Manuskript des Teufels
mich, Sie persönlich kennen zu lernen.“
„Hallo, wie ich erfahren habe, gehört Ihnen der Efraim Kirschbaum Verlag in Frankfurt. Sie haben die Blumbergs während ihres Ostseeurlaubs kennen gelernt.“
„Richtig. Efraim Kirschbaum“, stellte er sich vor.
„Stephan D’Aubert. Ich begrüße Sie. Im Übrigen, Herr Kirschbaum, sind Sie mir kein Unbekannter. In der Bibliothek unseres theologischen Institutes in Bonn erfreuen sich mindestens 12 Bücher Ihres Verlages besonderer Aufmerksamkeit. Soweit ich das beurteilen kann, zumindest aus theologischer Sicht, wertvolle Literatur.“
„Vielen Dank für das Kompliment“, reagierte Kirschbaum erfreut. „Auch ich bin froh, Sie kennen zu lernen. Die Blumbergs haben mir von ihnen berichtet. Ich habe daraus schließen können, dass Sie als Theologe schwerpunktmäßig in der Forschung tätig sind. Hört sich aufregend an. Sollten Sie irgendwann einmal einen fachkundigen Verlag suchen, bitte wenden Sie sich an uns. Ich bin überzeugt, dass Ihre wissenschaftliche Arbeit perfekt in unser Verlagsprogramm passen würde.“ Kirschbaum wunderte sich, dass in diesem Moment in den Tiefen seines Gehirns eine unausgesprochene Bemerkung formuliert wurde: Hoffentlich schluckt er diesen Köder.
D’Aubert schaute den Verleger Kirschbaum freudig überrascht an: „Danke für Ihr Angebot. Können Sie sich vorstellen, wie schwierig es ist, einen für diese spezielle Thematik kompetenten Verleger zu finden? Komme mit Sicherheit auf Ihre Offerte zurück.“ Nach einer kurzen Pause des Abwägens fragte er: „Ach, Herr Kirschbaum, verzeihen Sie meine Neugier. Wie lange gedenken Sie hier in Nümbrecht zu verweilen? Ich frage aus einem ganz bestimmten Grund.“
Kirschbaum spielte den Interessierten: „Eigentlich wollte ich gleich morgen früh die Heimreise antreten. Aber warum fragen Sie?“
„Es gibt da ein Thema, über das ich brennend gerne mit einem Fachmann wie Ihnen diskutieren würde.“
Kirschbaum kramte scheinbar umständlich ein kleines Notizbuch aus der Innentasche seines Jacketts, blätterte einige Seiten hin und her und lächelte: „Termine, Termine, Termine. Aber das ist der unbezahlbare Vorteil, wenn man Chef ist. Wenn es Ihnen recht ist, kann ich meine Rückreise um einen Tag verschieben.“
„Prima“, freute sich D’Aubert. „Darf ich Ihnen einen Vorschlag machen? Sie fahren morgen nicht direkt nach Frankfurt zurück, sondern legen einen Zwischenstopp in Bonn ein und besuchen mich in meinem Institut. Ich richte es so ein, dass wir den gesamten Nachmittag zur Verfügung hätten.“
Der Fisch hatte angebissen. Kirschbaum war überzeugt, dass der Professor mit ihm über das berühmt berüchtigte Manuskript reden wollte.
„Ein guter Plan, Professor D’Aubert. Ich finde mich morgen Punkt 14 Uhr in Ihrem Institut ein.“
„Danke sehr. Das hilft mir sicher weiter. Dieses Gespräch ist für mich von großer Bedeutung.“ D’Aubert nahm Kirschbaums Hand, drückte sie mit festem Griff und sah Kirschbaum lange und freundlich an.
38
„Herr Fontana erwartet Sie bereits“, wurde Leano von der Dame im Dirndl angesprochen, als er kurz vor 19 Uhr das urbayrisch ausgestattete Hiltonrestaurant ‚Löwenschenke‘ betrat. „Dort bitte, Tisch 7.“ Sie deutete den Weg an und lächelte.
„Flavio Fontana“, stellte sich der Mann vor, „nenn mich bitte Flavio. Wir sind eine Familie.“
„Leano Leone. Hallo.“
Sie gaben sich die Hände. Fontana breitete die Arme aus und umarmte ihn.
„Hallo, mein Junge. Herzlich Willkommen in München. Setz dich!“
Die kameradschaftliche Begrüßung verhalf dem jungen Kalabrier zu mehr Selbstsicherheit. Jedoch hatte sich Leano diesen namhaften Juristen, Dr. Flavio Fontana, anders vorgestellt. Er hatte einen smarten, eleganten, weltgewandten und vornehm gekleideten älteren Herrn erwartet. Doch Fontana war vom Körperbau her ein echter Pykniker. Mittelgroß, gedrungen und deutlich übergewichtig. Der erhebliche Bauchumfang stand im krassen Widerspruch zu den schmalen Schultern. Die ins Rötliche gehende Farbe des großen kugelrunden Kopfes mit der breiten hohen Stirn ließ auf Bluthochdruck schließen.
Dieser Mann war gewiss sehr intelligent. Doch die viel zu kleinen, unsteten Mausaugen bei fast fehlenden Augenbrauen hinterließen bei Leano einen unangenehmen Eindruck. Leano war enttäuscht, und irgendetwas in ihm mahnte zur Vorsicht im Umgang mit diesem Familienmitglied.
Plötzlich hatte er das Bild von Vittorio Barbaro vor
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