Marathon
abbiegen. Er drückte auf die Hupe. Blaulicht
hätte ihm das Leben sehr erleichtert. Der Kombi fuhr mit hohem
Tempo Richtung Autobahnauffahrt. Mit Mühe schaffte es
Gröber, den ersten Wagen vor sich zu überholen. Er durfte
ihn nicht verlieren. Einen Kombi einzuholen, das müsste doch
zu schaffen sein.
»Schickt Wagen
auf die A4, in beide Richtungen«, gab er
Anweisungen.
Der Unbekannte
bretterte auf die Autobahn.
»Dieses Rennen
wirst du verlieren!«, rief Gröber, als ihm die
Leitstelle durchgab, dass in beiden Fahrtrichtungen Streifenwagen
auf den Standstreifen warten würden. Manchmal konnte die
Polizei ganz schön schnell sein.
Als Gröber auf
die Autobahn auffuhr, sah er im Rückspiegel, wie ein Wagen der
Autobahnpolizei im Affenzahn auf der Überholspur die
Verfolgung des Kombis aufnahm. Auch er gab Gas, näherte sich
immer weiter dem Unbekannten. Dieser zeigte sich von seinen
Verfolgern unbeeindruckt und raste mit vollem Tempo auf die
nächste Abfahrt zu, eine ansteigende Fahrspur, die sich vor
zwei Ampeln teilte. Gröber ahnte, was passieren
würde.
Der Wagen der
Autobahnpolizei schaffte wenige Meter vor der Abbiegespur, den
Kombi zu überholen und sich vor ihn zu setzen. Gleichzeitig
mussten die Polizisten bremsen, um nicht auf die Autos aufzufahren,
die wahrscheinlich vor der Ampel warteten. Sie hielten ihren Wagen
mitten auf der Fahrspur, um dem Kombi keinen Platz zum
Überholen zu lassen, doch anstatt zu bremsen, raste der Wagen
rechts der Fahrspur die Böschung hoch.
Wie bei einer
Skisprungschanze schoss der Kombi über die Anhöhe hinaus.
Gröber sah, wie sich das Auto nach links um die eigene Achse
drehte und so rund dreißig Meter durch die Luft flog. Der
Wagen landete auf dem Dach, titschte wie ein Ball zwei Mal auf, um
dann ungebremst in den Verkehr der Hauptstraße zu rutschen, auf die die
Autobahnausfahrt mündete. Es knallte und schepperte.
Gröber, der genau wie die Autobahnpolizisten den Wagen
verlassen hatte, konnte zunächst nicht sehen, was der
Kombifahrer angerichtet hatte. Erst als er auf allen vieren die
Böschung hochgeklettert war, wurde ihm das ganze Ausmaß
der Verwüstung klar.
Vier Autos waren
ineinander gerast, ein Lastwagen hatte sich quer über die
Fahrbahn geschoben und den umgekippten Kombi in den
Straßengraben gedrückt. Ein Mann und eine Frau liefen
blutüberströmt und schreiend über die Straße,
während die beiden Autobahnpolizisten anderen Fahrzeuginsassen
aus ihren Autos helfen wollten. Ein junger Mann hing leblos
über dem Lenkrad seines Golfs.
Gröber griff nach
seinem Handy und alarmierte die Feuerwehr, während er
über die Straße zu dem Kombi rannte. Die Räder des
Wagens drehten sich in der Luft, die Fahrertür war durch den
Aufprall abgerissen worden. Vom Fahrer fehlte jede Spur. Er musste
schon vor dem Aufprall aus dem Auto geflogen sein. Gröber
rannte zurück, nahm kaum wahr, was um ihn herum passierte.
Auch die beruhigenden Worte des Polizisten, dass offensichtlich
alle Unfallopfer mit dem Leben davongekommen waren, konnten ihn
nicht erreichen. Er suchte den Mann, der das hier verursacht hatte.
Den Mann, der wahrscheinlich ein geisteskranker Mörder war.
Der ihnen zugesehen hatte, wie sie sich über blutige Zahlen an
Wänden den Kopf zerbrachen.
Gröber
schäumte vor Wut. Wieder erreichte er die Spitze der
Böschung, wo der Wagen abgehoben sein musste, doch von dem
Fahrer fehlte jede Spur. Das konnte nicht sein. So etwas
überlebte man nicht unverletzt. Irgendwohin musste der Mann
geschleudert worden sein.
Mehrere Krankenwagen
trafen ein. Notärzte und Sanitäter stürmten zu den
Verletzten. Feuerwehrmänner machten sich mit einem Brecheisen
an dem Golf zu schaffen, um den jungen Mann, der offensichtlich
doch bei Bewusstsein war, zu befreien. Was für eine Szene. Was
aussah wie eine mittlere Katastrophe, schien sich zu einem
kleineren Unfall mit wenigen Verletzten und Blechschaden zu
entwickeln. Gröber traute seinen Augen nicht. Da war einer mit
höheren Gewalten im
Bunde.
»Verdammt,
verdammt«, fluchte Gröber. »Das hätte man
alles vermeiden können, verdammt noch mal.«
Es gab keinen Zweifel
mehr: Der Mann, den er verfolgt hatte, war entwischt. Immerhin
hatten sie sein Autokennzeichen.
26
Remmer hatte gerade
die Auffahrt zur Zoobrücke passiert, als ihr Handy summte. Sie
kramte ihr Telefon aus der wie immer viel zu großen
Handtasche, die neben ihr auf dem Beifahrersitz lag.
»Eine
Dreißig«, rief Gröber ins
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