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Mantelkinder

Mantelkinder

Titel: Mantelkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Geller
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sträubte sich zwar gegen diese Vermutung: ihre Erfahrung, ihre Vernunft, die Ergebnisse des LKA. Frauen ermordeten keine Kinder — jedenfalls nicht so … Und trotzdem. Also hatte sie Hansen beauftragt, die Alibis der Frauen aus Claudias Umfeld zu überprüfen. Diskret. Auch innerhalb der SOKO. Schließlich band Susanne eine Arbeitskraft für die wahrscheinlich fixe Idee einer Fotografin.
    Seit zwei Tagen beschäftigte sich Hansen nun damit. Es war ein undankbarer Job, weil sie erst einmal herausfinden musste, wer überhaupt infrage kam. Logischerweise hatte ja niemand bisher Frauen auch nur namentlich erfasst. Die Telefonate, die sie mit Arbeitgebern, Sekretariaten und Lohnbuchhaltungen führte, gaben bislang alle nichts her, wie Susanne halb enttäuscht, halb erleichtert feststellte, als sie heute früh die vorläufige Liste von Hansen überflogen hatte.
    Dr. Liesegang, Claudias Kinderärztin: vom 14.11. – 22.11. mit einer Schienbeinfraktur in der Uni-Klinik
    Ulla Sieger, Monika S. Schwester: lt. Arbeitgeber und Stempelkarte letzte Fehlzeit im Januar 2011.
    H. Albertini, Claudias Klassenlehrerin: lt. Schulsekretariat seit 12.11. ohne Fehlzeiten wieder im Dienst
    L. Pröll, Claudias Schwimmlehrerin: lt. Vereinsführung am 16.11. und am 30.11. auf Turnierfahrten in Norddeutschland.
    …
    Trotzdem ließ Susanne sie vorerst weitermachen. Zumindest beruhigte sie damit ihr Gewissen — und vielleicht auch das von Karin.
    Ketzers Sekretärin sagte ihr, er sei für kleine Jungs, also passte Susanne ihn vor der Herrentoilette ab. Noch auf dem Flur berichtete sie ihm, was Grete Horn vermutete.
    Als sie mit einem „Was halten Sie davon?“ endete, lächelte er nur überheblich. Mit einer für ihn typischen affektierten Bewegung strich er sich über das graue Haar.
    „Nun, bei aller Liebe“, sagte er. „Professor Horn war sicher eine herausragende Psychiaterin. Aber sie ist nun mal alt und hat keine Ahnung von den modernen Analysemethoden, die ja heutzutage alle standardisiert sind, und damit sehr viel zuverlässiger als in früheren Zeiten. Sie wollen sich doch nicht auf das senile Geschwätz einer Achtzigjährigen einlassen!?“
    Die Arroganz in seiner Stimme brachte Susanne augenblicklich in Rage. Aber sie hatte keine Lust auf eine Auseinandersetzung mit diesem blasierten Pinsel.
    Sie ließ ihn einfach stehen, holte Hellwein ab und machte sich mit ihm auf in den siebten Stock.
    Das Büro der Breitner war etwas kleiner als das von Maurer, aber nicht weniger edel eingerichtet. Schreibtisch und Aktenschränke waren aus Nussbaum, die Stühle hatten Armlehnen und sahen aus wie neu, der Computer war hochmodern. An der Stirnwand hing ein Druck von Andy Warhols Kölner Dom.
    Susanne verdrängte den kurzen Anflug von Neid und stellte Grete Horns Überlegungen zur Diskussion.
    „Das könnte der Grund sein, warum wir auf der Stelle treten“, meinte auch Breitner. „Was hält Ketzer davon?“
    „Seniles Geschwätz einer Achtzigjährigen“, antwortete Susanne bitter. „Zitat Ende.“
    „Hm“, machte Breitner. „Ich kenne Professor Horn schon lange. Und senil ist sie ganz gewiss nicht. Ich frage mich nur, warum die Experten vom LKA diesen Aspekt nicht beachtet haben.“
    „Wahrscheinlich weil sie, genau wie Ketzer, nach irgendwelchen standardisierten Methoden vorgehen und nicht selber denken.“
    Breitner klopfte mit einem grünen Filzstift nachdenklich an ihre Nase. Offenbar hatte sie vergessen, dass die Kappe nicht aufsteckte, und mit jedem Klopfen produzierte sie ein grünes Pünktchen auf ihrer Nasenspitze.
    Hellwein sah fasziniert zu, bis Susanne ihn vors Schienbein trat.
    „Also gut!“ Breitner warf den Stift zur Seite. „Einerseits ist Professor Horns These gewagt. Andererseits …“
    „Wir kommen bei Claudia eindeutig nicht weiter“, warf Susanne ein. „Deshalb sollten wir uns nur auf die beiden anderen Kinder konzentrieren. Uns läuft die Zeit davon!“
    „Ich sehe Ihr Problem, Frau Braun. Aber wir geraten in arge Erklärungsnot, wenn wir uns voll und ganz auf die Vermutung einer außenstehenden Person verlassen, die den ganzen Fall nur aus Doktor Sprengers Perspektive kennt. Ich weiß, wie Sie´s am liebsten hätten: Jeden Mann, der auch nur mal Augenkontakt mit Annika oder Sonja hatte, zum Speicheltest bitten. Aber Sie wissen ja, wie unser geschätzter Herr Ermittlungsrichter zu generalisierten Proben steht. Nein, wir müssen das geschickter angehen. Wir machen Folgendes: Ein Drittel der Truppe

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