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Marco Polo der Besessene 1

Marco Polo der Besessene 1

Titel: Marco Polo der Besessene 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Visconti
    wäre für sie zumindest akzeptabel -und den Kardinalen
    desgleichen. Sollte es innerhalb des Konklaves zu keiner
    Entwicklung kommen, wird erwartet, daß Teobaldo gewählt
    wird, eben weil er alt ist. Auf diese Weise gibt es dann in Rom
    einen Papst -nur nicht für lange. Nur eben so lange, wie es
    braucht, daß die einzelnen Gruppierungen ihre geheimen
    Manöver und Ränke durchführen, um sich darüber zu einigen,
    welcher Lieblingskandidat die Bienenkorb-Tiara tragen soll,
    wenn unser Visconti darunter stirbt.«
     
    Boshaft sagte Prinz Edward: »Und soviel ist gewiß: Teo wird
    bald einen Schlaganfall bekommen und sterben, wenn er
    feststellt, daß Rom auch nur annähernd so ist wie Lüttich oder
    Acre -oder Venedig.«
     
    Lächelnd sagte mein Onkel: »Also ein Sündenbabel, wollt Ihr
     
    damit sagen?«
    »Ja. Und deshalb werdet Ihr meiner Meinung nach Eure
    Priester bekommen. Euch gegenüber mag Visconti den Polterer
    spielen, aber er wird nicht traurig sein, die Priester in weite
    Ferne ziehen zu sehen -sehr weit weg von ihm. Sämtliche
    Mönchsorden haben hier Niederlassungen, damit sie den
     
    Bedürfnissen der Kämpfer gerecht werden -allerdings legen sie ihre Pflichten recht großzügig aus. Neben ihren Aufgaben als Krankenpfleger, die Spitäler unterhalten, und ihren seelsorgerischen Pflichten, leisten sie einige Dienste, die ihren heiligen Ordensgründern bestimmt nicht gefallen würden. Ihr könnt Euch gewiß vorstellen, welche ihrer Bedürfnisse die Karmeliterinnen und Ciarissen befriedigen -und zwar auf höchst einträgliche Art. Mönche und Brüder hingegen werden dadurch reich, daß sie - was gegen das Gesetz ist - Handel mit den Einheimischen treiben und sogar die Vorräte und Arzneien verhökern, die ihren Klöstern von den gutherzigen Christen daheim in Europa gespendet worden sind. Außerdem verkaufen die Priester Nachlaß und treiben Handel mit absurdem Aberglauben. Habt Ihr so etwas wie dies hier schon mal gesehen?«
    Mit diesen Worten zog er ein Stück violettes Papier aus der Tasche und reichte es Onkel Mafio, der es auseinanderfaltete und laut vorlas:
    »Weihe, ja, heilige dies Papier, o Gott, damit es die Arbeit des Teufels zunichte mache. Wer dies mit heiligen Worten beschriebene Papier mit sich herumträgt, soll befreit sein von den Heimsuchungen Satans.«
    »Männer, die in den Kampf ziehen sollen, bilden für derlei Schmierereien einen aufnahmebereiten Markt«, sagte der Prinz trocken. »Und zwar die Männer auf beiden Seiten, denn für die Muslims ist Satan genauso sehr der Feind wie für uns Christen. Für einen englischen Silbergrot oder für einen arabischen Dinar sind alle Priester bereit, eine Wunde mit Weihwasser zu behandeln. Und zwar die Wunde eines jeden, gleichgültig, ob es sich bei der Wunde um eine Schwertwunde handelt oder um die Folge einer venerischen Krankheit. Letzteres ist übrigens häufiger der Fall.«
    »Seid froh, daß Ihr bald aus Acre hinauskommt«, sagte die
    Prinzessin aufseufzend. »Wenn wir das nur könnten.« Onkel Mafio dankte ihnen für die Audienz; dann verabschiedeten wir uns. Er sagte, er kehre zurück in unseren
    khane, da ihm daran gelegen sei, Genaueres darüber zu erfahren, welche Mengen von dem mumum-Salböl zu haben seien. Ich für mein Teil machte mich auf, ein wenig durch die Stadt zu streifen. Ich hoffte, dabei die ersten paar Worte Farsi zu hören und sie mir einzuprägen, wie Prinz Edward mir empfohlen hatte. Wie der Zufall es wollte, lernte ich dabei einige kennen, die vielleicht nicht die Billigung des Prinzen gefunden hätten.
    Ich schloß mich drei Jungen etwa meines Alters an, die Ibrahim, Daud und Naser hießen. Sie kannten zwar nur ein paar Brocken Sabir, doch konnten wir uns verständigen -das schaffen Jungen wohl immer -, in diesem Falle mit Hilfe von Gesten und Grimassen. Zusammen durchstreiften wir die Stadt, wobei ich bald auf dieses, bald auf jenes zeigte und die Bezeichnung nannte, die ich dafür kannte, entweder auf sabir oder auf venezianisch, um dann zu fragen: »Farsi?«, woraufhin sie mir die Bezeichnung in eben dieser Sprache nannten, wobei sie sich manchmal erst untereinander einig werden mußten. Auf diese Weise erfuhr ich, daß ein Händler, Kaufmann oder Verkäufer ein khaja ist und alle kleinen Jungen ashbal oder ›Löwenjunges‹ genannt werden, alle kleinen Mädchen zahamt oder ›Kleine Blume‹, ein Pistazienkern fistuk, ein Kamel shutur und so weiter: Farsiwörter, die mir überall auf meinen

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