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Marco Polo der Besessene 1

Marco Polo der Besessene 1

Titel: Marco Polo der Besessene 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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gleichsam im Fluge hatte mitgehen heißen, und so grapschte sie denn nach den Bettvorhängen. Es folgte ein Augenblick der Verblüffung und der Körperverrenkung, als sie und der Sklave sich mühten, sich etwas überzuziehen. Dem wiederum folgte ein womöglich noch ausgedehnteres verlegenes Schweigen, in dessen Verlauf mich vier Augäpfel anstarrten, die fast so groß und schimmernd waren, wie die Zwiebel es gewesen war. Ich beglückwünschte mich dazu, dass ich der erste war, der die Fassung wiedergewann, lächelte meine nena süß an und
    sprach -nicht die Worte der Entschuldigung, die ich eigentlich
    hatte vorbringen wollen, sondern die Worte eines schändlich
    durchtriebenen Erpressers .
     
    Selbstgefällig und siegessicher sagte ich: »Ich werde morgen
    nicht in die Schule gehen, Zia Zulia«, ging rückwärts hinaus und
    schloß die Tür.
     
    Da ich genau wußte, was ich am nächsten Tag vorhatte, war
    ich voller Erwartung und viel zu unruhig, um gut zu schlafen. So
    war ich auch schon wach, ehe einer von den Dienstboten auf
    den Beinen war, nahm mir auf dem Weg durch die Küche und
    hinaus in den perlgrauen Morgen zum Frühstück ein
    Korinthenbrötchen und trank einen Schluck Wein. Ich durcheilte
    die leeren Gassen und lief über zahllose Brücken zu jenem
    Schlammareal an der Nordseite, wo einige von den
    Hafenrangen gerade aus ihren Unterkünften hervorkrochen.
    Wenn man bedenkt, worum ich bitten wollte, hätte ich wohl
    zuerst Daniele aufsuchen sollen, ging jedoch statt dessen zu
    Ubaldo und trug ihm mein Anliegen vor. »Um diese Zeit?«
    sagte er leicht entsetzt. » Malgarita, das Schwein, schläft
    vermutlich noch. Aber mal sehen.«
     
    Er tauchte wieder im Inneren des ausrangierten Lastkahns
    unter, und Doris, die unser Gespräch mitangehört hatte, sagte
    zu mir: »Ich finde, du solltest es nicht tun, Marco.«
     
    Ich war es gewohnt, dass sie zu allem und jedem, was man
    sagte oder tat, ihren Kommentar abgab, und wußte ihn für
    gewöhnlich auch durchaus zu schätzen, doch diesmal fragte
    ich: »Wieso sollte ich nicht?«
     
    »Ich möchte es nicht.«
    »Das ist kein Grund.«
    »Malgarita ist ein fettes Schwein.« Das konnte ich nicht leugnen
     
    und tat es auch nicht, woraufhin sie hinzusetzte: »Sogar ich
    sehe besser aus als Malgarita.«
     
    Ich lachte unhöflich, trieb die Unhöflichkeit jedoch nicht so weit,
    auch noch zu sagen, dass die Qual der Wahl zwischen einem
    fetten Schwein und einem räudigen Kätzchen nicht groß sei.
     
    Verstimmt stampfte Doris mitten im Schlamm mit dem Fuß auf,
    um dann mit sich überstürzenden Worten zu sagen: »Malgarita
    macht es mit dir, weil es ihr gleichgültig ist, mit welchem Jungen
    oder Mann sie es tut. Ich aber würde es mit dir tun, weil ich dich
    gern habe.«
     
    Belustigt und verwundert zugleich betrachtete ich sie, und
    vielleicht sah ich sie auch zum erstenmal abschätzend an. Ihr
    jungfräuliches Erröten war sogar unter der Schmutzschicht auf
    ihrem Gesicht zu bemerken, desgleichen ihr Ernst und ein
    unbestimmtes Versprechen späterer Hübschheit. Jedenfalls
    waren ihre Augen, die ja kein Schmutz verdeckte, von einem
    reizvollen Blau und schienen außergewöhnlich groß,
    wenngleich das vielleicht daran lag, dass ihr Gesicht von dem
    ständigen Hunger, der bisher ihr Leben bestimmt hatte, ganz
    klein und in sich zusammengezogen war.
     
    »Du wirst bestimmt einmal eine ansehnliche Frau, Doris«, sagte
    ich, weil ich wollte, dass keine schlechten Gefühle sie erfüllten.
    »Falls du jemals gewaschen wirst -oder jemand dir wenigstens
    den Dreck abkratzt. Und wenn du nicht mehr ganz so dürr bist
    wie ein Besenstiel. Malgarita ist schon so füllig und ausladend
    wie ihre Mutter.«
     
    Schneidend sagte Doris: »Eigentlich sieht sie mehr aus wie ihr
     
    Vater; sie hat sich sogar einen Bart wachsen lassen.«
    Ein Wuschelkopf mit verklebten Augen tauchte aus einem
    splitterigen Loch in der Kahnwand auf, und Malgarita rief: »Na,
    dann komm schon, eh' ich mir den Rock anzieh'; dann brauch'
    ich ihn nicht erst wieder auszuziehen.«
     
    Ich wandte mich zum Gehen, und Doris sagte: »Marco!«, doch
    als ich mich ungeduldig umdrehte, sagte sie: »Ach, nichts. Geh
    nur und tummle dich mit dem Schwein.«
     
    Ich kletterte in das dunkle Innere des feucht riechenden Kahns
    hinein und kroch über die modernden Planken, bis ich an ein
    Schott stieß, vor dem Malgarita auf einem Lager aus Schilf und
     
    Lumpen hockte. Meine tastenden Hände stießen eher

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