Manuskript des Teufels
Cru.“
Plötzlich durchflutete eine Hitzewelle ihren Körper. Ihr Kopf wurde von einem immer intensiver werdenden Gedanken beherrscht. Ich habe den größten Fehler meines Lebens gemacht. Wie konnte ich zulassen, den wunderbarsten Menschen, der mir je begegnet ist, derart unwürdig zu hintergehen?
Sie starrte ihn an. Welche Eleganz, welche Kraft, welche Intelligenz, welch Feingefühl und vor allem, welch männlicher Liebreiz.
Sie fasste einen unabwendbaren Entschluss. Ich muss diesen Mann haben, nicht irgendwann einmal, nicht diese Nacht, nein, jetzt sofort. Ich werde ihn mit all meinen weiblichen Reizen erobern, ich werde ihm sagen, dass ich ihn so sehr liebe, wie ich in meinem ganzen erfahrungsreichen Leben noch nie geliebt habe. Die Droge, die ich ihm verabreicht habe, wird mir dabei sogar behilflich sein.
Er kann von mir absolute Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit verlangen. Ich muss mein Geheimnis preisgeben. Werde ihm sagen, mit welcher Absicht ich in sein Leben getreten bin. Werde ihm gestehen, seinen Wein manipuliert zu haben. Und ihn beruhigen. Denn die Dosis war so gering, dass er unbeschadet bleiben, aber die Lust verzehnfacht werden würde.
Mein Gott, dachte Jekatharina, ich könnte vor Glückseligkeit davon schweben.
D’Aubert bemerkte eine Veränderung an Kathi und lächelte. Die Wirkung des Buttersäurederivates hatte eingesetzt. Kathi stand auf, trat schwankend vor den Tisch und versuchte sich in table-dance-artigen Bewegungen. Langsam zog sie den Pulli über den Kopf und warf ihn D’Aubert zu. Er schaute ihr gebannt zu und bewunderte die Vollendung ihrer Brüste. Als sie ihre Hose auszog, stolperte sie, konnte sich aber an einem der Holzbalken festhalten. Ihre Hose landete auf seinem Schoß. D’Aubert fand in der Hosentasche zwei Plastikdöschen, ein leeres und eines, das eine rote Pille enthielt. Bevor sich die in einem tranceähnlichen Zustand befindende Jekatharina des Slips und BHs entledigen konnte, füllte er ihr Weinglas erneut, ging auf sie zu, reichte es ihr und stieß mit ihr an.
„Cheers, auf uns!“
Sie trank es in einem Zug leer.
Keine zehn Sekunden später nahm er dieses bedauernswerte, wunderbare Geschöpf auf seine Arme und legte sie in ihre Sofaecke. Kathi hatte dabei ihre Arme fest um seinen Hals geschlungen und versuchte, ihn zu küssen. Dieses rein dienstliche Vergnügen gönnte er sich und auch ihr, bevor sie einschlief.
D’Aubert nahm sein Handy: „Jochen, hoffentlich hast du dich da draußen nicht zu sehr gelangweilt. Den Austausch der Gläserinhalte hast du perfekt erledigt. Du kannst jetzt wieder reinkommen. Sie hat soeben ihre Schlafdroge geschluckt.“
33
Fritz Blumbergs blaue Augen ruhten mit Bewunderung auf Kirschbaum, als dieser sie gleich am ersten Tag zu einem Abendessen im Gourmet-Restaurant ‚Schlie-Krog‘ in Sieseby einlud.
Die traditionsreiche Feinschmeckerküche hatte sich einen Namen gemacht durch die Spezialisierung auf Fisch und Meeresfrüchte, aus der vor der Haustür liegenden Ostsee und Schlei.
Kirschbaums Großzügigkeit erhielt noch ein Ausrufezeichen, als er nonchalant kundtat, ein Taxi zu nehmen, da man ja schließlich auch einen guten Tropfen genießen wolle.
So gewann Kirschbaum im Handumdrehen Fritz‘ und Claires Zutrauen. Die beiden schlugen während des Essens einige Ausflüge in die nähere Umgebung vor. Kirschbaum nahm sich vor, die beiden zu den jeweiligen Unternehmungen einzuladen. Gleich am nächsten Tag stand eine ganztägige Schleibootsfahrt auf dem Programm.
Die Schlei, die sich in südwestlicher Richtung durch das schleswig-holsteinische Hügelland wand, war als Förde zu bezeichnen, da sie in der Eiszeit durch Gletscherschurf und Schmelzwasser entstanden war. Sie war die Trennlinie zwischen den Landesteilen Angeln im Norden und Schwansen im Süden.
Beim Wasser der Schlei handelte es sich um Brackwasser. Der Salzgehalt nahm von Schleimünde bis zur Stadt Schleswig ständig ab. Seit 2008 besaß die Region der Schlei den Status eines Naturparks.
Wegen der geringen Tiefe war die Schlei als Wasserstraße für den Güterverkehr nicht geeignet. Das einzige Fahrgastschiff der Schlei, die ‚Wappen von Schleswig‘, hatte nur einen Tiefgang von gut einem Meter. Diese honorige alte Dame, Baujahr 1926, war allerdings mehrfach umgebaut und modernisiert worden und verfügte jetzt über drei Passagierdecks und ein Oberdeck.
So eine Bootsfahrt war unverfänglich und diente Kirschbaum dazu, die Blumbergs näher kennenzulernen. Sie
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