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Mantel, Hilary

Mantel, Hilary

Titel: Mantel, Hilary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woelffe
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ausspucken, überall bedrohliche Schlingen, eine leichenübersäte
Ebene. »Ich will unbedingt, dass Sie mit mir gehen, Thomas. Sie können an
meiner Seite bleiben und schnell reagieren, wenn einer dieser Kardinäle
versucht, mich zu erstechen.«
    Er stellt sich seinen Herrn
mit unzähligen Messern im Körper vor, so wie im Heiligen Sebastian unzählige
Pfeile stecken. »Warum muss der Papst in Rom sein? Wo steht das geschrieben?«
    Ein Lächeln breitet sich
langsam auf dem Gesicht des Kardinals aus. »Den Heiligen Stuhl nach Hause
holen? Warum nicht?« Er liebt verwegene Pläne. »Ich könnte ihn nicht nach
London holen, nehme ich an? Wäre ich doch nur Erzbischof von Canterbury, dann
könnte ich meinen päpstlichen Hof im Lambeth Palace einrichten ... aber der
alte Warham hält durch und hält durch, immer durchkreuzt er meine Pläne ...«
    »Sie könnten in Ihre eigene
Diözese ziehen, Mylord.«
    »York ist so weit weg. Könnte
ich das Pontifikat vielleicht in Winchester einrichten, was meinen Sie? In
unserer alten englischen Hauptstadt? Und näher beim König?«
    Was für ein ungewöhnliches
Regime. Der König beim Abendessen mit dem Papst, der auch sein Lordkanzler
ist... Wird der König ihm seine Serviette reichen und ihm zuerst vorlegen
müssen?
    Als  die Nachricht von
Clemens' Genesung kommt, sagt der Kardinal nicht: was für eine verpasste
Gelegenheit. Er sagt: Thomas, was sollen wir als Nächstes tun? Wir müssen das
Legatengericht einberufen, es kann nicht länger aufgeschoben werden. Er sagt:
»Gehen Sie und finden Sie einen Mann namens Anthony Poynes für mich.«
    Er steht auf, verschränkt die
Arme und wartet auf weitere Einzelheiten.
    »Versuchen Sie es auf der Isle
of Wight. Und schaffen Sie Sir William Thomas herbei; ich glaube, Sie finden
ihn in Carmarthen - er ist schon älter, sagen Sie Ihren Männern also, dass sie
behutsam vorgehen sollen.«
    »Ich beschäftige keine
behutsamen Männer.« Er nickt. »Aber ich verstehe. Sie sollen die Zeugen nicht
umbringen.«
    Die Verhandlung der großen
Angelegenheit des Königs naht. Der König beabsichtigt zu beweisen, dass Königin
Katherine keine Jungfrau war, als sie zu ihm kam, da sie die Ehe mit seinem
Bruder Arthur vollzogen hatte. Zu diesem Zweck versammelt er die Herren, die
dem königlichen Paar nach seiner Hochzeit in Baynard's Castle aufwarteten, und
später in Windsor, wohin der Hof im November jenes Jahres zog, und danach in
Ludlow, wohin die beiden geschickt wurden, um Prinz und Prinzessin von Wales zu
spielen. »Arthur«, sagt Wolsey, »wäre ungefähr so alt wie Sie, Thomas, wenn er
noch leben würde.« Die Diener, die Zeugen, sind mindestens eine Generation
älter. Und so viele Jahre sind vergangen - achtundzwanzig, um genau zu sein.
Wie gut kann ihr Erinnerungsvermögen sein?
    Es hätte nie dazu kommen
sollen - zu dieser öffentlichen und ungebührlichen Zurschaustellung. Kardinal
Campeggio hat Katherine angefleht, sich dem Willen des Königs zu beugen, zu
akzeptieren, dass ihre Ehe ungültig ist, und sich in ein Kloster
zurückzuziehen. Aber sicher, sagt sie liebenswürdig, natürlich wird sie Nonne
- wenn der König Mönch wird.
    Unterdessen gibt sie Gründe
an, warum das Legatengericht den Fall nicht verhandeln sollte. Zum einen ist er
immer noch subjudice'm Rom.
    Zum anderen ist sie eine
Fremde, sagt sie, in einem fremden Land; sie übergeht die Jahrzehnte, in denen
sie mit jeder Wendung, jedem Kniff der englischen Politik vertraut wurde. Die
Richter, behauptet sie, sind gegen sie voreingenommen; sicher, dieser Verdacht
ist nicht unbegründet. Campeggio legt die Hand aufs Herz und schwört, dass er
ein ehrliches Urteil fällen wird, selbst wenn er um sein Leben fürchten
müsste. Katherine findet, er ist zu vertraut mit seinem Ko-Legaten; niemand,
der lange Zeit mit Wolsey verbracht hat, weiß noch, was Ehrlichkeit ist, glaubt
sie.
    Wer berät Katherine? John
Fisher, Bischof von Rochester. »Wissen Sie, was ich an dem Mann nicht ertragen
kann?«, sagt der Kardinal. »Er ist nur Haut und Knochen. Ich verabscheue diese
ausgemergelten Prälaten. Sie lassen alle anderen Geistlichen schlecht
dastehen. Man sieht so ... materiell aus.«
    Er trägt seinen materiellen
Pomp, sein feinstes Scharlachrot, als der König und die Königin nach
Blackfriars vor die beiden Kardinäle geladen werden. Alle waren davon
ausgegangen, dass Katherine einen Bevollmächtigten schicken würde, aber sie
erscheint selbst. Alle Bischöfe haben sich auf der Bank

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