Manuskript des Teufels
eigentlich Espressoliebhaber, hob die gefüllte Tasse vorsichtig an, fächerte sich mit der linken Hand den Duft des frischgebrühten Kaffees zu und verwehte dabei den kaum sichtbaren, doppel-s-förmig aufsteigenden Dampfschleier. Die neugierig und erwartungsvoll gespitzten Lippen näherten sich der Tasse.
Jordan beobachtete, dass der noch etwas skeptische Gesichtsausdruck von Testa nach dem ersten Schluck einem überraschten Lächeln wich.
Er nahm einen zweiten Schluck, bewegte den Mund wie ein Sommelier, der einen edlen Tropfen Wein verkostet, und nickte mehrmals mit dem Kopf. Dann schaute er mit großen Augen Pater Jordan an: „Das ist das Beste, das Edelste, was ich je getrunken habe. Dieses Kaffeearoma und der angenehme Geschmack nach Vollmilchschokolade, das völlige Fehlen von herben, bitteren und sauren Elementen, einfach zauberhaft. Wie viel Wunderbares hat der Liebe Gott uns Menschen auf dieser Erde bereit gestellt. Wir sollten nur verstehen, damit umzugehen. Dieser Zaubertrank“, strahlte Hochwürden Testa, „wird unserem Gespräch Flügel verleihen. Und wenn wir dann unsere Arbeit getan haben, müssen Sie mir unbedingt verraten, welchen Kaffee Sie verwenden und wie Sie ihn zubereiten.“
Kardinal Testas Gesichtsausdruck wandelte sich, denn er dachte plötzlich wieder an den ernsten Anlass seines Besuches. Das folgende Gespräch nahm die Aufmerksamkeit beider so sehr in Anspruch, dass sogar der edle Kaffee in Vergessenheit geriet.
Nach einer Weile schaute Pater Jordan bestürzt auf: „Was Sie mir da erzählen, ist ungeheuerlich. Ich kann den Vatikan verstehen, seine Sorgen und seine geplanten Aktivitäten. Ich versichere Ihnen, ich bin dabei!“
„Sehr gut“, reagierte der Kurienkardinal, „ich habe bereits einen strategischen Plan für die Operation mitgebracht. Dabei könnte ein geeigneter Mitarbeiter von Ihnen, zum Beispiel Ihre Sekretärin, eine wichtige Rolle spielen. Aus diesem Grunde wäre es mir lieb, wenn sie an unserem weiteren Gespräch teilnehmen würde.“
Pater Jordan überlegte nur kurz: „Wenn Sie davon überzeugt sind, habe ich keinerlei Einwände. Ich hole sie dazu!“
Roswita Römheld, 48 Jahre alt, eine clevere, mit allen Wasser gewaschene Frau, verhielt sich jedoch etwas schüchtern und teenagerhaft, als Pater Jordan sie dem Ehrengast aus dem Vatikan vorstellte. Sie wirkte schmächtig, war höchstens 160 cm groß und kaum 50 Kilo schwer. Das dunkelblonde, nachgefärbte Haar trug sie streng nach hinten gekämmt und zu einem Knoten zusammengeflochten.
„Hier meine Idee“, begann Testa, nachdem Frau Römheld in die Geschehnisse eingeweiht war. „Wir werden hier für drei Wochen eine Scheinfirma oder, wie man auch sagt, eine Briefkastenfirma einrichten. Und zwar eine Nürnberger Unternehmensberatung mit einer entsprechenden Präsentation im Internet. Frau Römheld, ich nehme an, Sie sind Computerspezialistin. Es dürfte Ihnen sicherlich ein Leichtes sein, das zu installieren. Sie werden die Sekretärin des dringend erholungsbedürftigen, ausgebrannten Chefs der Agentur spielen. Sie selber, Pater Jordan, werden die Rolle dieses Chefs übernehmen, der beabsichtigt, ein bis zwei Wochen als Gast in der Abgeschiedenheit des Klosters Mariawald Ruhe und Besinnlichkeit wiederzufinden“. Testa blickte in die Runde und suchte in beiden Gesichtern nach Anzeichen, ob sein Plan Anklang fand. Und um sie letztlich zu überzeugen, fügte er an. „Ich habe mich informiert. Nach außen ist die Abtei hermetisch abgesichert. Aber im Kloster selbst ist keine Tür verschlossen.“
„In diesem Zusammenhang kommt mir da eine Idee, Herr Testa“, unterbrach Jordan, der sich zunehmend für diesen Plan zu begeistern schien. „Könnten Sie mir zu einem Infrarot-Nachtsichtgerät verhelfen? Damit wären die idealen Voraussetzungen geschaffen, nachts das gesamte Kloster gründlich zu durchsuchen. Ich werde jeden Stein einzeln umdrehen. Und bin mir sicher, dass ich innerhalb von 14 Tagen das besagte Manuskript in den Händen halte, ohne dass jemand von meiner Mission etwas bemerkt.
Herr Kardinal, also ich muss sagen, Ihr Plan gefällt mir sehr gut. Bedenken habe ich lediglich, ob man mir, dem Ordensmann, den cleveren Geschäftsmann abkauft.“ Testa nestelte umständlich an der scheinbar mit einem Reißverschluss gesicherten Innentasche seines Jacketts herum. Schließlich kam eine schwarze, etwas abgegriffene Lederbrieftasche zum Vorschein, der er eine Plastikkarte entnahm und sie mit den
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