Manuskript des Teufels
Sofaecke gekuschelt.
Ein lautes Plopp drang an ihr Ohr. D’Aubert kam kurz darauf mit der entkorkten Flasche und zwei großkelchigen, aber unterschiedlichen Weingläsern, deren Stiele er zwischen Ring- und Mittelfinger eingeklemmt hatte, zu ihr. Er prüfte das Etikett auf der Flasche, bevor er eingoss. Feuerrot spiegelten sich die Flammen in den gefüllten Gläsern.
„Pardon für die unterschiedlichen Weingläser. Eine Macke von mir. Ich benutze ausschließlich dieses eine Glas mit meiner Namensgravur. Ein Geschenk meiner Großeltern zu meinem 18. Geburtstag. Dieses Glas möge dich dein Leben lang daran erinnern, in schönen Stunden an uns zu denken. Ich höre die Worte meiner Großmutter noch heute.“ Sie stießen an. Ihre Augen begegneten sich, die beiden Gläser berührten sich leise klingend.
„Entschuldige“, sagte D’Aubert und erhob sich. „Aber ich muss mal wohin. Fühl dich einfach wie zu Hause.“
Jekatharina atmete erleichtert auf. Gleich zu Beginn bot sich die ideale Gelegenheit, die Initiative zu ergreifen. Ein Regisseur hätte die Fäden nicht besser spinnen können.
Allerdings spürte sie auch etwas Widersprüchliches in sich. Einerseits die antrainierte Räson, andererseits brüllte ihr Herz: ‚Hätte sie diesen Mann doch unter anderen Bedingungen kennengelernt.’
Der ferngesteuerte Roboter in ihr bestimmte aber das Geschehen.
Sie entnahm dem kleinen Döschen aus ihrer Handtasche eine Tablette. Die Weiße. Die Rote war für das Finale vorgesehen. Sie gab sie ins Glas. Ein paar Bläschen stiegen hoch, dann löste sich die geschmack- und farblose Droge auf. Die Agentin ging davon aus, der Einsatz sei in spätestens einer Stunde erledigt.
Munter wie der junge Frühling sprang D’Aubert die Treppe hinunter und eilte auf Jekatharina zu. Den rechten Arm legte er um ihren Rücken, den linken schob er unter ihren Knien hindurch. Er hob sie mit einer Leichtigkeit auf, die sie ins Schwärmen brachte, und trug sie die Treppe hinauf: „Ich muss dir etwas Wunderbares zeigen.“ Sie ließ es gerne geschehen.
Er brachte sie durch einen Raum, offensichtlich sein Schlafzimmer, hinaus auf den Balkon. Mein Gott, dachte sie, hat dieser Kerl Kraft.
D’Aubert rückte zwei Liegen zurecht. „Komm! Legen wir uns hin. Spürst du sie? Diese einmalige Stille der Nacht? Hier mitten im Wald kannst du durch die Wipfel der Bäume bei kristallklarem Himmel das Schauspiel der Unendlichkeit bewundern. Wenn du die erste Sternschnuppe siehst, wünschst du dir, was du von dieser Nacht erwartest. Es wird in Erfüllung gehen.“
Sie lagen nebeneinander. Als sich ihre Hände fanden, zuckten feurige Blitze durch ihre Körper.
Jekatharina genoss mit fast wohltuendem Schmerz seine männliche Energie. Für einen kurzen Augenblick bereute sie den von ihr eingeschlagenen Weg. Der Wunsch, diesen Mann mit jeder Faser ihres Körpers zu spüren, schien sie zu überwältigen.
„Da schau!“ Sie zeigte zum Himmel. „Hast du gesehen? Die Sternschnuppe. Weißt du, was ich mir gewünscht habe?“
„Sag’s mir!“
„Mein größter Wunsch wäre, dass nur die Dinge geschähen, für die nicht der Kopf, sondern allein das Herz verantwortlich ist.“
D’Aubert lachte: „Wer soll diese Frauen verstehen?“ Er reichte ihr die Hand und half ihr hoch. „Lass uns nach unten gehen. Hier draußen beginnt es kühl zu werden, und unten wartet ein zauberhafter Tropfen auf uns.“
Wie wahr, lächelte Jekatharina in sich hinein und dachte: Verdammt noch mal, hab ich einen elenden Job!
Jekatharina hockte sich wieder in die Sofaecke. Ihr Weinglas stand direkt vor ihr. Mit Zufriedenheit registrierte sie, dass D’Aubert sein Glas nahm, um den Tisch herum kam und sich hautnah neben sie setzte.
Jetzt kam der alles entscheidende Moment.
D’Aubert prostete ihr zu. Seine gutmütigen Augen schienen sie zu durchdringen. Sie hatte kurzfristig das Gefühl, als könne er ihre Gedanken und vielleicht sogar ihre Absichten lesen.
„Auf unser Wohl.“
Er setzte sein Glas an und trank. Jekatharina nahm zufrieden wahr, dass er mit einem kräftigen Schluck das Glas fast leerte. Erleichtert über ihren gelungenen Job trank auch sie in mehreren kleinen Schlucken ihr Glas leer. „Himmlisch“, staunte sie, „ich tippe auf einen Bordeaux.“
„Alle Achtung, du scheinst dich auszukennen. Er wird in der Nähe der mittelalterlichen Stadt Saint-Emilion an der Dordogne östlich von Bordeaux angebaut. Es ist ein Merlot. Und zwar ein Saint-Emilion Grand
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