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Marco Polo der Besessene 1

Marco Polo der Besessene 1

Titel: Marco Polo der Besessene 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Treiber und ein Lastkamel für Euer übriges Gepäck. Der wazir wird morgen mit Euch auf den bazär gehen und Euch welche aussuchen; er wird sie auch bezahlen, und ich meinerseits bin bereit, Eure Pferde gegen sie einzutauschen.«
    »Das ist sehr gütig von Euch, Hoheit«, sagte mein Vater. »Doch
    ehe ich's vergesse - wir haben keinen Kameltreiber.« »Wenn Ihr nicht besonders geübt seid im Umgang mit diesen Tieren, werdet Ihr aber einen brauchen. Damit kann ich Euch vermutlich auch aushelfen. Doch zuerst kauft einmal die Kamele.«
    So begaben wir drei uns am nächsten Morgen abermals in Jamshids Begleitung auf den bazär. Der Kamelmarkt nahm ein großes, vom übrigen Markt abgetrenntes Areal ein und wurde von einem Zaun aus aneinandergereihten Felssteinen begrenzt. Die zum Verkauf stehenden Tiere standen sämtlich mit den Vorderfüßen auf diesem langgestreckten Steinpodest, damit es aussah, als wären sie größer und stolzer, als sie in Wahrheit waren. Auf dies em Markt ging es bei weitem schrillstimmiger und lauter zu als in irgendeinem anderen Teil des bazärs, denn hier kam zu den üblichen lauten Rufen und dem Streit zwischen Käufer und Verkäufer das zornige Geschrei und das kummervolle Röhren der Kamele, die es sich gefallen lassen mußten, daß ihre Mäuler immer wieder gepackt, gezwickt und herumgedreht wurden, um zu demonstrieren, mit welcher Behendigkeit sie sich niederknien und aufrichten konnten. Diese Probe aufs Exempel sowie eine Menge anderer machte Jamshid. Er kniff den Kamelen in den Höcker, tastete ihnen die Beine von oben bis unten ab und spähte ihnen in die Nasenlöcher. Nachdem er nahezu jedes ausgewachsene Tier begutachtet hatte, das an diesem Tag zum Verkauf stand, ließ er fünf von ihnen, einen Hengst und vier Stuten, beiseite führen und sagte zu meinem Vater:
    »Sagt, ob Ihr mit meiner Auswahl einverstanden seid, Mirza Polo. Ihr werdet bemerken, daß sie sämtlich größere Vorderals Hinterfüße haben, was ein sicheres Zeichen für großes Stehvermögen ist. Außerdem sind sie alle frei von Nasenwürmern. Auf diese gefährliche Krankheit solltet Ihr stets achten; bemerkt Ihr irgendwelche Würmer, stäubt ihnen die Nasenlöcher mit Pfeffer ein.«
    Da weder mein Vater noch mein Onkel von Kamelen und vom Kamelhandel das geringste verstanden, erklärten sie sich freudig mit der Auswahl des wazir einverstanden. Der Kamelhändler schickte einen Helfer, der die aneinandergebundenen Tiere in die Stallungen des Palasts brachte, und wir folgten ihnen in aller Gemächlichkeit.
    Im Palast wurden wir bereits von Shah Zaman und der Shahryar Zahd in einem Raum erwartet, in welchem die Geschenke gestapelt waren, die wir ihrem Wunsch entsprechend dem Khakhan Kubilai mitbringen sollten. Da waren fest zusammengerollte aah von allerbester Qualität und Fäßchen voller Juwelen, Krüge und Schalen aus wunderbar gearbeitetem Gold, shimshirs aus Neyrizer Stahl in edelsteinbesetzten Scheiden und für die Frauen des Khakhans polierte Metallspiegel, gleichfalls aus Neyrizer Stahl, Schönheitsmittel wie alkohl und hinna, Schläuche voller Shiraz-Wein und behutsam eingewickelte Stecklinge von den allerschönsten Rosen der Palastgärten, desgleichen Stecklinge von samenlosen banj-Pflanzen und Samenkapseln des Mohns, aus dem Theriak gemacht wird. Das beeindruckendste Geschenk jedoch war eine Holztafel, die irgendein Hofkünstler mit dem Porträt eines Mannes bemalt hatte -eines ingrimmig und asketisch dreinschauenden, doch blinden Mannes, denn seine Augen waren nichts weiter als weiße Löcher. Was ich vor mir sah, war die einzige Wiedergabe eines Lebewesens, der ich jemals in einem muslimischen Lande begegnet bin.
    Der Shah sagte: »Es handelt sich um die Gestalt des Propheten Muhammad (Segen und Friede seien mit Ihm!). Es gibt viele Muslime in den Reichen des Khakhans, und viele haben keine Ahnung, wie der Prophet (Segen und Friede seien mit Ihm!) im Leben ausgesehen hat. Nehmt dies mit, um es ihnen zu zeigen.«
    »Verzeiht, Hoheit«, sagte mein Onkel Mafio zaudernd, wie das sonst so gar nicht seine Art war. »Ich dachte, lebensechte Abbilder wären im Islam verboten. Und noch dazu das Bildnis des Propheten...«
    Die Shahryar Zahd erklärte: »Es ist ja nicht lebendig, solange die Augen nicht hineingemalt sind. Ihr werdet dies von irgendeinem Künstler nachholen lassen, kurz bevor Ihr das Bild dem Khan überreicht. Es brauchen ja nur die beiden braunen Punkte auf die weißen Augäpfel gemalt zu

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