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Marco Polo der Besessene 1

Marco Polo der Besessene 1

Titel: Marco Polo der Besessene 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Venezianer sie gewohnt waren, wählte ich die blinkendsten und schärfsten der hier gebräuchlichen Art. Diese wiesen eine breite geschwungene Klinge auf -und hatten mehr von einem Säbel, denn geschärft waren sie nur an der Krümmung; man nennt sie shimshir, was soviel heißt wie ›Schweigender Löwe‹. Deren nahm ich drei mit, einen für jeden von uns, und dazu Leibriemen mit Schlaufen, den shimshir darin aufzuhängen. Ich hätte uns noch weiter bereichern können, denn Schönheit hatte ein kleines Vermögen in Form von Beuteln mit getrocknetem banj, banj in Ziegelform und Flakons mit banf -Öl. Davon jedoch rührte ich nichts an.
    Der Tag kroch herauf, als ich meine Funde in den Hauptraum trug, wo wir am Abend zuvor gespeist hatten. Mein Vater bereitete auf dem Kohlebecken das Frühstück und war äußerst heikel, was die Zutaten betraf. Gerade, als ich eintrat, hörte ich eine Reihe von Geräuschen draußen im Hof: einen
    langgezogenen raschelnden Pfeifton, ein lautes klop und ein kreischendes kyd Dann trat mein Onkel vom Hof kommend
    herein, immer noch nackt und über und über mit Blut
    beschmiert. Sein Bart roch nach Rauch, als er voller
    Genugtuung sagte:
     
    »Jetzt ist von dem alten Teufel nichts mehr übrig, und er ist dorthin gegangen, wohin er ohnehin wollte. Seine Kleidung habe ich verbrannt, die Wolldecken dazu, und die Asche verstreut. Sobald wir uns angezogen und gegessen haben, können wir losreiten.«
    Mir ging selbstverständlich auf, daß mein Onkel Schönheit des Glaubensmonds nicht aufgebahrt, sondern ihm eine höchst unmuslimische Bestattung hatte zuteil werden lassen. Ich war daher neugierig, was er damit gemeint hatte, als er sagte: »Dorthin gegangen, wohin er ohnehin wollte.« Als ich ihn danach fragte, gluckste er vor Vergnügen und sagte:
    »Das, was noch von ihm übrig war, ist jetzt gen Osten geflogen. In Richtung Mekka.«
     
    BAGHDAD
    Wir hielten uns weiterhin nach Süden und ritten flußabwärts den Furat entlang. Jetzt ging es durch ein wenig ansprechendes Gelände, in dem der Fluß sich Rinnen durch solides Basaltgestein gegraben hatte. Hier war der Boden freudlos schwarz, und es gab nicht einmal Gras, Tauben und Adler. Immerhin wurden wir weder von den Irregeleiteten noch von irgend jemand sonst verfolgt. Und allmählich -gleichsam zur Feier des Umstands, daß wir großer Gefahr entronnen waren -wurde das Land wieder freundlicher und weniger unwirtlicher. Das Gelände zu beiden Seiten des Stroms stieg merklich an, bis dieser sich durch ein breites begrüntes Tal hindurchschlängelte. Da waren Obsthaine und Wälder, Weiden und Ackerland und Bauernhütten, Blumen und Früchte. Nur waren diese genauso ungepflegt und verkommen wie die heimischen Wälder, die Äcker voller Unkraut, als wären sie nie bestellt worden. Die Landbesitzer waren alle fortgegangen, und die einzigen Menschen, die wir in diesem Tal antrafen, waren umherziehende bedawin-Familien, die land-und wurzellosen Viehzüchter, die jetzt durch dies Tal streiften, wie sie sonst durch die Steppen zogen. Nirgends waren seßhafte Menschen zu sehen, kein Mensch bemühte sich, das einst urbargemachte Land davon abzuhalten, wieder zur Wildnis zu werden.
    »Das ist das Werk der Mongolen«, sagte mein Vater. »Als der Ilkhan Hulagu -das heißt, der Kleinere Khan Hulagu, Bruder unseres Freundes Kubilai -durch dieses Land fegte und das persische Reich vernichtete, ergriffen die meisten Perser die Flucht oder kamen um, und die Überlebenden sind noch nicht zurückgekehrt, um ihr Land wieder zu bearbeiten. Aber die arabischen und die kurdischen Nomaden sind wie das Gras, von dem sie leben und das sie für ihre Herden suchen. Die bedawin beugen sich ungerührt vor jedem Wind - gleichgültig, ob es sich dabei um ein lindes Lüftchen handelt oder um einen entfesselten simüm; läßt er nach, richten sie sich wieder auf wie das Gras. Den Nomaden ist es gleichgültig, wer das Land regiert, und es wird ihnen gleichgültig bleiben bis ans Ende der Tage - Hauptsache, das Land selbst bleibt bestehen.«
    Ich drehte mich im Sattel um und nahm das Land in Augenschein: das reichste, fruchtbarste und vielversprechendste Land, durch das wir auf unserer Reise bisher gekommen waren. Ich fragte: »Und wer herrscht jetzt über Persien?«
    »Als Hulagu starb, war sein Sohn Abagha sein Nachfolger als Ilkhan, und der hat sein Hauptquartier in der nördlichen Stadt Maragheh aufgeschlagen und nicht mehr in Baghdad. Obwohl das persische Reich jetzt zum

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