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Mantramänner

Mantramänner

Titel: Mantramänner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Hagedorn
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mobil.
    Ich griff nach meinem Telefon und rief ihn an.

KAPALABHATI
    Kapalabhati (Schnellatmung) macht wach und hilft zu einem klaren Kopf. Anstelle von Müdigkeit und Niedergeschlagenheit tritt innere Freude und Kraft.

    Der Montag begann schon wieder damit, dass Kobolde in meinem Kopf doppelte Rittberger vorführten. Allmählich kamen mir die kleinen Wichte bekannt vor. Das nächste Mal würde ich sie nach ihren Namen fragen und ihnen offiziell das Du anbieten.
    Fast musste ich lachen, da tauchte ein Gedanke aus den Tiefen meines Unbewussten auf.
    Es war ein schrecklicher Gedanke. Ein furchtbarer. Ein grauenhafter. Ein Gedanke, der mit einem großen C begann.
    Irgendwie schaffte ich es, ihn klein zu halten. Ich schaffte es unter der Dusche, ich schaffte es im Bus, ich schaffte es sogar noch auf dem Weg zur Arbeit.
    Vor der Tür der chemischen Reinigung lag der Mops der Besitzerin im Hundekörbchen und sah ganz besonders zerknautscht aus. Oder kam mir das nur so vor, weil ich mich so zerknautscht fühlte? Der Leierkastenmann in der Fußgängerzone hatte sich einen Becher Coffee to go auf seinen Leierkasten gestellt und leierte einen Hochzeitsmarsch. Den Hochzeitsmarsch. Daa-da-da-daa, daa-da-da-daa. Als ich durch die Drehtür das Gebäude betrat, war ich schweißgebadet vor Anstrengung.
    Auf dem Weg zum Büro begegnete ich Frau Stöver. Im Arm trug sie eine geblümte Thermoskanne, die aussah wie aus einem der grellen
Siebziger-Jahre-Kochbücher meiner Mutter. Täuschte ich mich, oder grinste sie mich mit einer Mischung aus Herablassung und Kumpelhaftigkeit an? Hatte sie mich etwa auf der Firmenparty beobachtet?
    Ich flüchtete zum Lift.
    Wenn ich dort einstieg, vor allem am Montagmorgen, dann wollte ich immer sofort wieder den Erdgeschossknopf drücken und mich auf dem schnellsten Weg zum Arzt machen. Oder besser gleich in die Notaufnahme des Krankenhauses. Wie konnte man nur ausgerechnet in einer Firma, die mit dem Urlaub anderer Leute Geld verdiente, einen derart fahl beleuchteten Aufzug einbauen? Wer in diesem Licht nicht krank oder wenigstens urlaubsreif aussah, hatte entweder nicht richtig hingeschaut. Oder war Germany’s Next Topmodel.
    Nach einer Nacht, wie ich sie hinter mir hatte, wäre ich nicht überrascht gewesen, wenn mich beim Aussteigen gleich ein Trupp von Rettungssanitätern empfangen hätte.
    Auf der Fahrt nach oben bemühte ich mich, meinem Spiegelbild nicht in die Augen zu schauen. Blieben nur noch die Seitenwände. Die Handzettel mit dem Hinweis auf die Firmenparty waren weg, dafür hing dort ein neuer Zettel, der in einer kugeligen Teenagerschrift bemalt war. »Hilfe!«, stand ganz oben. »Wo ist meine Bärchentasse? Habe sie zuletzt in der Teeküche im 3. Stock gesehen, und jetzt ist sie weg. Hellblaue Teddybären auf dunkelblauem Grund. Bitte meldet euch! Lisa-Marie.« Den Namen kannte ich nicht, es musste eine von den neuen Azubis sein. Jedenfalls nicht die, mit der sich Anna neulich unterhalten hatte. Die trug sogar im Sommer blickdichte Strumpfhosen und hätte sich auch sonst keine Blöße gegeben.
    Mein Mitleid hielt sich in Grenzen. Schließlich ging es meinem New-York-Becher zu Hause auch nicht besonders gut. Oder, wie meine norddeutsche Großmutter sagte: Nix is für immer.
    Nach und nach leerte sich der Aufzug, und ab Stockwerk sechs war ich ganz allein. »Kundenkontakte« stand in einer sachlichen kleinen Schrift neben dem Knopf mit der Sieben, und mit nicht abwaschbarem Filzstift hatte jemand die Buchstaben MMGZ daneben geschrieben. Meckern, motzen, Geld zurück. Das traf es viel eher.

    Ich war bei Sunny Side Reisen zuständig für all die, die sich im Urlaub nicht auf der sonnigen Seite gefühlt hatten. Oder die ihre Reise erst so richtig genießen konnten, wenn sie nachträglich mindestens zwanzig Prozent des Preises zurückbekamen. Das Schönste an meinem Job war der Name: Customer Relations Assistant, leuchtend blau auf teures Papier gedruckt. In meiner Schreibtischschublade warteten drei Päckchen mit jungfräulich verpackten Visitenkarten darauf, dass ich sie endlich loswurde. Aber ich verließ meinen Schreibtisch ja nie. Wem hätte ich schon Visitenkarten geben können außer der Kantinenfrau – oder gewissen Herren auf Firmenpartys?
    »Na, auch schon ausgeschlafen?«, bemerkte Berger süffisant, als ich mich meinem Schreibtisch näherte.
    Wenn mir nicht zum Heulen zumute gewesen wäre, ich hätte lachen mögen. Zu deutlich stand mir vor Augen, wie mein Chef auf dem

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