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Marais-Fieber

Marais-Fieber

Titel: Marais-Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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Brüste, die ein heftiger Sturm
emporzuheben schien.
    „Niemand... wenn die dreckigen
Pfoten von Cabirol sie befummelt haben. Cabirol! Latuit! Sie ekeln sich vor
mir, nicht wahr? Sie haben sich immer schon vor mir geekelt. Ich brauchte nicht
mal was zu sagen, neulich, als ich im Bett lag. Sie haben auch so gemerkt, daß
ich mich anbot. Und ich hab sehr wohl gemerkt, daß Sie auch... wenn Sie sich
nicht so sehr vor mir ekeln würden.“
    „Im Leben“, sagte ich, „hab ich
mich bis jetzt nur vor einem tatsächlich geekelt: vor Cabirol.“
    Aber sie hörte mir gar nicht
zu. So gut es ging, brachte sie ihre Jacke wieder in Ordnung. Dann ließ sie
sich in den Sessel fallen. Ihr Gesicht war schweißbedeckt. Mit verzerrtem
Gesicht zeigte sie zum Telefon:
    „Los! Rufen Sie die Flics an.“
    „Halten Sie die Klappe! Ich
will auch mal was sagen. Und lassen Sie die Flics in Ruhe. Für die heißt der
Mörder Latuit. Die Akte ist geschlossen. Wir werden jetzt nicht hingehen und
neue Fakten liefern, damit sie die Akte wieder öffnen müssen. Die kriegen ja
sonst Komplexe.“
    Odette atmete tief durch:
    „Ich verstehe Ihr Verhalten
nicht.“
    „Ganz einfach. Cabirol war ein
dreckiges Schwein. An dem Tag, als er sich für besonders schlau hielt und einen
Plüschbären als Pfand nahm, das Spielzeug eines kleinen Kindes von armen Eltern
— denn die müssen ja verdammt abgebrannt gewesen sein, um so weit zu gehen-ja,
an dem Tag, als er sich so schlau vorkam und einen so tollen Scherz machte, an
dem Tag hatte er verschissen. Als ich nämlich diesen Teddy mitten in dem
anderen Kram sah, wußte ich über den Kerl bestens Bescheid. Brauchte weder ‘n
detaillierten Lebenslauf noch ‘ne psychologische Studie. Man hatte ihn
umgebracht? Wie schön! Sollte er das doch mit seinem Mörder ausmachen.
Jedenfalls würde ich keinen Finger rühren, um den Mörder hinter Schloß und
Riegel zu bringen. Im Gegenteil, wenn ich mich überhaupt für ihn interessieren
sollte. Die Ereignisse haben es so mit sich gebracht, daß der Mörder eines
armen Naivlings zum Sündenbock wurde und für beide Morde herhalten mußte. Der
Kreis war geschlossen.“
    Schweigen. Seufzen.
    „Und nun?“
    „Das ist alles. Es ist so
gekommen, wie es kommen mußte. Reden wir nicht mehr drüber. Nur eins möchte
ich, ich sag’s nochmal: zwischen uns soll völlige Klarheit herrschen. Deshalb
rekapituliere ich... Wir begegnen uns in Cabirols Treppenhaus. Sie weinen
nicht. Denn wenn Sie weinen, knüllen Sie Ihr Taschentuch zu einer Kugel
zusammen. An dem Tag war es aber auseinandergefaltet. Warum? Um Ihr Gesicht zu
verdecken, falls man sich nochmal wiedersieht. Fast hätte ich Sie umgerannt.
Ich mach eine Bemerkung über Ihren mehr oder weniger kußfesten Lippenstift.
Dabei fällt Ihnen etwas ein... äh... Was ich Sie noch fragen wollte... Ich werd
dann nicht mehr wieder drauf zu sprechen kommen, aber ich möchte alles wissen.
Also: Haben Sie ihm den Brieföffner ins Herz gestoßen, während er Sie küßte?
Hoffentlich nicht...“
    Sie verbarg ihr Gesicht in den
Händen. Ich zuckte die Achseln:
    „Letztlich wäre das auch nicht
ekelhafter als diese dreckigen Pfoten auf Ihren Brüsten... A propos
Brieföffner... Gehörte er ihm?“
    „Er...“
    Das Mädchen überwand einen
kleinen Schwächeanfall.
    „Ich bereue nicht, was ich
getan habe. Werd’s nie bereuen. Er lag auf dem Tisch. Ich hab ihn genommen und
zugestochen.“
    „Also keinerlei Vorsatz?“
    „Doch“, sagte sie mit einer
energischen Kinnbewegung. „Ich bereue nichts, wie gesagt. Ich hatte einen Revolver
in meiner Tasche. Den hatte ich irgendwann mal bei ihm gefunden. Aber ich hatte
Angst vor dem Lärm. Und weil der Brieföffner...“
    „Ach, das wär nicht sehr laut
geworden. Na ja, immerhin lauter als mit dem Brieföffner, stimmt. Die Kanone
sah etwas seltsam aus, nicht wahr? Irgendetwas auf den Lauf gesteckt.
Vielleicht ein Schalldämpfer?“
    „Vielleicht.“
    Ich warf Latuits Waffe auf den
Schreibtisch.
    „Das Ding hier?“
    „Vielleicht.“
    „Also: Ja oder nein?“
    „Ja.“
    „Sie haben die Waffe bei
Cabirol gefunden, und Latuit hatte sie von Ihnen.“
    „Ja.“
    „Sehr gut...“
    Ich ließ den Revolver wieder in
der Schublade verschwinden.
    „Wußte Ihre Mutter von Ihrem
Verhältnis zu Cabirol?“
    „Davon wußte niemand was. Er
hielt sein Privatleben geheim. Darum hatte ich beschlossen, ihn zu beseitigen.
Niemand würde mich jemals verdächtigen.“
    „Trotzdem“, warf ich

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