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Mantramänner

Mantramänner

Titel: Mantramänner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Hagedorn
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erzählt. Geschichten, die von mikroskopisch dünnen Pflaumenmusschichten auf trockenen Broten und von nächtlichen Attacken mit einem grünen Glibber aus dem Scherzartikelladen gehandelt hatten. Erst hinterher hatten
wir erfahren, dass sie uns die schlimmste Grausamkeit verschwiegen hatten.
    Zwei Wochen Läuseshampoo nach der Rückkehr.
    Während draußen die Autobahn von dreispurig auf zweispurig wechselte, Windräder und Wiesen mit einsamen, schwarz-weißen Kühen vor dem Fenster vorbeiflogen und Ortsnamen auf den Ausfahrtsschildern, die man nicht einmal mehr aus dem Verkehrsfunk kannte, hing jede von uns ihren eigenen Gedanken nach. Und ich hätte wetten können, dass sie allesamt um das Kleingedruckte kreisten, das in der Bestätigungs-E-Mail für das Wochenende gestanden hatte. Im Geist ging ich die lästige Liste noch einmal durch.
    Erstens: Sämtliche mitgebrachten Kosmetikprodukte mussten biologisch abbaubar sein.
    Da war ich noch ganz zuversichtlich. Einem Duschgel mit Namen »Meditation« konnten sie ja kaum den Zutritt zum Haus verweigern.
    Im ganzen Haus herrschte Fleisch-, Tabak- und Alkoholverbot.
    Grummel.
    Im ganzen Haus herrschte Tee- und Kaffeeverbot.
    Doppel-Grummel.
    Von dreiundzwanzig Uhr bis neun Uhr morgens sollte nur in dringenden Fällen gesprochen werden.
    Was mir ohne Kaffee vermutlich am wenigsten schwerfallen würde.
    Die erste Mahlzeit gab es morgens um elf.
    Magen-Grummel.
    Die erste Yogastunde morgens um sieben.
    Hmpf. Ich hätte behaupten können, dass ich sonst am Wochenende um diese Zeit überhaupt erst nach Hause kam, aber das war auch gelogen. Ich war ja schließlich keine zwanzig mehr. Dafür konnte ich selbst an normalen Arbeitstagen bis acht Uhr schlafen. Und das war die Wahrheit und nichts als die Wahrheit.
    Schließlich die Krönung: Jeder Gast war zu einer Stunde Karma Yoga im Lauf des Wochenendes angehalten.
    Darunter hatte ich mir nun gar nichts vorstellen können, aber es klang sehr sympathisch. Entspannt rumliegen und dabei Punkte für das nächste Leben sammeln. Erst gestern Abend hatte Melli mich am
Telefon aufgeklärt. Ob die anderen beiden schon Bescheid wussten, hatte ich nicht gefragt.
    »Nein«, hatte sie gesagt, »Karma Yoga, das ist das Yoga der Tat. Dienst an der Gemeinschaft.«
    »Du meinst, Yogamatten zusammenrollen oder Kissen aufschütteln? «
    Es hatte ein Witz sein sollen, aber Melli hatte nicht gelacht.
    »Nein«, hatte sie schließlich zögernd geantwortet, »ich meine die Gemeinschaft. Die Leute, die dort leben. Die wollen es ja auch sauber haben und essen und so.«
    »Karma Yoga ist also so was wie Küchendienst?«, schrie ich entsetzt. Sofort fiel mir noch viel Schlimmeres ein als Kartoffelschälen. Vor meinem inneren Auge sah ich mich im Lotossitz, während ich die Dreadlocks der Langzeiturlauber entlauste. Und dabei gut aufpasste, dass ich keinem der Tierchen ein Beinchen krümmte. Wahrscheinlich waren die kleinen Krabbler alles ehemalige Yoga-Wochenendstümper wie ich, die ihren Küchendienst nicht ernst genommen hatten. So etwas machte ganz mieses Karma. Hatte ich neulich erst gelesen.
    »Ja, in der Küche werden immer Leute gebraucht. Oder beim Fensterputzen oder im Garten. Der Siv hat gesagt, das ist einer der wichtigsten Yogawege überhaupt, weil er das ganze Leben umfasst. Dass du lernst, jede Aufgabe freudig zu übernehmen und sie genau so auch wieder loszulassen, wenn etwas anderes ansteht.«
    »So, so. Der Siv. Und der macht auch Küchendienst?«
    »Er hat gesagt, in Indien hat er mal zwei Wochen lang Obst geschnitten und hat dabei schon einen richtigen Ehrgeiz entwickelt. Dass die Stücke alle genau gleich groß sind, dass die Schale ganz hauchdünn abgeht. Dann hat ihn sein Lehrer nur noch zum Helfen im Garten geschickt, damit er keinen ungesunden Hochmut entwickelt. «
    Überzogener Schnippel-Ehrgeiz? Wenigstens vor dieser Karma-Sünde brauchte ich mir keine Sorgen zu machen.
    Ein feiner Sprühregen hatte eingesetzt, und Melli fuhr jetzt über die Landstraße. Statt Kühen glotzten Schafe, und es gab mehr grüne
als gelbe Ortsschilder. Als wir am »Steakhaus Landfrieden« vorbeikamen, steckte ich innerlich ein Fähnchen in eine Umgebungskarte. Nicht, dass ich mich sonst den ganzen Tag von Schnitzelpfanne ernährte. Ich hieß ja nicht Steve. Aber allein die Vorstellung, dass ich es drei Tage lang nicht durfte, selbst wenn ich wollte, weckte die Rebellin in mir.
    »Kinder«, sagte Melli zehn Minuten später feierlich, »wir sind

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