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Marco Polo der Besessene 1

Marco Polo der Besessene 1

Titel: Marco Polo der Besessene 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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andeuten willst, was ich vermute, Marco,
    möchte ich dich daran erinnern, dass deine Mutter unter der
    Erde ruht, wo es weder Neid noch Eifersucht noch Vorwürfe
    gibt.«
     
    »Ja«, sagte ich, um dann dreist noch hinzuzufügen: »Aber du
     
    trägst nicht den luto vedovile.«
    »Deine Mutter ist nunmehr acht Jahre tot. Da sollte ich Trauer
    tragen, und das zwölf Monate hindurch? Ich bin nicht mehr jung
    genug, mich für ein ganzes Jahr lang in die Einsamkeit
    zurückzuziehen. Und Dona Lisa ist auch keine bambina mehr.«
     
    »Hast du schon um ihre Hand angehalten, Vater?«
     
    »Jawohl, und sie hat mir das Jawort gegeben. Morgen gehen
     
    wir zur Ehebesprechung mit Pare Nunziata.«
    »Ist sie sich darüber im klaren, dass wir gleich nach der
    Hochzeit abreisen werden?«
     
    »Was soll dieses Verhör, du saputeld!« entfuhr es meinem
     
    Onkel.
    Mein Vater jedoch erklärte mit einer Engelsgeduld: »Ich heirate
    sie ja gerade, weil ich abreise, Marco. Es bleibt mir doch gar
    nichts anderes übrig. Da komme ich nach Hause in der
    Hoffnung, deine Mutter am Leben und dem Hause Polo
    vorstehend vorzufinden. Dem ist nicht so. Und jetzt kann ich was allein deine Schuld ist -dir nicht die Geschäfte
    anvertrauen. Der alte Doro ist ein guter Mann und braucht
    niemand, der ihm über die Schulter sieht. Trotzdem ziehe ich es
    vor, zumindest als Galionsfigur des Unternehmens jemand zu
    haben, der den Namen Polo trägt. Dona Fiordelisa wird diese
    Aufgabe übernehmen, und zwar bereitwilligst. Auch hat sie
    keine Kinder, die dir das Erbe streitig machen könnten, falls es
    das ist, was dich bekümmert.«
     
    »Das tut es nicht«, sagte ich und wurde abermals dreist. »Was
    mich bekümmert, ist einzig der Anschein mangelnder Achtung
    meiner eigenen Mutter -und auch Dona Trevan -gegenüber,
    der sich darin ausdrückt, dass du aus schnödem
    Gewinnstreben so übereilt heiratest. Sie muß wissen, dass
    ganz Venedig tuscheln und sich vor Lachen biegen wird.«
     
    Nachsichtig sagte mein Vater: »Ich bin Kaufmann, und sie ist
    die Witwe eines Kaufmanns, und Venedig ist eine
    Kaufmannsstadt, in der jeder weiß, dass es keinen besseren
    Grund für irgend etwas gibt als schnöden Gewinn. Für einen
    Venezianer ist Geld nur eine andere Art von Blut, und du bist
    Venezianer. Ich habe diese Einwände vernommen, Marco - und
    verworfen. Ich will davon nie wieder hören. Vergiß nicht,
    jemand, der den Mund hält, sagt nichts Falsches.«
     
    So hielt ich also den Mund und äußerte mich zu der ganzen
    Angelegenheit nicht mehr, mochte ich sie nun für falsch oder für
    richtig halten; und so stand ich an dem Tag, da mein Vater
     
    Dona Lisa heiratete, zusammen mit meinem Onkel und allen
    Dienstboten beider Häuser, zahlreichen Nachbarn und
    Kaufleuten sowie deren Familien in der Pfarrkirche San Felice,
    während Pare Nunziata zitternd die Messe las und die Trauung
    vollzog. Nachdem jedoch die Trauung vorüber war, der Pare sie
    als messere und madona bezeichnete und es an der Zeit war,
    dass mein Vater seine Braut gemeinsam mit allen Gästen in
    ihre neue Wohnung führte, löste ich mich von dem glücklichen
    Zug und verdrückte mich.
     
    Wiewohl in ein Festtagsgewand gekleidet, ließ ich mich von
    meinen Füßen in die Gegend führen, wo die Hafenrangen
    hausten. Seit meiner Entlassung aus dem Gefängnis hatte ich
    die Kinder nur selten und dann auch nur für kurze Zeit besucht.
    Jetzt, da ich ein ehemaliger Sträfling war, betrachteten die
    Jungen mich offenbar alle als Erwachsenen, ja, vielleicht sogar
    als eine Berühmtheit; jedenfalls gab es plötzlich eine Distanz
    zwischen uns, die zuvor nicht dagewesen war. An diesem Tag
    freilich fand ich niemand außer Doris auf dem Treidelkahn vor.
    Sie kniete auf den Planken im Rumpfinneren, trug nur ein
    knapp sitzendes Hemd und hob nasse Wäsche von einem
    Zuber in den anderen.
     
    »Boldo und die anderen haben so lange gebettelt, bis der Kahn,
    der die Abfälle nach Torcello hinausschafft, sie mitgenommen
    hat«, sagte sie zu mir. »Sie werden den ganzen Tag über fort
    bleiben, und da habe ich die Gelegenheit wahrgenommen, alles
    zu waschen, was nicht gerade von jemand auf dem Leib
    getragen wird.«
     
    »Darf ich dir Gesellschaft leisten?« bat ich. »Und heute nacht
     
    wieder hier im Kahn schlafen?«
    »Wenn du das tust, werden auch deine Kleider gewaschen
    werden müssen«, sagte sie und betrachtete sie kritisch.
     
    »Ich bin schon schlechter untergebracht gewesen«, sagte

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