fenster. Ein
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