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Mantramänner

Mantramänner

Titel: Mantramänner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Hagedorn
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ich kühl, »das waren Nadine und Anna. Was hat sie denn überhaupt von dir bekommen, zum Geburtstag? «
    Steve begann wieder, mit dem Finger zu malen. Jetzt hatte er die Schlangenlinien satt und wechselte zu Dreiecken.
    »Mission Impossible , die Ultimative Collection. Auf Blu-ray Disc.«
    Er sah mich so triumphierend an, als erwartete er Applaus von mir.
    »Ach. Und du meinst ernsthaft, damit machst du ihr eine Freude?«
    »Also, sie hat mir erzählt, dass sie Tom Cruise schon als Kind ganz toll fand.«
    »Steve«, sagte ich sanft, »das war 1986. Top Gun. Da war Melanie in der Vorschule und hat heimlich mit ihrer großen Schwester Videos geschaut. Und Tom Cruise war noch nicht bei den Scientologen.«

    »Ist doch egal«, gab er patzig zurück.
    »Egal? Scientology ist dir egal? Das ist eine ganz üble …«
    »Nein, das meine ich nicht. Ich meine, Melli ist doch sonst auch immer so. Wenn sie was mag, wenn sie jemand toll findet, dann bleibt sie auch dabei. Und genau das, das hat mir doch immer so gut an ihr gefallen.«
    Er wischte mit der flachen Hand über die Theke. Dreiecke und Schlangenlinien verschwanden.
    »Ich meine, weißt du, Melli war nie so flatterig wie ihr anderen. Nicht so heute hier, morgen da. Soll ich dir mal sagen, an welchem Tag ich mich in sie verliebt habe?« Er gestikulierte fahrig mit dem Glas in seiner Rechten. »Das war, wo wir zusammen in einem Jeansshop waren.«
    »Das heißt als, nicht wo«, flüsterte ich, aber so leise, dass er es nicht hörte. Steve schüttete mir gerade sein Herz aus, da wollte ich ihn nicht wegen seiner Grammatikschwäche unterbrechen.
    »Also, da waren wir ganz frisch zusammen, und dann waren wir in diesem Jeansshop, und Melli hat zweimal dieselbe Hose gekauft. Wie, sag ich zu ihr, zweimal dieselbe?«
    »Die gleiche, nicht dieselbe.« Diesmal formte ich meinen Einwand nur noch stumm mit den Lippen. Steve beachtete es gar nicht.
    »Ja, sagt sie zu mir, dann hab ich eine als Ersatz, wenn die eine nicht mehr gut ist. Und wenn die Mode dann ganz anders ist, nächstes Jahr?, frag ich sie. Darauf sie: Mir doch egal. Wenn ich was gefunden habe, das zu mir passt, dann bleib ich auch dabei. Verstehst du, Evke? Melli ist einfach ein supertreuer Typ. Deshalb mach ich mir ja jetzt auch solche Sorgen.« Er seufzte. »Fast könnte ich denken, sie betrügt mich.«
    Ich verschluckte mich beinahe an meiner Fanta.
    Bisher war ich immer davon ausgegangen, dass ihre Schwärmerei rein geistig war. Eben weil sie so ein bodenständiger, verlässlicher Typ war. Doch dann fiel mir ein, dass ich nicht wusste, was Siv am Samstagabend vorgehabt hatte.
    Und von Melli wusste ich es auch nicht.
    Evke Holmes war auf einer heißen Spur. Und keiner der Verdächtigen hatte ein Alibi.

    »Sie betrügt dich? Mit wem denn?« Meine Stimme zitterte leicht.
    Steve schüttelte den Kopf. »So meine ich das nicht. Also, nicht dass sie wirklich fremdgeht. Mit einem Kerl aus Fleisch und Blut. Dann schon eher mit diesem Gott mit seinen acht Armen, der dabei noch tanzt und Flöte spielt. Dieser ganze mysteriöse Quatsch. Sie ist einfach besessen von dieser ganzen Yoga-Idee! Und wenn ich ihr von meinem Tag im Geschäft erzähle, so wie früher, dann schaut sie mich mit diesem Nonnenlächeln an, als würde sie irgendwo ganz weit über den Dingen schweben. Aber da will ich sie nicht haben, verstehst du? Ich will sie hier! Bei mir!«
    Verblüfft sah ich Steve an. So eine lange Rede am Stück hatte ich von ihm noch nie gehört. Der Barmann näherte sich auf schlurfenden Kreppsohlen und stellte ihm wortlos ein neues Pils hin. Dann griff er über die Theke, legte Steve die Hand auf die Schulter, nickte knapp und drehte sich wieder um. Oh, diese sprachlose Zärtlichkeit unter Männern.
    Ich ließ einen Versuchsballon steigen.
    »Tja, weißt du«, sagte ich, »das kannst du dir wahrscheinlich nicht vorstellen. Aber ein Yogalehrer hat im Leben einer Frau eben eine ganz besondere Bedeutung. Also, der Siv …«
    Ich sprach absichtlich nicht weiter und ließ den Namen wie ein Köder in der Luft hängen, gespannt, ob Steve zuschnappen würde.
    Er schnappte nicht. Er trank.
    Ich wusste nicht, ob ich erleichtert oder besorgt sein sollte. Der Name schien ihm nichts zu sagen. Das konnte zweierlei bedeuten.
    Erstens: Melli hatte wirklich nichts mit Siv.
    Zweitens: Melli hatte was mit ihm. Und deshalb den Namen nicht einmal in Steves Gegenwart erwähnt.
    Steve sprach weiter, als hätte ich überhaupt nichts gesagt.
    »Weißt du,

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