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Marathon Mosel

Marathon Mosel

Titel: Marathon Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Brust hob wieder an, als er den Zünder scharfmachte und behutsam in die Masse drückte.
    *
    Als die Musik ausklang, löste sich Doris aus Waldes Umarmung. Es folgte ein schnelleres Stück. Auch wenn Walde einen anderen Tanz als Blues beherrscht hätte, bot der halbe Quadratmeter, den sie zur Verfügung hatten, nicht genug Platz.
    »Sollen wir?«, fragten Doris und Walde fast gleichzeitig, womit beide meinten, dass sie nach Hause gehen wollten.
    Wiederum mussten sie sich einen Weg durch die Menge suchen.
    Ein Boot der Wasserschutzpolizei lag wenige Meter unterhalb der Brücke so unbewegt in der Mosel, als hätte sich der Fluss in einen ruhigen See verwandelt. Durch die Stäbe des Geländers sah Walde das von den Motoren aufgewühlte Wasser.
    In einer balkonartigen Ausbuchtung in der Mitte der Brücke standen Polizisten.
    »Ein ganz schönes Sicherheitsaufgebot«, bemerkte Doris.
    Walde nickte den Männern, die er nicht kannte, zu. Sie taten ihm Leid, weil sie unter der schweren Ausrüstung schwitzen mussten. »Es wird wirklich alles Mögliche getan«, sagte er. »Trotzdem bin ich froh, wenn wir morgen die Sache heil überstanden haben.«
    Vor ihnen, in einer Gruppe, wurde laut gelacht. Die Leute standen so dicht gedrängt, dass Doris und Walde einen Bogen um sie machen mussten. Zuerst fielen Walde die vier Männer auf, die sich nicht an dem Vergnügen beteiligten, sondern auffällig unauffällig die Menschen um sich herum beobachteten. Ihrer Statur nach zu schließen, konnte es sich nur um Bodyguards handeln.
    »Wollt ihr schon gehen?« Es war Steffens, der ihnen aus der Gruppe heraus zurief. Zu Waldes Verwunderung hielt er ein Weinglas in der Hand.
    »Kommt, trinkt noch einen Schlummertrunk mit uns!«
    Doris zwängte sich bereits durch die am Rand der Gruppe stehenden jungen Leute und zog Walde an der Hand hinter sich her.
    »Was ist das?«, wollte sie mit Blick auf Steffens’ Glas wissen.
    »Das ist Saft, Traubensaft, zugegebenermaßen vergoren.« Steffens nahm einen Schluck. »An der Luxemburger Mosel gewachsen, hat nur neun Prozent Alkohol und schmeckt vorzüglich.«
    »Und das am Abend vor dem Marathon?«, staunte Doris, die sich zwei gut gefüllte Gläser reichen ließ.
    »Auf den Marathon«, Guy Peffer drehte sich zu ihnen um und stieß mit Doris, Walde und Steffens an.
    Aus den Gesprächsfetzen rundum schloss Walde, dass sie sich in einer Luxemburger Kolonie befanden.
    Guy Peffer schien seine Gedanken erraten zu haben: »Das sind junge Luxemburger, die in Trier studieren. Sie haben ihren traditionellen Lauf zum Ende des Wintersemesters nach Luxemburg hierher verlegt und werden zusammen mit mir und weiteren Landsleuten morgen am Marathon teilnehmen.«
    »Darf ich Sie fragen, wer Sie morgen …«, Waldes Worte gingen in der lauter werdenden Musik unter. Der Außenminister lächelte ihn an und wandte sich wieder seinen Landsleuten zu. Verwundert stellte Walde fest, dass sich Doris von Steffens Rosé nachschenken ließ.
    *
    Als Ben in der Fußgängerunterführung unter der Straße am Porta-Nigra-Platz sein Rad in Richtung Ausgang zum römischen Stadttor schob, überholten ihn vier Polizisten. Sie führten Schäferhunde an der Leine. Trotz des Steinbodens hatte er die Schritte ihrer schweren Stiefel nicht gehört. Die Hunde liefen dicht neben ihren Führern. Vor abgerichteten Tieren – und die da vorne gehörten eindeutig zu dieser Spezies – hatte Ben Respekt. Der Trupp änderte seine Marschrichtung. Ben blieb stehen und ließ die Polizisten durch, die nun die Treppen zur Simeonstraße hochstiegen.
    Er blickte durch die Torbögen der Porta Nigra auf die Rückfront einer großen Lautsprecheranlage. Darunter war das Gestänge der Bühnenkonstruktion mit schwarzem Tuch verhüllt. Die Band hatte Pause. Aus den Lautsprechern schallte Musik aus der Konserve.
    Unter den Torbögen war Ben allein. Er betrachtete die schweren Steinquader ringsum, zwischen denen hier und da Stellen mit Sandsteinen ausgeflickt waren. Unten stand in schwarzen Buchstaben »HC IST«. Weiter war der Schreiber nicht gekommen. Ben lehnte sein Rad an die Wand und schaute nach oben, ob ihn jemand aus den Türmen beobachtete. Dann kletterte er auf die Fahrradstange. Mit ausgestrecktem Arm gelangte er bis zu der faustgroßen Vertiefung, in die er den Impulsgeber steckte. Er passte. Ben nahm das Gerät wieder heraus. Er atmete tief ein, bevor er den kleinen Hebel auf der Rückseite umlegte. Falls die Programmierung falsch eingestellt war, hatte er

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