Manuskript des Teufels
erwartet.
„Hallo, Herr Kirschbaum“, strahlte D’Aubert seinen gerngesehenen Gast an. „Herzlich willkommen in meinem bescheidenen Bereich. Nehmen Sie bitte hier Platz. Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten?“
„Gern, danke.“ D’Aubert schenkte zwei Tassen ein und schob eine davon Kirschbaum zu.
„Kommen wir am besten gleich zur Sache.“
„Oh ja. Ich bin sehr gespannt. Haben Sie denn neue Forschungsergebnisse, die Sie veröffentlichen möchten? Ich bin immer auf der Suche nach aktueller Literatur mit spirituellem Hintergrund.“
D’Aubert zögerte. „Naja. Da hätte ich schon etwas. Ein Manuskript. Aber ...“ Er setzte ab.
„Aber?“
„Eben dieses Manuskript, mein ganzer Stolz, hat bei einer Handvoll Leuten, die es gelesen haben, für große Irritationen und entsprechende Agitationen gesorgt.“
„Je kontroverser desto besser“, begeisterte sich der Verleger. „Ich liebe es, mich wegen einer Veröffentlichung mit der halben literarischen Welt anzulegen. Erzeugt mehr Aufmerksamkeit als die teuerste Werbung. Erzählen Sie weiter!“ Kirschbaum tat höchst interessiert, obwohl er natürlich längst um den brisanten Inhalt wusste.
„Hören Sie, Herr Kirschbaum, ich möchte mit meiner Arbeit vor allem darstellen, dass ein lange überfälliger Prozess in Gang kommt. Nämlich die Globalisierung des Glaubens....“
„Entschuldigung, dass ich Sie unterbreche. Aber das hört sich ganz phantastisch an. Wäre es möglich, mir das Manuskript für ein paar Tage zu überlassen, damit ich es lesen kann? Wenn ich den genauen Inhalt nicht kenne, fällt es mir schwer, darüber zu reden. Sie hatten ja gestern bereits erwähnt, dass im Zusammenhang mit dem Manuskript ein Problem aufgetreten sei, worüber Sie mit mir sprechen wollen.“ Kirschbaum lächelte.
Professor D’Aubert schaute seinen Gast erstaunt an. Seine Augen beobachteten für einen Augenblick jeden Winkel seines Gesichtes. Was hatte Kirschbaum da eben gesagt? Ich hätte mit ihm über ein Problem gesprochen, welches im Zusammenhang mit meinem Manuskript aufgetreten sei. D’Auberts hochtrainiertes Zerebrum hielt ihm jeden einzelnen Buchstaben und jedes Komma klar ersichtlich vor sein geistiges Auge.
Aber er war sicher, gestern, bei ihrer ersten Begegnung, kein Sterbenswörtchen über ein Problem mit seinem Manuskript gesagt zu haben.
Was bedeutete das? War dieser Mann, der auf ihn einen seriösen und sympathischen Eindruck machte, vielleicht einer von denen, die zur Jagd auf das umstrittene Manuskript geblasen hatten? War es überhaupt möglich, dass der Eigentümer und Chef eines alteingesessenen und angesehenen Verlagshauses ein falsches Spiel spielte? Oder war er nur vorgeprescht, angesichts der Aussicht, D’Auberts nächste Forschungsarbeit veröffentlichen zu können?
Professor D’Aubert verscheuchte seine Bedenken mit der Begründung, dass ein ausgebuffter Verleger bei Gesprächen mit Autoren über anstehende Veröffentlichungen automatisch zunächst die Begriffe ‚Manuskript‘ und ‚Manuskriptprobleme‘ ins Spiel brachte.
Er holte tief Atem und hob wie entschuldigend seine Hand: „Ihre Frage nach meinem Manuskript ist nicht ohne Weiteres zu beantworten. Einen Moment bitte.“ Er nahm den Telefonhörer, drückte auf eine Taste.
„Zwei Oude Genever, bitte. Aber nur, wenn Sie einen Moment Zeit haben. Danke.“ D’Aubert wandte sich wieder Kirschbaum zu.
„Ich versichere Ihnen“, betonte der Verleger, „dass wir großes Interesse an der Veröffentlichung haben. Ich hätte sogar großes Interesse, Ihr Manuskript persönlich zu lektorieren.“
In diesem Moment ging die Tür auf und eine Dame in einem unauffälligen grauen Kostüm trat ein.
„Meine Sekretärin, Rebekka“, stellte D’Aubert sie vor. Die junge Frau bemühte sich, die bis zum Rand gefüllten Gläschen ohne zu kleckern auf den Tisch vor die beiden Herrn zu stellen.
„Sehr zum Wohl“, verabschiedete sie sich.
Kirschbaum schaute den Professor mit einem überraschten Lächeln an.
„Ich möchte Ihnen das ‚Du‘ anbieten.“ Er erhob sein Glas. Kirschbaum tat es ihm gleich. Sie prosteten sich zu und genossen das edle mit Wacholder aromatisierte Destillat aus Weizen, Roggen, Mais und Gerste.
„Sehr gern. Ich bin Efraim.“
„Und ich Stephan.“
„Da kommt man sich gleich näher.“
„Und genau das ist wichtig für unser Gespräch. Denn es geht um ein heikles und kompliziertes Thema, das wir ehrlich und ungeschönt erörtern
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