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Mantel, Hilary

Mantel, Hilary

Titel: Mantel, Hilary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woelffe
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Sturzbach von Vogelgezwitscher ergießt sich am Sims und
flutet in den Raum, die flüssigen, fließenden Noten der Sturmdrossel.
    »Ich vermute, er schreibt
einen Bericht über den heutigen Tag«, sagt er. »Und schickt ihn aus dem
Königreich, damit er gedruckt wird. Verlassen Sie sich darauf, in den Augen
Europas werden wir die Dummköpfe und Unterdrücker sein und er das arme Opfer
mit der besseren Ausdrucksweise.«
    Audley klopft ihm auf den Arm.
Er will ihn trösten. Aber wer könnte das überhaupt? Er ist der untröstliche
Master Cromwell: der nicht auszumachende, der nicht auslegbare, der vermutlich
nicht verletzbare Master Cromwell.
     
    Am nächsten Tag schickt der König nach ihm. Er
vermutet, dass er ihn schelten will, weil es ihm nicht gelungen ist, More zum
Eid zu bewegen. »Wer begleitet mich zu dieser Fiesta?«, fragt er. »Master
Sadler?«
    Sobald er vor dem König
erscheint, gibt Henry seinem Gefolge mit einer gebieterischen Armbewegung die
Anweisung, einen Raum freizumachen und ihn darin allein zu lassen. Sein
Gesicht ist wie Donner. »Cromwell, war ich Ihnen kein guter Herr?«
    Er beginnt zu reden ...
liebenswürdig und mehr als liebenswürdig ... die eigene bedauerliche
Unwürdigkeit... sollten gewisse Dinge enttäuschen ... bitte um Vergebung ...
    Er kann das den ganzen Tag
tun. Er hat es von Wolsey gelernt.
    Henry sagt: »Denn Mylord
Erzbischof glaubt, ich habe nicht recht an Ihnen getan. Aber«, sagt er im
Tonfall eines Missverstandenen, »ich bin ein Fürst, der für seine Großzügigkeit
bekannt ist.« Die Angelegenheit scheint den König zu verwirren. »Sie sollen
königlicher Sekretär sein. Belohnungen werden folgen. Ich verstehe gar nicht,
warum ich das nicht schon längst getan habe. Aber sagen Sie mir eines: Als  Sie
nach den Lords Cromwell gefragt wurden, die es früher in England gab, sagten
Sie, Sie gehörten nicht dazu. Haben Sie weiter darüber nachgedacht?«
    »Um ehrlich zu sein, ich habe
keinen Gedanken mehr daran verschwendet. Ich würde niemals den Wappenmantel
eines anderen Mannes tragen. Er könnte aus dem Grabe aufstehen und mich zur
Rede stellen.«
    »Mylord Norfolk sagt, Sie
genießen Ihre niedrige Geburt. Er sagt, Sie haben sie eigens ersonnen, um ihn
zu quälen.« Henry ergreift seinen Arm. »Es scheint mir zweckmäßig«, sagt er,
»dass Sie, wo immer wir hingehen - obwohl wir diesen Sommer mit Rücksicht auf
den Zustand der Königin nicht weit gehen werden -, Räume neben meinen eigenen
bekommen, damit wir miteinander sprechen können, wann immer ich Sie benötige,
und wenn möglich Räume mit direkter Verbindung, sodass ich keinen Boten
brauche.« Er lächelt in Richtung der Höflinge; sie strömen zurück wie die Flut.
»Gott strafe mich«, sagt Henry, »wenn ich Sie wissentlich hintangesetzt habe.
Ich weiß, wann ich einen Freund habe.«
    Draußen sagt Rafe: »Gott
strafe ihn ... Welche schrecklichen Eide er schwört.« Er umarmt seinen Herrn.
»Das hätte wirklich früher kommen müssen. Aber hören Sie, ich muss Ihnen etwas
sagen, wenn wir zu Hause sind.«
    »Sag es mir jetzt. Ist es
etwas Gutes?«
    Ein Gentleman tritt vor und
sagt: »Master Secretary, Ihre Barke wartet, um Sie in die Stadt
zurückzubringen.«
    »Ich sollte ein Haus am Fluss
haben«, sagt er. »Wie More.«
    »Oh, aber Austin Friars
verlassen? Denken Sie an den Tennisplatz«, sagt Rafe. »Die Gärten.«
    Der König hat seine
Vorkehrungen im Geheimen getroffen. Gardiners Wappen auf dem Anstrich der
Barke ist abgebrannt worden. Eine Fahne mit seinem eigenen Wappen ist neben der
Tudor-Fahne gehisst. Zum ersten Mal besteigt er die Barke, und auf dem Fluss
erzählt Rafe ihm seine Neuigkeit. Unmerklich schaukelt das Boot unter ihnen.
Die Fahnen hängen schlaff herunter; es ist ein stiller Morgen, dunstig und von
Schatten gesprenkelt, und wo das Licht Fleisch oder Leinen oder frische Blätter
berührt, entsteht ein Schimmer wie der Schimmer auf einer Eierschale: die ganze
Welt leuchtend, ihre Kanten gerundet, ihr Duft wässrig und grün.
    »Ich bin seit einem halben
Jahr verheiratet«, sagt Rafe, »und keiner weiß es, nur Sie wissen es jetzt. Ich
habe Helen Barre geheiratet.«
    »Oh, beim Leib Christi«, sagt
er. »Unter meinem eigenen Dach! Warum hast du das getan?«
    Rafe hört stumm zu, während er
sagt, was er zu sagen hat: Sie ist ein hübscher Niemand, eine arme Frau, die
dir keinen Vorteil bringen kann, du hättest eine Erbin heiraten können. Warte,
bis du es deinem Vater sagst! Er wird empört

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