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Marco Polo der Besessene 1

Marco Polo der Besessene 1

Titel: Marco Polo der Besessene 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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befehlen, ins ferne Unbekannte zu ziehen, bloß um der Laune eines heidnischen Barbaren zu willfahren?«
    »Kommt, kommt, Teo«, ließ der Prinz sich abermals vernehmen. »Ich glaube, wir haben mehr Priester in unserem Gefolge als kämpfende Ritter. Für einen so guten Zweck können wir doch zweifellos einige vo n ihnen entbehren.«
    »Falls es wirklich ein guter Zweck ist, Euer Gnaden«, sagte der Archidiakon und funkelte uns an. »Vergeßt nicht, der Vorschlag kommt von Venezianern. Auch handelt es sich nicht um den ersten Vorschlag dieser Art. Vor einigen zwanzig Jahren sind die Mongolen schon einmal mit einem ähnlichen Ansinnen an uns herangetreten, damals direkt in Rom. Einer ihrer Khane -Kuyuk hieß er, ein Vetter dieses Kubilai -hat einen Brief an Papst Innozenz geschickt und gebeten -nein: befohlen -Seine Heiligkeit und sämtliche Herrscher des Westens sollten geschlossen zu ihm kommen, sich ihm unterwerfen und ihm huldigen. Selbstverständlich hat man das ignoriert. Doch da seht Ihr, was für Einladungen die Mongolen aussprechen, und wenn so etwas über einen venezianischen Mittelsmann kommt...«
    »Verachtet unser Herkommen, wenn es Euch beliebt«, fiel mein Vater ihm immer noch gleichmütig in die Rede. »Gäbe es kein Fehl in der Welt, könnte es kein Verzeihen geben. Aber bitte, Ehrwürden, vertut nicht diese Gelegenheit, bloß weil Ihr uns verachtet. Der Khakhan Kubilai verlangt nicht anderes, als daß Eure Priester kommen und ihre Religion verkündigen. Ich habe das schriftliche Ersuchen des Khans dabei, geschrieben nach
    dem Diktat des Khans von einem seiner Schreiber. Ehrwürden
     
    sind imstande, Farsi zu lesen?«
    »Nein«, sagte Visconti und stieß noch ein verzweifeltes
    Schnauben aus. »Dazu bedarf es eines Dolmetschs.« Er zuckte
    mit den schmalen Schultern. »Sehr wohl. Ziehen wir uns in
    einen anderen Raum zurück; dort kann mir der Brief dann
    vorgelesen werden. Wir brauchen die Zeit von Euer Gnaden
    nicht zu verschwenden.«
     
    So vertagten er und mein Vater ihre Besprechung. Prinz
    Edward und Prinzessin Eleanor blieben noch etwas, um sich
    mit mir und Onkel Mafio zu unterhalten, und es war, als wollten
    sie uns damit für das schlechte Betragen des Archidiakons
    entschädigen. Die Prinzessin sagte: »Könnt Ihr Farsi lesen,
    junger Marco?«
     
    »Nein, meine Dame -Eure Königliche Hoheit. Diese Sprache
    wird mit den Krakeln des arabischen Alphabets geschrieben,
    also in der Wurmschrift, und aus der werde ich nicht schlau.«
     
    »Ob Ihr es lesen könnt oder nicht«, sagte der Prinz, »Ihr tätet
    gut daran, Farsi sprechen zu lernen, wenn Ihr gen Osten zieht.
    Farsi ist die Handelssprache, die man überall im Osten
    versteht. Genauso wie Sabir im Mittelmeerraum.«
     
    Die Prinzessin fragte meinen Onkel: »Und wohin zieht Ihr von
     
    hier aus, Monsieur Polo?«
    »Sofern wir die Priester bekommen, die wir haben möchten,
    Königliche Hoheit, werden wir sie an den Hof des Khakhan
    Kubilai bringen. Was bedeutet, daß wir irgendwie am
    sarazenischen Binnenland vorbeikommen müssen.«
     
    »Ach, die Priester solltet Ihr bekommen«, meinte Prinz Edward.
    »Nonnen könntet Ihr wahrscheinlich auch haben, wenn Ihr
    wolltet, Teo wird nur allzu froh sein, sie allesamt loszusein,
    denn sie sind die Ursache seiner ganzen schlechten Laune.
    Laßt Euch nicht durch sein Benehmen ins Bockshorn jagen.
    Teo stammt aus Piacenza, folglich kann seine Haltung
    gegenüber Venedig Euch kaum erstaunen. Außerdem ist er
    aber ein gottesfürchtiger, frommer alter Herr und unbeugsam in
    seiner Mißbilligung der Sünde. Infolgedessen ist er, selbst gut
     
    gelaunt, immer noch eine Prüfung für uns gewöhnliche
     
    Sterbliche.«
    Ich sagte voller Ungeduld: »Ich hatte gehofft, mein Vater würde
    ebenso schlechtgelaunte Widerworte geben.«
     
    »Euer Vater ist vermutlich klüger, als Ihr es seid«, sagte
    Prinzessin Eleanor. »Es geht das Gerücht, daß Teobaldo der
    nächste Papst sein wird.«
     
    »Was?« entfuhr es mir dermaßen überrascht, daß ich sogar
    vergaß, sie mit dem ihr gebührenden Titel anzureden. »Aber er
    hat doch gerade eben gesagt, er sei nicht einmal geweihter
    Priester!«
     
    »Er ist aber auch ein sehr alter Mann«, sagte sie. »Und das
    scheint seine Hauptempfehlung für das höchste Amt zu sein. Im
    Konklave ist es zu einem Stillstand gekommen, weil wie üblich
    jede Gruppierung ihren Lieblingskandidaten hat. Die Laien
    erheben ihre Stimme und wollen einen Papst haben.

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