Manuskript des Teufels
durch das Klingeln des Telefons in seinen Gedanken unterbrochen. „Chef“, flüsterte Janny Blackwater, die Dame aus seinem Vorzimmer, mit einem beinahe ehrfurchtsvollen Ton in der Stimme, „ein Herr Bill Shriver vom Executive Office, zuständig für außenpolitische Entscheidungen, möchte Sie umgehend sprechen. Der Anruf kommt direkt von der Pennsylvania Avenue 1600. Ich stelle durch.“
„Hallo, George, hier ist Bill.“ Es entstand eine kurze Pause. „Du erinnerst dich? Wir kennen uns von so manchen heißen Diskussionen und Meinungsstreitigkeiten bei den gemeinsamen Sitzungen des nationalen Sicherheitsrates hier bei uns im Weißen Haus.“
„Hallo, Bill. Was kann ich für dich tun? Geht es mal wieder darum, des Teufels Großmutter aus der Hölle zu entführen?“
„Nein, nein, mein Auftrag scheint mir für einen deiner Cracks ein erholsames Kinderspiel zu sein, obwohl die da oben scheinbar ein sehr ernstzunehmendes Problem sehen. Mister Präsident persönlich hat mich vor einer halben Stunde zu sich kommen lassen. Und Madame Außenministerin war ebenfalls anwesend. Also in Kurzform, denn ich selber habe keine Details erfahren: Irgendein verrückter Theologieprofessor drüben in Europa hat ein Manuskript verfasst, das im Falle der Veröffentlichung die gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Strukturen vieler Staaten in Gefahr bringen könnte. Eine explosive Story oder wie man das Objekt der Begierde auch immer nennen möchte. Mir schien allerdings, als wüssten die selber nicht so recht, was genau drin steht. Jedenfalls wurde ich beauftragt, dieses Manuskript und eventuell bestehende Zweitschriften aus der Welt zu schaffen und dem Verfasser, Professor Doktor Stephan D’Aubert, auf die Füße zu treten, dass er nie wieder auf die Idee kommt, ein derartiges Pamphlet zu verfassen. Er scheint ein recht junger, deutscher Bibelforscher zu sein, lebt in einem Ort am Rande des Nationalparks Eifel und hat einen Theologischen Lehrstuhl an der Universität Bonn inne. Dir altem Hasen brauche ich nicht zu sagen, dass der Präsident eine elegante Lösung des Falles erwartet. Ich erwarte in Kürze deinen Bericht. Du weißt, ich scherze gerne, besonders dann, wenn ich jemanden damit ein wenig zwicken kann. In diesem Sinne: Finde die richtige Spur, du alter Indianer!“
„Kläff nur nicht zu laut, du Kettenhund des Weißen Hauses“, schlug Mc Leen eben noch zurück, bevor das Gespräch beendet wurde.
Sein Blick fiel auf die zu unterzeichnenden Agentendiplome auf seinem Schreibtisch. Er wählte die Nummer seines Vorzimmers: „Janny, wir haben soeben vom Weißen Haus einen Auftrag erhalten. Unter den neuen Agenten ist mir einer aufgefallen. Ein junger Mann namens Abraham Liebling mit perfekten Deutschkenntnissen. Er ist unser Mann für diesen Job. Würden Sie, Herrn Darling, pardon, Liebling kontaktieren? Er möge umgehend zu mir kommen.“
9
Trotz der Berge an Arbeit verließ Albrecht an diesem Montag immer wieder seinen Schreibtisch und trat zum Fenster seines in der ersten Etage gelegenen Büroraumes. Allzu gern hätte er die Ankunft des mit einigen Fragezeichen versehenen Gastes aus Nürnberg beobachtet.
Der riesige zum Kloster gehörende Parkplatz war an diesem Nachmittag zur Hälfte besetzt. Albrecht interessierten heute jedoch nicht die vielen dort parkenden Reisebusse, die täglich ganze Heerscharen an Besuchern der Abtei zuführten. Er achtete auch nicht auf die Wandergruppen, die sich nach einem umfangreichen, wohltuenden aber auch erschöpfenden Spaziermarsch durch den Nationalpark nach den verlockenden Erfrischungen der großräumigen Klostergastronomie sehnten. Er hielt, bisher noch vergebens, Ausschau nach einem Wagen mit Nürnberger Kennzeichen.
Als Verwaltungsleiter war er stolz auf die Besucherströme, die Tag für Tag und Jahr für Jahr von der Abtei Mariawald angelockt wurden. Er war mehr als zufrieden damit, dass die Umsätze der Gastronomie und des Klosterlädchens die wirtschaftliche Existenz des Unternehmens Mariawald sicherstellten. Ein Rätsel blieb ihm, warum ein so schlichtes Kloster eine derart großartige Anziehungskraft ausübte. Die einmalige, weit über die Lande hinaus berühmte Mariawälder Erbsensuppe, spielte dabei nur eine kleinere Rolle. Allerdings erwies sich der Umsatz des nach uralten, geheim gehaltenen Rezepten im Kloster von Mönchen hergestellten Klosterlikörs als sehr erfreulich. Offensichtlich waren alle Besucher bestrebt, im Klosterladen vor der Abreise
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