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Marathon

Marathon

Titel: Marathon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Frangenberg
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den
Wagen durch das düstere Merheim. Eigentlich ein ganz netter
Stadtteil Kölns, doch wehe, die dunkle Nacht legt sich
über dieses rechtsrheinische Fleckchen Erde. Dann gehen hier
im wahrsten Sinne des Wortes die Lichter aus.
    »Hier geht man
früh ins Bett«, stellte Gröber fest.
    Durch einige Fenster
flimmerte das Licht von Fernsehern. Straßenlaternen waren
hier nicht nötig, es ging sowieso keiner nach Einbruch der
Dunkelheit vor die Tür.
    »Meinst du, wir
können noch schellen?«
    »Natürlich«,
antwortete Remmer. »Wir sorgen für ein bisschen Stimmung
in diesem verschlafenen Nest.«
    Es hatte gut drei
Stunden gedauert, bis die ausgeschwärmten Mitglieder der
Sonderkommission zumindest sechs der fehlenden Namen
zusammenhatten. Mit Vosskamp und Leuschen waren also acht der
jungen Leute, die auf den Bildern zu sehen waren, identifiziert.
Außer den Opfern war nur einer in Köln gemeldet. Trotz
der späten Uhrzeit hatten sich Remmer und Gröber nach
Merheim aufgemacht.
    »Was wissen wir
über den Mann?«, fragte sie, nachdem sie hinter der
wunderbaren alten Merheimer Pfarrkirche abgebogen war.
    »Er heißt
Michael Höllerbach, ist neununddreißig Jahre alt, soll verheiratet sein,
steht aber allein im Telefonbuch. Keinerlei Auffälligkeiten,
keine Vorstrafen«, las Gröber vor.
    Remmer parkte vor
einer Doppelhaushälfte. Der kleine Vorgarten war angenehm
verwildert, ein schöner Kontrast zum gestriegelten
Nachbargarten. Neben der Mülltonne standen mehrere Tüten
mit Abfall und Glas. Ein kleiner Weg führte zu einer
hässlichen, mit Schmiedeeisen verzierten
Haustür.
    »Hier wohnt
unser Mann«, sagte Remmer und schellte gleich mehrmals.
Nichts tat sich.
    »Der
schläft tief und fest oder ist nicht zu Hause. Lass uns wieder
fahren«, murmelte Gröber, wohl wissend, dass seine
Chefin ihn überhören würde.
    »Musst du wieder
durch den Garten gehen, was?«, scherzte sie, doch Gröber
fand die Vorstellung gar nicht witzig.
    »Vielleicht ist
er schon tot, oder was?«
    Remmer drückte
erneut den Klingelknopf und ließ ihn nicht mehr los. Sie
hörten, wie ein schriller Ton durchs Haus schepperte. Im
ersten Stock wurde ein Fenster geöffnet.
    »Hallo, wer ist
da?«, rief eine Stimme herunter.
    Remmer trat
zurück, doch sie konnte niemanden sehen.
    »Herr
Höllerbach?«, rief sie hinauf. Sie erkannte die Umrisse
eines Mannes hinter einem Vorhang. Das Fenster war nur einen Spalt
geöffnet. »Wir sind von der Polizei, entschuldigen Sie
die späte Störung, aber wir möchten Sie etwas
fragen.«
    Der Mann im Fenster
ließ sich Zeit mit seiner Antwort.
    »Es ist schon
spät«, rief er leise.
    »Es ist noch
keine elf Uhr, Herr Höllerbach. Und weil es wichtig sein
könnte, dachten wir, wir sollten nicht bis morgen früh
warten.«
    »Gut«,
sagte der Mann und schloss das Fenster.
    Abermals verging eine
ganze Weile, bis sie durch das matte Glas der Eingangstür eine
Deckenlampe angehen sahen. Der Mann kam langsam auf die Tür
zu.
    »Schieben Sie
Ihren Ausweis durch den Briefkastenschlitz«, forderte er
Remmer auf.
    Die beiden Polizisten
sahen sich verwundert an. Remmer holte ihren Ausweis aus der Tasche
und steckte ihn durch den Briefkastenschlitz am Fuß der
Tür. Wieder vergingen Minuten. Dann öffnete sich die
Haustür. Sie sahen in die rot unterlaufenen Augen eines
anscheinend völlig verwahrlosten Mannes. Er trug einen
abgewetzten Trainingsanzug, seine wenigen Haare standen in alle
Richtungen ab. An den Füßen trug er alte Turnschuhe. Als
er sie hereinbat, schlug ihnen der beißende Gestank von
ausgekotztem Schnaps entgegen. Höllerbach hatte eine Fahne,
mit der er an keinem offenen Feuer vorbeikommen durfte.
    »Dürfen wir
reinkommen?«, fragte Gröber, der ihm seinen
Dienstausweis unter die Nase hielt.
    »Bitte, wenn es
sein muss«, lallte der Hausherr, der offensichtlich
völlig betrunken war.
    Er ging voraus in sein
Wohnzimmer. Als er Licht gemacht hatte, sahen sie, dass sie in
einem Chaos von leeren und halb vollen Flaschen, umgekippten
Aschenbechern, leeren Chipstüten und Pizzaverpackungen
standen. Auf dem mit Müll überfüllten
Wohnzimmertisch lagen Zeitungen, ein Pornoheft und Fernbedienungen
für diverse technische Geräte. Außer einer Couch
gab es keine Sitzgelegenheiten.
    »Ich bin leider
nicht zum Aufräumen gekommen«, lachte Höllerbach.
»Habe nicht mit Ihrem Besuch gerechnet. Setzen Sie
sich.«
    »Wohin?«,
fragte Gröber.
    »Oh,
Entschuldigung«, rülpste Höllerbach und stiefelte
in die Küche, in

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