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Marathon Mosel

Marathon Mosel

Titel: Marathon Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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eine Richtung ab, um den Umfang der Bombe abschätzen zu können. Volltreffer! Über ihm hing eine halbe Tonne effektivsten Sprengstoffs.

Samstag, 26. Juni
    Geräusche von Schritten, Unterhaltungen, Türenknallen, Tassengeklapper, Druckergeratter und Telefonläuten drangen aus sämtlichen Stockwerken ins Treppenhaus des Polizeipräsidiums. Sie erzeugten ein Schwirren wie in einem riesigen Bienenschwarm. Für einen Samstagvormittag schien Walde das sehr ungewöhnlich.
    »Auch schon da!«, bemerkte Gabi spitz, als sie ihm im Flur entgegenkam.
    Er sah auf seine Uhr: »Zehn vor drei!«
    »Die Sitzung war um vierzehn Uhr.«
    »Wie bitte? Mir wurde fünfzehn Uhr gesagt.«
    Walde schaute in den Besprechungsraum, wo benutzte Tassen und Gläser auf den verwaisten Tischen standen.
    Gabi blieb im Türrahmen stehen. »Das war gestern. Heute wurde die Sitzung wegen der Razzien vorverlegt. Hat dich denn niemand angerufen?«
    Walde fiel ein, dass er den ganzen Tag sein Handy nicht eingeschaltet hatte. Er betrachtete die Wandkarte, in der nur noch gelbe Nadeln steckten. »Was für Razzien?«
    »Es sind inzwischen an die fünfzig Leute vom LKA hier. Alle erdenklichen Objekte in der Stadt sind überprüft und gesichert, jetzt sind die Leute dran.«
    »Welche Leute?« Walde nahm eine Zeichnung vom Tisch, die dem unscharfen Foto glich, das Lutz geschossen hatte.
    »Mit dem sind die seit heute Morgen schon unterwegs«, kommentierte Gabi die Phantomzeichnung. »Der Buskontrolleur ist blind wie ein Huhn. Ich weiß gar nicht, wie der seinen Job macht. Einzig die Frau von der Rezeption im Hotel Kaiser Konstantin war eine Hilfe.«
    »Und?«
    »Unsere Freunde filzen alle einschlägigen Treffs, Teestuben, Parks und sonstigen Lokalitäten.«
    »Und?«
    »Es sind bisher schon an die hundert Leute festgenommen worden, und die Razzien gehen weiter.«
    »Das hier«, Walde tippte auf die Zeichnung, »könnte fast jeder sein.«
    »Jedenfalls wird von Manstein keinen der Brüder vor morgen Mittag laufen lassen. Wenn der Richtige darunter sein sollte, so ist er zumindest die nächsten 24 Stunden aus dem Verkehr gezogen. So einfach ist das.«
    »Das ist doch lächerlich.«
    »Zumindest den fünfzig hier unten im Keller ist weniger zum Lachen zumute. Trinken wir noch was zusammen?«
    Walde schaute unschlüssig.
    »Ach so, du willst ja tatsächlich mitlaufen.«
    »Wie sieht der Dienstplan für Sonntag aus?«, wollte Walde wissen.
    »Es besteht Anwesenheitspflicht, mehr nicht. Du kannst mitlaufen, ich darf zugucken, nur erreichbar müssen wir sein. Falls sich was ändert, erfahren wir es hier morgen früh um sieben Uhr.« Sie grinste. »Oder kommst du wieder eine Stunde später?«
    *
    Die meisten der Leute, die zur Brücke strömten, trugen Laufschuhe. Überall sah Walde die hellen Kappen, die mit den Sicherheitsnadeln und den Eintrittskarten zur Nudelparty als Zugabe zu den Startnummern ausgegeben worden waren.
    Vor dem Brückenkopf reihte er sich mit Doris in die Warteschlange ein, die zwischen Gitterbarrieren zur Einlasskontrolle führte. Ein gepanzertes Polizeifahrzeug versperrte die Auffahrt. Davor standen Polizisten mit Helmen und Schutzwesten.
    Walde lächelte der jungen Frau hinter dem Tisch zu, als sie die Eintrittskarten einriss.
    Er ergriff Doris’ Hand. Sie folgten dem Strom, der sich durch die Menschenmasse schlängelte. Rundum hielten die Leute Teller und Becher in den Händen.
    »Was siehst du?«, fragte Doris ihn, der die meisten um einen Kopf überragte.
    »Viele Menschen.«
    »Danke für die detaillierte Schilderung.«
    »Da vorn gibt’s Essen.«
    »Das hab’ ich auch hier unten schon gerochen.«
    »Und eine Band spielt, aber die hast du bestimmt …«
    Doris knuffte ihm ihren Ellenbogen in die Seite.
    *
    Endlich hatte die Dämmerung eingesetzt. Der Rucksack machte es Ben noch schwerer, sich durch die Menschenansammlungen in den Straßen der Innenstadt zu kämpfen. Überall, wo Bands spielten oder umlagerte Bier- und Essensstände in die Straße ragten, war kaum ein Durchkommen. Schon nach wenigen Metern begann er zu schwitzen. Immer wieder wechselte die Musik, vermischte sich in den Abschnitten, die vom Sound zweier Bands beschallt wurden, zu einer Kakophonie. An der Abzweigung zum Stockplatz lief ihm Schweiß aus der Mütze über die Stirn und brannte in den Augen. Polizisten standen zu zweit, zu viert in Hauseingängen. An allen Straßenecken waren Einsatzfahrzeuge zu sehen. Vor dem Hauptmarkt mit einer der Hauptbühnen kam der

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