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Mara und der Feuerbringer

Mara und der Feuerbringer

Titel: Mara und der Feuerbringer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Krappweis
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herauskommen zu sehen. Mara war sofort klar, was passiert war: Ihr Mathelehrer hatte ihre einsame Schultasche entdeckt und wohl nicht damit gerechnet, dass irgendein Witzbold diese Tasche gestern mit Wasser aufgefüllt hatte. Die Bücher und Hefte darin hatten die Flüssigkeit wohl nicht komplett in sich aufgenommen und zudem wardie Tasche überraschend wasserdicht. Ganz im Gegensatz zu Herrn Tonkers Hose.
    Gibt ja auch keinen Grund, im Taucheranzug zu unterrichten, dachte Mara sinnloserweise, als sie sich hinkniete, um ihre matschigen Hefte und Bücher einzusammeln. Komisch, dachte sie dann. Warum ist es mir gerade voll egal, ob mich jemand anstarrt? Die sind doch alle schon da, warum sagt denn keiner was? Es lacht nicht mal jemand … kann nicht sein … Oh, bitte, lass es nicht, nein …
    Der dunklen Vorahnung folgend hob sie langsam den Kopf. Alle Mitschüler starrten sie mit schwarz glänzenden Augen an.
    »Hilf.«
    Maras erste Reaktion war die gleiche wie gestern: SchreienArmerudernWeglaufenPanik! Aber schon nach einem Schrei, zwei Armruderern und drei wackeligen Schritten Richtung Tür stoppte sie. Maras Hirn hatte sich zu Wort gemeldet. Was würde es bringen, wegzulaufen?, fragte es. Im schlimmsten Fall wartete auf dem Gang schon die gesamte Schule schwarzäugig auf sie, und dann war es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Polizei das schreiende Nervenbündel namens Mara Lorbeer doch noch aus der Isar fischte.
    Ja, sehr schlau!, rief Mara ihrem Gehirn zu. Aber was schlägst du dann vor, hä? Etwa
nicht
weglaufen?
    Richtig.
    Mist. Mara atmete sehr tief ein und wie in Zeitlupe wieder aus. Dann drehte sie sich um und blickte direkt in die tiefschwarzen Augen von Loki. Mal dreißig.
    »Hilf«, sagte Maras Klasse, und Mara hoffte inständig, dass sie keinen großen Fehler beging, als sie allen Mut zusammennahm und mit fester Stimme sprach: »Warum sollte ich das tun … Loki?«
    Mara schreckte zusammen, als ihre Mitschüler urplötzlich wie von Sinnen aufschrien! Es klang wie die Mischung aus einer menschlichen Stimme in rasenden Schmerzen und einem wilden Tier! Gleichzeitig warfen alle ihren Kopf zur Seite, rissen dabei ihren linken Arm hoch und griffen sich damit panisch ins Gesicht. So als würden sie sich vor etwas schützen.
    Das Gift!, schoss es Mara durch den Kopf. Natürlich! Das war die Erklärung! Der Feuerbringer war nicht Loki, Sigyn aber war beim Feuerbringer und das bedeutete: Sigyn war
nicht
bei Loki, um den ätzenden Speichel der Schlange in der Holzschale aufzufangen! Also tropfte der laut Sage in Lokis Gesicht!
    Schon schrien alle Schüler wieder und rissen dabei ihre Hand synchron zur Seite, als würde sie fürchterlich schmerzen. Gleich darauf warfen alle ihren Kopf hin und her und schrien, schrien!
    Schockiert starrte Mara auf das grausame und verstörende Ballett und musste sich schließlich die Ohren zuhalten. Noch nie hatte sie etwas gehört, das so mächtig, so hilflos, so hasserfüllt und gleichzeitig so herzerweichend war wie Lokis Schmerzensschrei aus dreißig Schülerkehlen!
    Plötzlich spürte sie etwas unter ihren Füßen … Der Kartenständer kippte um, die Scheibe des Overhead-Projektors zerschmetterte. Der Boden schwankte und die ersten Schüler fielen zu Boden. Dabei brüllten sie und machten keine Anstalten, ihren Fall irgendwie aufzufangen. Stattdessen versuchten sie immer wieder, mit der linken Hand ihr Gesicht zu schützen. Ein tiefer Riss begann sich durch die Wand zu fressen, die ersten Scheiben platzten unter dem Druck aus ihren Rahmen und verwandelten den Schulhof in ein klirrendes Scherbenmeer.
    Da erinnerte sich Mara: Der Sage nach waren Lokis Schmerzensschreie verantwortlich für Erdbeben! Sie hatte es erlebt, als sie Loki in seinem Gefängnis hatte schreien hören. Und es war
eine
Sache, ob irgendwo hinter dem Ende der Welt eine mythische Tropfsteinhöhle bebte,aber eine
andere
, ob es das eigene Schulgebäude war. Lokis Schreie drangen durch die Kehlen ihrer Klassenkameraden nun bis hierher in ihre Welt! Weil der Halbgott sie rufen wollte und von dem Gift der Schlange gequält wurde!
    Mara musste diesen Albtraum beenden, und zwar sofort! Sie musste zu Loki!
Jetzt
.
    Sie spürte Loki eher, als dass sie ihn hörte. Der Boden vibrierte unter seinem vielstimmigen Schrei und überall rieselte feiner Kalkstaub von der Decke. Mara stand auf. Es war ein fürchterliches Gefühl, wenn etwas so Stabiles wie der massive Steinboden einer Tropfsteinhöhle erzitterte. Das Beben

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