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Marco Polo der Besessene 1

Marco Polo der Besessene 1

Titel: Marco Polo der Besessene 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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und ausgiebig lange. Dieser Kuß reizte mich dermaßen, daß mir ganz schwindlig wurde. Hätte ich mich nicht an der Bank festgehalten, würde ich mich vermutlich in der Tat hin-und hergewiegt haben. Ich wartete, daß sie etwas sagte, statt dessen küßte sie mich noch einmal, und zwar diesmal so, als ob die Übung sie nur dazu brächte, den Kuß noch mehr zu genießen und noch mehr in die Länge zu ziehen. Wieder gab es eine Pause, und ich wartete auf den dritten Kuß, doch hörte ich sie sagen: »Und jetzt könnt Ihr die Augen aufmachen.«
    Ich tat es und lächelte sie an. Sie stand unmittelbar vor mir, und der rosige Hauch auf den Wangen hatte sich über ihr ganzes Gesicht ausgebreitet. Ihre Augen leuchteten, ihre Rosenknospenlippen verrieten Lustigkeit, und sie fragte: »Nun, könnt Ihr die Küsse voneinander unterscheiden?«
    »Unterscheiden? Nein, wieso?« sagte ich galant -und fügte
    dann noch im Stil persischer Dichter, wie ich meinte, hinzu:
    »Wie soll ein Mann von gleich süßen Düften oder gleich trunken
    machendem Geschmack sagen, daß der eine besser sei als
    der andere? Er begehrt einfach nur mehr. Und das tue ich
    auch, tue ich auch.«
     
    »Und mehr sollt Ihr auch haben. Aber von mir? Ich war es, die
    Euch zuerst küßte. Oder von Aziz, der Euch als nächster
    küßte?«
     
    Diesmal wiegte ich mich nicht so sehr hin und her, als daß ich
    vielmehr auf meiner Bank wankte. Sie griff um sich herum und
    zog ihn vor, daß ich ihn vor mir sah - und ich wankte womöglich
    noch mehr wie von einem Schlag getroffen.
     
    »Aber er ist ja noch ein Kind!«
    »Er ist mein kleiner Bruder Aziz.«
    Kein Wunder, daß ich ihn unter den Dienstboten des Hauses
     
    nicht bemerkt hatte. Er kann unmöglich älter gewesen sein als
    acht oder neun und war selbst für sein Alter klein. Doch hatte
    man ihn erst einmal wirklich wahrgenommen, hielt es in Zukunft
    wohl schwer, ihn zu übersehen. Wie alle Kashaner Knaben, die
    ich gesehen hatte, war auch er ein alexandrinischer Cupido, nur
    womöglich noch schöner als die Kashaner Knaben sonst,
    genauso, wie seine Schwester schöner war als die Kashaner
    Mädchen, die ich sonst gesehen hatte. Buhlteufelchen in
    Mädchen- und in Knabengestalt, dachte ich völlig verwirrt.
     
    Da ich immer noch auf der niedrigen Bank saß, befanden
    meine und seine Augen sich auf gleicher Höhe. Und diese
    seine blauen Augen waren klar und ernst und wirkten in seinem
    kleinen Gesicht womöglich noch größer und schimmernder als
    die seiner Schwester. Er hatte den gleichen rosenknospenroten
    Mund wie sie. Sein Körper war vollkommen gebildet bis
    hinunter zu den winzigen schlanken Fingern. Er hatte die
    gleichen glutvoll-kastanienfarbenen Haare wie seine
    Schwester, und seine Haut war genauso elfenbeinfarben wie
    die ihre. Unterstrichen wurde die Schönheit des Jungen noch
    dadurch, daß man auch ihm die Lidschatten durch al-kohl
     
    vertieft und mittels Beerensaft die Lippen gerötet hatte. Mir schien beides für überflüssig, doch ehe ich etwas sagen konnte, hob Sitare an:
    »Jedesmal, wenn ich in meiner Freizeit Schönheitsmittel auftragen und auflegen darf« - sie sprach raschzüngig, als gelte es, mögliche Einwände von meiner Seite von vornherein abzuwehren -, »bemühe ich mich, das auch bei Aziz zu tun.« Abermals einem erwarteten Einwand von mir zuvorkommend, sagte sie: »Ach, laßt mich Euch etwas zeigen, Mirza Marco.« Mit flinken Fingern nestelte sie die Bluse auf, die ihr Bruder trug. »Da er ein Junge ist, hat er selbstverständlich keinen Busen, aber seht nur, welch zarte und schön vorstehende Brustwarzen er hat!«
    Ich starrte sie an, denn sie waren mit hinna leuchtendrot gefärbt. Sitare sagte: »Sind sie nicht genau wie meine?« Jetzt riß ich die Augen erst richtig auf, denn inzwischen hatte sie ihrerseits ihre Bluse ausgezogen und präsentierte mir ihre gleichfalls hinna-gefärbten Brustwarzen, damit ich beide miteinander vergliche. »Seht Ihr? Seine richten sich genauso auf wie meine.«
    Sie plauderte unbekümmert weiter, ich jedoch war inzwischen außerstande, überhaupt irgend etwas einzuwenden. »Und als Junge hat Aziz selbstverständlich etwas, das ich nicht habe.« Sie knotete eine Schnur auf, die seinen pai-jamah zusammenhielt, ließ die Hose zu Boden fallen und kniete neben ihm nieder. »Hat er nicht einen vollkommenen zab en miniaturel Und schaut, was geschieht, wenn ich ihn streichle. Wie bei einem kleinen Mann. Und jetzt seht dies hier.« Sie drehte den

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