Mara und der Feuerbringer Band 2 - Das Todesmal
weder Mara noch der Professor jemals gerechnet hätten. Frau Dr. Warnatzsch-Abra ging einfach weg.
Nein, Moment, sie ging nicht weg, sondern stoppte an der Kante der Holzverkleidung. Sie hielt ihre Chipkarte davor, dann piepste es leise, und plötzlich öffnete sich eine versteckte Tür in der Wand, hinter der Frau Dr. Warnatzsch-Abra verschwand. Nur wenige Sekunden später erschien ihre rechte Hand in der Vitrine und ergriff den Delfin.
»Da s … das ist j a … «, stammelte Professor Weissinger und konnte ebenso wenig fassen wie Mara, was er da sah.
Beide waren aber erst richtig baff, als die Archäologin dafür einen anderen fast identischen Delfin an die Stelle des ersten legte.
»Der andere Delfin!«, flüsterte Mara aufgeregt. »Erinnern Sie sich? Es waren zwei. Und das ist der andere, wo noch ein Stück von der Halterung dran war. Na klar, der ist nur deswegen auch hier gelandet, damit e r … «
»… damit er für seinen aufgeladenen Kollegen eines Tages einspringen kann. Das ist nicht zu fassen«, vollendete der Professor Maras Satz und seine Stimme zitterte vor mühsam unterdrückter Begeisterung.
Da kam die Archäologin wieder aus der Tür, verschloss sie sorgfältig und trat vor die beiden.
»Ich kenne dich nun wirklich sehr lange, Ricki«, sagte sie leise. »Und ich habe mich in all den Jahren oft gewundert über dich. Du bist ein Chaot, vergisst über deinen Forschungen oft nicht nur die Zeit, sondern auch Dinge wie Essen, Trinken und leider, leider auch das Pflegen zwischenmenschlicher Beziehunge n … «
Mara bemerkte, dass der Professor bemerkte, dass sie gerade ganz genau bemerkte, was seine Exfrau wohl schon lange zuvor bemerkt hatte. Aha!?
»Steffi, bitte, das gehört wirklich nicht hierhe r … du ahnst ja nicht, was du mit solchen Äußerungen auslös t … «, setzte er an, wurde aber sofort wieder unterbrochen: »… andererseits gehörst du weltweit zu den anerkanntesten Fachleuten auf deinem Gebiet, bist in der Sache zielstrebig, ernsthaft und konzentriert – und ich habe noch nie erlebt, dass du irgendeine scheinbare Dummheit gemacht hättest, die sich im Nachhinein nicht als schlimmstenfalls harmlos, manchmal aber eben auch als durchweg genial entpuppt hätte. Also tu ich jetzt etwas, das ich noch nie getan habe, auch jetzt eigentlich gar nicht tun will und sicher niemals wieder tun werde. Wenn es eine Hölle für Archäologen gibt, komme ich hiermit in die Top Ten. Und zwar völlig zu Recht.« Sie streckte die Hand aus und öffnete sie. Darin lag der Delfin. Allerdings nur für den Bruchteil einer Sekunde. Dann klebte er an der Spitze von Maras Stab und sah aus, als wäre er da schon immer gewesen. Die Schriftzeichen auf dem Stab leuchteten kurz bläulich auf und verglommen wieder. Stille trat ein.
Frau Dr. Warnatzsch-Abra schaute zwischen ihrer Hand und Maras Stab hin und her, schloss dann einmal kurz die Augen, öffnete sie und sah dann wieder auf den Stab.
»Das ist gerade wirklich passiert«, sagte sie mehr zu sich selbst und ihr Gesicht wurde plötzlich kalkweiß. »Ich … hab das gesehen und ich hab das gespürt, als … als der …« Sie fand keine Worte und beschrieb darum mit dem Zeigefinger fahrig die Flugbahn des Delfins nach.
Mara und der Professor nickten nur.
»Und dein Stock hat … er hat geleuchtet … das Holz …« Halt suchend lehnte sich die Archäologin auf die Kante des Schaumodells mit den Murmeln. Dabei drückte sie den Auslöser.
Witzig, dass das diesmal nicht mir passiert ist, dachte Mara nur, als auch schon Kugeln in der Anzahl von drei Legionen losrollten. Sofort wurden sie wieder am Wall entlang zusammengedrängt, von den Lochgermanen verschluckt und machten damit einen Höllenlärm in dem verlassenen Museum.
Mara, der Professor und Frau Dr. Warnatzsch-Abra bissen die Zähne zusammen und wagten nicht, sich zu bewegen.
Tatsächlich drang auch gleich eine männliche Stimme zu ihnen durch das Treppenhaus: »Hallo? Ist da noch jemand? Hallo!«
Die Archäologin erwachte augenblicklich aus ihrer Starre. »Los, los, raus! Da lang und dann durch die Nottür runter und nach draußen. Hier!« Sie reichte dem Professor ihre Chipkarte und schob beide in die richtige Richtung. Schon im Losstolpern flüsterte der seiner Exfrau zu: »D… danke, Steffi, das ist wirklich …«
»… saudumm, ich weiß – und wehe, ich krieg das Ding nicht zurück, dann ist aber was los! Und jetzt haut ab, ich muss dem Sperrdienst entgegengehen, um ihn
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