Marathon Mosel
Rad in Fahrt. Er beobachtete die Polizisten an der Straßenkreuzung. Sie nahmen keine Notiz von ihm.
*
Endlich war eine Sauerstoffmaske für Grabbe verfügbar. Die ersten Züge schienen ihm sichtlich gut zu tun.
»Ich bin gleich wieder zurück«, Meier klopfte seinem Kollegen im Feldbett auf die Schulter und verließ das Zelt. Seine Kleidung war zwar durch die Hitze getrocknet, aber die Zigaretten, die er aus der Tasche zog, waren nicht mehr zu gebrauchen. Vorhin hatte er sich bei den Schaulustigen eine Zigarette schnorren können, aber hier, inmitten der Läufer, war das schwierig.
Er musste den orangefarbenen Wagen umgehen, der zwischen Sanitätszelten und Verpflegungsständen im Weg stand.
Nirgends stieg ein Rauchwölkchen auf. Meier rempelte eine Frau an, die mehrere Becher in den Händen hielt.
»Pass’ doch auf«, blaffte sie.
»Mensch, Gabi, bin ich froh, dich zu treffen!«, rief Meier.
»Du hast in der Tat getroffen!«, sie wischte sich eine nasse Hand am T-Shirt ab.
»Hier hat doch kein Schwein eine Kippe.«
»Ich glaub’, da findest du eher im Nonnenkloster ein Kondom als hier was zum Rauchen.« Sie drückte Meier die halb vollen Becher in die Hand. »Halt mal!« Sie kramte Zigaretten aus ihrer Tasche und steckte zwei an.
Meier begleitete sie zu Harry und Walde. Er berichtete kurz, was er mit Grabbe im Kanal erlebt hatte.
»So, ich muss zurück«. Meier verabschiedete sich.
»Ich komm’ mit«, Walde folgte seinem Kollegen.
»Der hat ja wirklich dämlich geparkt!« Meier trat vor dem Wagen des Abwasseramtes den Stummel seiner Zigarette aus. »Was will der überhaupt hier?«
Walde schaute ins Führerhaus. Es war leer. Die Türen waren nicht verschlossen. Der Schlüssel steckte im Zündschloss.
»Was ist denn das?« Meier stand hinter dem Wagen und lupfte die Plane.
Walde trat zu ihm und knöpfte die Schlaufen soweit auf, dass sie gemeinsam die Plane zur Hälfte aufs Dach schlagen konnten.
Walde kletterte auf die Ladefläche, auf der ein mit Bändern an die Seitenwände gesicherter quadratischer Metallkasten stand. Die etwa einen Meter hohen Wände des Kastens waren schlampig zusammengeschweißt. Walde klopfte mit den Fingerknöcheln dagegen. Die Platten gaben einen dumpfen Ton von sich, als wäre der Behälter dicht gefüllt. »Das hat nichts mit Kanalreinigung zu tun.«
Meier stieg ins Führerhaus, schaute ins Handschuhfach, dann durch das kleine Fenster nach hinten in den Laderaum: »Au, Scheiße«, rief er. »Guck dir das an!«
Walde sprang von der Ladefläche und eilte nach vorn. Auf dem Fahrersitz kniend spähte er durch das Fensterchen zur Ladefläche. An der Rückseite des Kastens sah er Zahlen, die ihm rot entgegenleuchteten. Wie an der großen Uhr über dem Ziel. Nur mit dem Unterschied, dass die Zeit rückwärts lief: Drei Minuten und fünfzig Sekunden.
Walde drehte den Zündschlüssel. Der Wagen sprang nicht an.
»Was hast du vor?«
»Weg hier mit dem Kasten!« Er drehte nochmals den Zündschlüssel.
»Mehr Gas!«, rief Meier.
Walde trat das Pedal durch, der Motor sprang an. Er drückte auf die Hupe und fuhr an. Die Leute vor ihm machten nur unwillig Platz. Walde hielt auf sie zu. Sie gingen schimpfend zur Seite. Er ließ die Hand auf der Hupe. Von überall schauten Leute herüber, verständnislos den Kopf schüttelnd. Walde hupte und gestikulierte gleichzeitig.
»Notfall! Macht Platz! Weg da!«, schrie Meier aus der Seitenscheibe.
Sie erreichten Harry und Gabi.
»Da ist ’ne Bombe drin!« Meier wies nach hinten. »Die muss weg hier.« Er blickte zurück durch die kleine Scheibe. »Wir haben noch genau drei Minuten.«
»Zur Mosel!«, rief Harry und warf das Motorrad an. Die Leute in der Nähe zuckten zusammen, als das Martinshorn aufheulte.
»Steig aus!«, forderte Walde Meier auf. Der sah ihn fragend an.
»Los, geh’ zurück zu Grabbe.« Gabi zog an Meiers Arm, der nur widerwillig ausstieg. Kaum war er draußen, sprang Gabi in den fahrenden Transporter.
»He, was soll das?« Der übertölpelte Meier riss beide Arme in die Luft.
Harry jagte den Motor der Maschine in die höchsten Touren. Vor ihm bildete sich augenblicklich eine Gasse. Neben Walde sitzend, warf Gabi einen Blick auf das stählerne Ungetüm auf der Ladefläche.
»Fahr jeden um, der nicht rüber geht!«, schrie sie. »Das Ding muss hier weg!«
»Wie lange noch?« Walde beschleunigte den Wagen immer mehr.
»Zwei Minuten, 40 Sekunden.«
Walde sah die Gruppe walkender Frauen, durch die Harry
Weitere Kostenlose Bücher