Manuskript des Teufels
einen geeigneten Mann dorthin zu schicken. Sein Auftrag lautete: Das Manuskript in geheimer Mission finden und, um dem Herzensanliegen des Heiligen Vaters zu entsprechen, nicht vor Ort vernichten sondern direkt dem Vatikan überbringen. Darüber hinaus sollte dieser Vatikan-Agent mit dem Autor in Kontakt treten, eventuell sein Vertrauen gewinnen und in Erfahrung bringen, ob Duplikate, in welcher Form auch immer, existierten.
Nach dem gemeinsamen Beschluss ergriff Mozarini erneut das Wort. „Ich betone nochmals, diese Operation muss absolut inkognito abgewickelt werden. Bedenken sie, dass die Katholische Kirche mit Vatileaks, Banken-, Eifersuchts-, Bestechungs- und Missbrauchsaffären schon genug behelligt ist. Wir dürfen auf keinen Fall auch noch in den Verdacht kommen, einen päpstlichen Geheimdienst zu betreiben oder für Einsätze von Geheimagenten verantwortlich zu sein.“
Der dem Exekutivrat des Vatikans angehörige Kardinal Cristiano Testa schlug daraufhin einen jungen Jesuitenpater vor, der sich für die vorgesehene Aufgabe besonders gut eignen würde. „Pater Jordan, so sein Name, hat in Freiburg Theologie studiert, um Priester zu werden. Unmittelbar nach seinem Staatsexamen zog er es zunächst vor, den Vorschlägen seines Onkels zu folgen. Dieser war damals Dozent an der Hochschule für FBI-Agenten in Quantico, Virginia. Er räumte dem jungen Mann die Möglichkeit ein, eine einjährige Gastausbildung an der FBI-Akademie zu durchlaufen. Jordan hatte mit Begeisterung dieses Angebot angenommen, zumal er ohnehin perfekt Englisch sprach. Nach der Gastausbildung kehrte er zurück, denn für eine weiterführende Agentenausbildung wäre die Annahme der amerikanischen Staatsbürgerschaft erforderlich gewesen. Und außerdem hatte der junge Deutsche Heimweh bekommen. Nach den entsprechenden Novizenjahren und den Gelübden der Armut, Keuschheit und dem Gehorsam gegenüber dem Papst, trat Pater Jordan in den Jesuitenorden ein und lebt und lehrt seit einigen Jahren als Ausbilder von Ordensanwärtern im Noviziat im Rupert-Mayer-Haus in Nürnberg.“
Aus Gründen der Geheimhaltung erklärte sich Cristiano Testa bereit, persönlich nach Nürnberg zu reisen, um den Priesteragenten auf die bevorstehende Geheimsache vorzubereiten.
„Cristiano“, sagte Mozarini, „ein sehr guter Vorschlag. Ich wünsche dir gutes Gelingen und viel Erfolg. Der Papst wird sehr zufrieden mit unserer Zusammenarbeit sein. Gott möge dich auf deiner Mission begleiten. Wir werden mit unseren Gebeten bei dir sein.“
7
Der Airbus 320 von Rom landete nach gut hundert Minuten Flugzeit in Nürnberg.
Die helle sportliche Hose mit exakter Bügelfalte, der hellblaue, mit goldfarbenen Motivknöpfen besetzte Blazer, das schneeweiße am Hals offen getragene Hemd, der luftig gearbeitete Strohhut und der schwarze Aktenkoffer ließen in dem stattlich erscheinenden Mittsechziger einen erfolgreichen, luxusverwöhnten Geschäftsmann vermuten.
Die mit der dunkelrahmigen Brille intelligent und äußerst aufmerksam wirkende Dame hinter dem Empfangstresen des Nürnberger Airport-Hotels wunderte sich darüber, dass ihre sonst so sichere Menschenkenntnis sie diesmal völlig im Stich gelassen hatte. Sie musste zweimal hinschauen, um glauben zu können, dass es sich bei diesem vermeintlichen Businessman um einen Hochwürden aus dem Vatikan, Kardinal Cristiano Testa, handelte.
„Eure Eminenz“, sagte sie und deutete einen Hofknicks an, „ich habe hier Ihre Zimmerreservierung. Unser Hausdiener wird Sie auf Ihr Zimmer begleiten.“
„Herr Testa genügt, bitte. Darauf lege ich Wert, solange ich bei ihnen verweile.“
„Selbstverständlich, wie Sie wünschen, Herr Testa.“
Auf seinem Zimmer erfrischte er sich mit einer eiskalten Gesichtswäsche und einem Schluck Mineralwasser. Die Rezeption vermittelte ihm ein Taxi.
Der Taxifahrer schaute ihn fragend an, und Testa nannte ihm, sachlich präzise, wie es seiner Art entsprach, das Fahrtziel. „Rupert-Mayer-Haus, Virchowstraße 27. Darf ich telefonieren?“
„Aber selbstverständlich, mein Herr.“
„Pater Jordan? Hallo, ich rufe vom Taxi aus an, in ... momento, ah, ja, der Fahrer signalisiert mir gerade, in 20 Minuten werde ich da sein. Ja, gerne, über eine Tasse Kaffee würde ich mich freuen.“
Pater Jordan bereitete es ein Vergnügen, seinen hohen Ehrengast mit der schmackhaftesten Tasse Kaffee zu begrüßen, die dieser je getrunken hatte. Damals, gleich zu Beginn seiner Tätigkeit im Novizenhaus,
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