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Marathon Mosel

Marathon Mosel

Titel: Marathon Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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ihr hinaus.
    »Sorry, ich bin beunruhigt und wollte dir wirklich nicht den Marathon vermiesen«, Walde ließ sich neben Doris’ Liegestuhl auf dem Rasen nieder. »Sollen wir Trinken im Laufschritt üben?«
    »Ich dachte, der Marathon wäre lebensgefährlich.«
    Walde seufzte. Selbst nach einer Woche Sendepause wäre Doris niemals zur Tagesordnung übergegangen, ohne genau an dem Punkt weiterzudiskutieren, wo das Schweigen begonnen hatte.
    »Es sind ja noch ein paar Tage bis Sonntag.«
    »Um den Anschlag zu verhindern?«
    Walde nickte.
    »Und wenn die Polizei versagt?«
    »Was heißt versagt, es ist ja nicht sicher, ob überhaupt ein konkreter Anschlag geplant ist. Bitte sprich mit niemandem darüber.«
    *
    Am Bankautomaten achtete Ben darauf, dass der Schirm der Kappe sein Gesicht verdeckte. Als er die Geldscheine einsteckte, fiel der kleine Zettel mit Elmars PIN zu Boden. Er ließ ihn liegen. Er kannte die Zahlen bereits auswendig.
    In den Straßen der Innenstadt bewegten sich die meisten Leute in gemächlichem Tempo. Auf den Freiterrassen der Cafés und Restaurants waren fast alle Tische besetzt. Ben war müde, hungrig und vor allem durstig. Auf dem Vorplatz der Basilika konnte er der Versuchung nicht mehr widerstehen. Die Polster des Korbsessels unter dem großen Sonnenschirm waren weich und bequem. Eine nette junge Dame brachte ihm die Karte. Er studierte das Angebot der Speisen und rieb sich dabei die schmerzende rechte Schulter. Schließlich entschied er sich für Lammmedaillons.
    Anstatt des bestellten Wassers stellte ihm die Kellnerin ein Bier auf den Tisch. Noch bevor er reklamieren konnte, war sie wieder fort. Er war schon seit vielen Jahren nicht mehr mit dem Teufelszeug Alkohol in Berührung gekommen. Als das Essen kam, war sein Glas schon leer. Er bestellte ein zweites.
    Ben zog die Kopfhörer auf und hörte Jacques Brei. Langsam entspannte er sich. Zuerst hatte ihn die gewaltige Ziegelwand der Basilika an seine nächtliche Plackerei erinnert. Nun nahm er das Gebäude als Ganzes wahr. Dazu sang Brel ’Le plat pays’.
    Nach dem dritten Bier zahlte er. Am Hauptmarkt suchte er sich an einem Drehständer eine Sonnenbrille aus. Sie schien teuer genug zu sein, dass ihn im Laden, als er bezahlen wollte, eine Verkäuferin bat, sie anzuziehen. Es war ihm peinlich, als sie den Sitz der Bügel kontrollierte. Sicher klebte dort noch Staub von der Nacht. Er hatte seither nicht geduscht und obendrein eine Bierfahne. Sie ließ sich nichts anmerken, verschwand mit der Brille in einem Nebenraum, wo sie die Bügel korrigierte. Ben strich sich mit den Fingern durchs Haar.
    Anschließend prüfte die Optikerin den Sitz der Brille. Ihr Gesicht war ganz nah vor seinem. Er hielt die Luft an und schaute in ihre hellblauen Augen. Mit kaum wahrnehmbarer Berührung schob sie ihm die Brille höher auf den Nasenrücken. Beim Lächeln zeigte sie ebenmäßige Zähne. Für einen Moment überlegte er, sich mit ihr zu verabreden. Als er in Aachen studiert hatte, war es für ihn ein Leichtes gewesen, Mädchen kennen zu lernen. Aber das war zwanzig Jahre her. Er zögerte einen Augenblick und besann sich. Er hatte anderes zu tun.
    In der Nachmittagsvorstellung des Kinos war nicht einmal die Hälfte der Plätze besetzt. Auf dem Rückweg von der Toilette kaufte er sich ein Bier und eine große Portion Popcorn. Als er in den Saal zurückkam, lief der Trailer zu einem demnächst anlaufenden Film. Die Sequenz war so dunkel, dass Ben über eine Stufe stolperte und die Hälfte seines eimergroßen Popcornbehälters auf den Teppich kippte.
    Der historische Mantel- und Degenfilm bestand aus einer Aneinanderreihung von Kampfszenen. Ben hatte in der Pause genug. Ein paar Häuser weiter lag eine Kneipe, die praktisch nur aus einer langen Theke bestand. Nach dem Beispiel seines Nebenmanns bestellte sich Ben zu jedem Bier auch einen Schnaps.

Donnerstag, 24. Juni
    Ben öffnete die Augen. Im Zimmer war es dunkel. Er musste durch den Mund atmen. Seine Nase war verstopft. Auf seinen Schläfen lastete ein ungeheurer Druck. Fast so schwer wie damals, nach dem Erdbeben …
    Er schaffte es, die schreckliche Szene aus dem Traum zu verscheuchen, aber der Druck blieb. Es schmerzte höllisch. Sein Mund war trocken. Obendrein war ihm übel. Er streckte die Füße aus dem Bett. Es sollte gegen Übelkeit helfen, wenn die Füße kalt waren. Sie blieben warm. Er rieb sie aneinander und stellte fest, dass er noch Socken trug. Ächzend zog er die Beine an und streifte

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