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Marathon

Marathon

Titel: Marathon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Frangenberg
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rollte zur Seite, um dem Stuhl auszuweichen.
Blitzschnell stand er wieder auf den Beinen. Seine Augen funkelten,
schnell hatte er sein Lächeln wiedergefunden. Höllerbach
pinkelte sich in die Hose. Offensichtlich realisierte der Mann im
schäbigen Trainingsanzug, dass ihm nur die Flucht als einzige,
winzige Chance blieb. So drückte sich sein Opfer an der Wand
entlang, wohl um den Moment abzupassen, in dem es losrennen
wollte.
    »Gib auf«,
sagte er ruhig. »Du hast dich gewehrt, um dein elendes Leben
gekämpft, das ist doch schon was.«
    Er wusste um seinen
Vorteil, dass dieser Mann nach den Alkoholexzessen der letzten Tage
sowieso keinen wirklich überlegten Gedanken mehr fassen
konnte, auch wenn alle äußeren Symptome eines
Volltrunkenen plötzlich wie weggeblasen schienen.
Höllerbach stürmte, ohne weiter nachzudenken, los. Der
Mann brüllte, während er ihn verfolgte. Höllerbach
brüllte, während er zustach. Sein Opfer brach vor der
Haustür im Flur zusammen. Das Messer steckte in seinem
Rücken. Gestanksvernichtung.
    Er packte ihn an den
Füßen und zog ihn zurück ins Wohnzimmer.
Höllerbach schrammte über die Scherben der Weinflasche
und schlug mit dem Kopf gegen den Wohnzimmertisch. Mit einem
kräftigen Ruck schleuderte er sein Opfer auf die Couch,
wodurch das Messer noch tiefer in seinen Rücken eindrang.
Höllerbach atmete schwer, während sich das Blut in seinem
Rachen sammelte. Er musste sich von
Höllerbach anspucken lassen und ertragen, dass der blutige
Schleim seines Opfers nun am Mantel herunterlief. Höllerbach
versuchte offenbar sein Lächeln nachzumachen. Er ließ
ihn nicht gewähren und drückte seinem Opfer den Kopf
zwischen die Beine. Bevor er das Messer aus dem Rücken zog,
drehte er es zwei Mal herum. Dann stieß er Höllerbach
wieder zurück. Jetzt glotzt du genauso wie die beiden anderen,
dachte er und nahm den linken Arm seines Opfers. Langsam, als ob er
ein zartes Stück Schweinebraten aufschnitt, ließ er die
Messerklinge den Unterarm aufschlitzen. Dann vergrößerte
er die Wunde am rechten Unterarm. Höllerbach starrte ihn an,
während er auf dem bislang ungenutzten Stuhl gegenüber
der Couch Platz nahm. Er nahm das Pornoheft, auf dessen Titelseite
eine Frau ohne Hose an einer Schultafel stand und so tat, als ob
sie schreiben könnte, während ein junges Mädchen in
Schulmädchenuniform einen Mann in einem aufgeknöpften
Hausmeister-Overall mit dem Mund befriedigte. Auf dem Schreibtisch
der Lehrerin standen allerlei Utensilien, die eine aufregende
Geschichte im Heftinnern versprechen sollten. Spießersex. Er
wischte die Messerklinge mit dem Heftchen ab und schmiss es
Höllerbach auf den Schoß. Der senkte den Kopf und
blickte apathisch auf den Schund zwischen seinen Beinen.
    »Sehr passend,
oder?«, flüsterte er. Er zögerte noch, die Waffe
mit der geputzten Klinge wieder einzustecken. »Doch, wirklich
sehr passend.«
    Er erhob sich, packte
Höllerbach mit der Linken an der Schulter und rammte das
Messer mit aller Gewalt in das Gesicht der Frau mit nacktem
Unterleib. Nachdem er das Messer gedreht hatte, war Höllerbach
entmannt. Zum Schreien hatte der längst keine Kraft mehr.
Eunuchengestöhn.
    »Es wird nicht
lange dauern«, sagte er abschätzig.
    Er ging mit der
blutverschmierten Klinge die Treppe zu Höllerbachs
Schlafzimmer hoch. Im Gegensatz zu Wohnzimmer und Küche war
hier alles picobello aufgeräumt. Er musterte die durchaus
geschmackvolle Einrichtung des Schlafzimmers. Toll, wenn Leute auf
einen Kleiderschrank im Schlafzimmer verziehten können, dachte
er. Er mochte die Einfachheit, die Leichtigkeit und Eleganz
ausstrahlte. Neben dem Bett standen weiße
Nachtschränkchen mit kleinen, schlanken Lämpchen. Eine
Betthälfte war schön säuberlich gemacht, Kissen und
Decke aufgeschüttelt. An der Wand hing ein großes Bild
moderner Kunst. Verschiedene Blautöne in einem diffusen Licht,
das ihn ans Meer erinnerte. Die Farben, so ähnlich und doch so
verschieden, verschwammen und blieben trotzdem klar unterscheidbar.
Eine wunderbare Täuschung, die dem Betrachter die Grenzen der
Sinneskraft aufzeigten. Ein Bild, in dem man sich verlieren konnte.
Er ging ins Bad.
    »Wie war das?
Jedes Gesicht ist ein Irrtum? Was hatte der Mann im Spiegel in
Vosskamps Wohnung gesagt?«, flüsterte er, als er sein
Spiegelbild betrachtete. Er gefiel sich deutlich besser. Sein
Gesicht hatte klare Konturen, sein Blick war klar. Keine Spur mehr
von dieser aufgedunsenen Kugel, die ihn in Vosskamps

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