Mara und der Feuerbringer Band 2 - Das Todesmal
bisschen brauchen, um das Auto zu finden, und dann noch einmal ein bisschen länger, um den Besitzer zu bestimmen.«
»Aber wieso das denn? Die müssen doch nur das Kennzeiche n … «
Grinsend deutete der Professor auf die verbeulten Nummernschilder in der Seitentasche seines alten Koffers. »Während du nach deiner Zahnbürste gewühlt hast, habe ich wenigstens die offensichtlichsten Spuren verwischt. Die Papiere waren sogar noch unter der Sonnenblende. Jetzt nicht mehr. Außerdem sollte uns zugutekommen, dass der Wagen nach wie vor auf seinen Vorbesitzer eingetragen ist.«
»Ach, der gehört Ihnen gar nicht?«
»So würde ich das nicht sagen. Er gehörte meinem Vater, aber der ist leider vor acht Jahren verstorben. Ich hatte bisher einfach nicht die Zeit, das Auto endlich einmal auf mich anzumelden.«
»Oh, das tut mir leid«, stammelte Mara und stellte fest, dass sie gar nicht wusste, was man in so einem Moment eigentlich sagte. Bisher war noch niemand aus ihrem Umfeld gestorben.
»Danke, aber ist ja schon ein bisschen her. Ich tröste mich immer mit dem Gedanken, dass er ein erfülltes Leben hatte und zufrieden entschlummert ist. Ich kann nur hoffen, dass mir das auch mal so gelingt.« Er seufzte leise und einen Moment lang gingen beide schweigend nebeneinander her und hingen ihren Gedanken nach.
Mara musste schon die ganze Zeit an ihren Vater denken. Sie wusste gar nicht, ob ihr Papa eigentlich zufrieden war oder nicht. Sie hatte schon so lange nicht mehr mit ihm telefoniert. Er hatte vor einer Woche mal versucht, sie auf dem Handy zu erreichen, aber nur zweimal klingeln lassen, sodass Mara gar keine Chance gehabt hatte, den Anruf anzunehmen.
Vermutlich geht’s ihm schon besser, wenn er in seiner Anruferliste sehen kann, dass er es immerhin bei mir versucht hat, dachte Mara. Ich glaub, ich ruf ihn demnächst mal an. Wenn das hier alles vorbei is t …
Da hörte sie den Professor leise kichern. »Entschuldigung, ich habe nur gerade daran gedacht, was mein Vater wohl von dieser ganzen Aktion gehalten hätte. Schätze, er wäre begeistert gewesen und hätte uns garantiert gedeckt, haha. Er war ein wilder Hund, musst du wissen. Auch Wissenschaftler, aber weniger der Bücherwurm wie ich, sondern ein brillanter Archäologe und immer unterwegs. Er war einer der Pioniere im Bereich der experimentellen Archäologie. Er musste alles ausprobieren. Schwerter auszugraben war ihm nie genug, nein, er musste sie von Hand nachschmieden und ausprobieren, wie man damit kämpfte. Und rate mal, wer der Sparringspartner war.«
Mara zuckte zusammen, als der Professor plötzlich den Ast aus seinem Koffergurt zog und ihn mit beiden Händen griff, als wäre es ein Schwert.
»Zwerg!«, rief er und vollführte mit dem Ast einen perfekten Streich von links nach rechts.
»Ochs! Parade! Eber! Dach!«
Staunend sah Mara zu, wie der Professor eine erstaunlich geschmeidige Kombination aus Schwertschlägen vollführte und dann den Ast direkt von oben auf seinen Metallkoffer niedersausen ließ. Der Ast zerbrach und der Koffer hatte eine Delle mehr.
»Hoppla, da sieht man mal wieder, dass Gewalt keine Lösung ist und nur Nachteile mit sich bringt«, lachte er und suchte sich im Unterholz eine neue Rollhilfe.
»Das hat Ihnen Ihr Vater beigebracht? Cool«, sagte Mara, die noch ganz baff war.
»Na ja«, seufzte der Professor. »Während andere Kinder mit ihren Vätern die Modelleisenbahn aufgebaut haben, hat mir mein Vater den Kampf mit dem Langschwert eingehämmert. Jeder andere Junge hätte wohl seinen kleinen Finger dafür gegeben und ich wollte einfach nur, dass mein Vater mir mal was vorliest. Aber das war für ihn Zeitverschwendung. Lesen kannst du selbst, hat er immer gesagt.«
»Komisch, dass man nie das will, was die Eltern wollen, oder?«, fragte Mara. »Vor allem, wenn es eigentlich was Cooles ist wie Schwertkämpfen.«
Der Professor lachte. »Ach, wenn man jung ist, will man sich doch vor allem von den Eltern unterscheiden.«
Mara überlegte kurz. »Hm, aber dann ist es ja sogar saublöd, wenn die Eltern eigentlich ganz tolle Sachen machen, denn dann fallen die für einen selbst ja aus.«
Professor Weissinger nickte grinsend. »Ja, da hast du ganz schön recht, Mara Lorbeer. Aber glaub mir, so ganz entkommt man seinen Eltern da nicht. Die Faszination für die Wikinger habe ich zum Beispiel von meinem Vater geerbt. Ich habe sowieso irgendwann gemerkt, dass ich mehr von ihm habe, als ich mir früher eingestehen wollte.
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