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Manuskript des Teufels

Manuskript des Teufels

Titel: Manuskript des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bert Saurbier
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Augen. Er empfand eine neue Form der Bewunderung für das Oberhaupt der `Ndrangheta. Mit welcher Machtfülle musste dieser Mann aus Plati ausgestattet sein, um solche Typen wie diesen Volljuristen Dr. Flavio Fontana scheinbar spielend leicht unter Kontrolle zu haben.
    Fontana unterbrach Leanos Gedanken und forderte ihn auf, einen Blick in die Speisekarte zu werfen. Die Dame im feschen Dirndl kam an ihren Tisch. „Die Herren haben gewählt?“
    „Die Kaninchenkeule mit böhmischen Knödeln für den jungen Mann hier“, gab Fontana die Bestellung auf. „Und ich nehme die Schweinshaxe mit Dampfnudeln. Dazu bitte zwei Helle Andechser Bier. Magst du eine Vorspeise?“ Er wandte sich an Leano, der mit den Achseln zuckte. „Okay, dann nehmen wir zweimal die Leberknödelsuppe und zum krönenden Abschluss den Apfel-Marillen-Strudel mit heißer Vanillesoße.“
    Leano verspürte nach dem erlebnisreichen und anstrengenden Anreisetag überhaupt keinen Hunger. Doch schon nach dem ersten Löffel fand er Gefallen an dieser speziellen Suppe. Und plötzlich merkte er, dass er den ganzen Tag kaum etwas gegessen hatte.
    Beide widmeten sich den herzhaften Verführungen aus der bayrischen Küche und lehnten sich danach bequem zurück. „Lust auf einen Digestif“, fragte Fontana. Als Leano nicht antwortete, winkte er die Bedienung herbei. „Zwei doppelte Enzian.“
    Leano war sehr erstaunt, als er sah, wie Fontana der jungen Frau im hübschen Dirndl einen Zwanzig-Euro-Schein ins üppige Dekolleté steckte.
    „Oh! Das war nicht nötig und ist auch nicht üblich hier“, bemerkte sie mit süß-saurer Miene.
    Fontana blickte Leano an und zuckte mit den spärlichen Augenbrauen, als wolle er andeuten, welch starke Tat er gerade vollbracht hatte.
    Fühlt sich wie ein toller Hecht, dachte Leano, dabei ist er ein unsympathischer und schmieriger Kerl.
    „Die Rechnung bitte!“, rief Fontana zur Kellnerin. „Wir nehmen aber noch einen in der Bar nebenan. Was meinst du?“ Leano machte keinen glücklichen Eindruck. „Komm schon, Liebling von Vittorio. Wir müssen noch einiges besprechen.“
    Fontana entschied sich für einen Tisch in der hinteren Ecke. So war er sicher, dass keiner der wenigen Gäste ihr Gespräch mit anhören konnte.
    Der mit schwarzer Hose, weißem Hemd und hellblauer Fliege gekleidete junge Mann hinter dem Bartresen eilte herbei.
    „Ciao Tonio“, sprach ihn Flavio auf Italienisch an, „den fantastischen Roten von neulich bitte. Weißt du noch?“
    „Selbstverständlich! Ein Spätburgunder vom Schlossberg bei Klingenberg.“
    „Noch nie gehört. Wo liegt das?“, wollte Leano wissen.
    „Am Untermain“, erklärte Flavio. „Daher auch die außergewöhnliche Qualität des Weines. Muschelkalkboden und viel Sonne.“
    Nachdem sie den Wein gekostet hatten, begann Flavio: „Ich vermute, dass du ein direkter Blutsverwandter von Vittorio bist. Du wurdest uns für diese Mission quasi aufgehalst. Ich muss einen Bericht darüber schreiben. Eine Art Zeugnis, wie du dich in unserem Team bewährt hast. Deshalb gebe ich dir den guten Rat, mach genau das, was wir dir sagen. Und keine Alleingänge.“
    Leano ärgerte sich. Musste dieses Ekel ihm zu verstehen geben, dass er ihn nur als Günstling akzeptierte und auf eine unfähige Zusatzbelastung gerne verzichtet hätte? Er beschloss, den selbstherrlichen Dr. Fontana zurechtzurücken.
    „Flavio“, warf er scheinbar eingeschüchtert ein, „wenn du der Meinung bist, dass ich hier fehl am Platze bin oder gar eure Arbeit gefährde, werde ich sofort meine Sachen packen und noch diese Nacht zurück fliegen.“ Leano stand auf und wandte sich dem Mann hinter der Bar zu. „Ich möchte zahlen, machen Sie mir die Rechnung.“
    Fontana sprang jetzt auch auf: „Quatsch!“, rief er Tonio zu. „Geht alles auf mich. Und du beruhigst dich jetzt.“ Er legte seinen Arm um Leanos Schulter, was ihm wegen des Größenunterschieds schwer fiel. „Das war nicht so gemeint. Setz dich wieder, mein Lieber! Und verzeih, wenn ich mich ungeschickt ausgedrückt habe. Ehrlich: Ich könnte es mir gar nicht leisten, einen schlechten Bericht nach Plati zu schicken. Wenn etwas schief gehen sollte bei dem Einsatz, würde Vittorio mir den Kopf abreißen. Es wäre mein Versagen, verstehst du? Mit schlimmen Folgen für mich. Und nur für mich. Deshalb, Leano, ich bin dein Freund und möchte dir auch ein guter Lehrmeister sein. Stoßen wir darauf an.“ Er erhob sein Glas. „Salute, auf unsere

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