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Marco Polo der Besessene 1

Marco Polo der Besessene 1

Titel: Marco Polo der Besessene 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Armenier es wagen kann, mit ihnen zu handeln. Araber würden Euch nur betrügen, daß Ihr hinterher nackt dastündet. Aber die Armenier ziehen Euch auch noch das Fell über die Ohren.«
    »Dasjenige, was wir vor allem brauchen, sind Reittiere«, sagte
    mein Onkel. »Die können uns und unser Gepäck tragen.« »Dann schlage ich Pferde vor«, sagte Arpad. »Kann sein, daß Ihr sie später gegen Kamele eintauschen wollt, wenn es gilt, die Wüste zu durchqueren. Da jedoch Euer nächstes Ziel Baghdad heißt und die Reise dorthin nicht sonderlich beschwerlich ist, sind Pferde schneller und überdies viel leichter zu behandeln als Kamele. Maultiere wären womöglich noch besser, aber ich bezweifle, daß Ihr bereit wäret, die Preise zu bezahlen, die für Maultiere gefordert werden.«
    In einem großen Teil des Orients wie ja auch Europas ist das sanfte, umgängliche und kluge Maultier das bevorzugte Reittier von hochgestellten -das heißt: reichen -Herren und Damen; deshalb fordern die Maultierzüchter, ohne zu erröten, ungeheuerliche Beträge für ihre Tiere. Mein Vater und mein Onkel pflichteten Arpads Meinung bei, daß sie keine Lust hätten, solche Preise zu bezahlen; infolgedessen müßten wir uns mit Pferden begnügen.
    Wir suchten daher etliche mit Seilen abgetrennte Pferche auf, die am Rande des bazär aufgeschlagen worden waren und wo man alle möglichen Reit-und Packtiere erstehen konnte: Maulesel, Esel, Pferde aller Rassen, von den köstlichen Arabern bis zu den schwersten Zugpferden, und außerdem Kamele und ihre Vettern, die schlanken Dromedare zum Reiten. Nachdem wir uns viele Pferde angesehen hatten, einigten sich mein Vater, mein Onkel und der Palastverwalter auf fünf -zwei Wallache und drei Stuten -, die gut gewachsen waren und schön aussahen; nicht so schwer wie Zugtiere, aber auch bei weitem nicht so elegant wie die feingliedrigen Araber.
    Fünf Pferde zu erstehen bedeutete, fünfmal um den Preis zu feilschen, und so wurde ich im bazär von Suvediye zum ersten Mal Zeuge jenes Verfahrens, dessen ich später von Herzen überdrüssig wurde, da ich es in jedem orientalischen Basar über mich mußte ergehen lassen. Ich meine damit jene absonderliche orientalische Art, einen Handel abzuschließen. Wiewohl Palastverwalter Arpad sich diesmal freundlicherweise erboten hatte, es für uns zu tun, war es eine ausgedehnte,
    überaus langwierige Angelegenheit. Arpad und der Pferdehändler streckten einer dem anderen die Hand entgegen und ließen diese Hände unter den weiten Ärmeln ihrer Gewänder verschwinden, damit keiner, der zuschaute, sie sah; denn in jedem Basar gibt es tausend müßige Gaffer, die nichts Besseres zu tun haben, als andere Leute beim Abschließen eines Handels zu beobachten. Dann wackelten Arpad und der Händler mit der Hand und schlugen sie gegeneinander; auf diese Weise gab der Händler Arpad zu verstehen, welchen Preis er haben wolle, und Arpad dem Händler, welchen Preis er zu zahlen bereit sei. Wiewohl ich die Zeichen erlernte und mich ihrer auch heute noch entsinne, möchte ich sie hier nicht in ihrer ganzen Kompliziertheit beschreiben. Möge es genügen zu sagen, daß einer der Männer erst die Hand des anderen berührt, um anzudeuten, daß es beim Handel grundsätzlich um Summen unter zehn Zahlungseinheiten geht oder um Zehner oder gar um Hunderter; berührt er die Hand dreimal, so bedeutet das entweder drei, dreißig oder dreihundert. Und so weiter. Dies System erlaubt sogar Bruchteile, ja sogar unterschiedliche Werte anzugeben, wenn Käufer und Händler in verschiedenen Währungen, sagen wir Dinaren und Dukaten, handeln müssen.
    Durch Handberührungen gab der Pferdehändler zu verstehen, daß er nach und nach mit dem Preis herunterging, wohingegen Arpad das ursprüngliche Angebot erhöhte. Auf diese Weise arbeiteten sie sich mühselig durch sämtliche annehmbaren Preise und halsabschneiderischen Forderungen hindurch, die man sich vorstellen kann. Im Orient haben die verschiedenen Arten von Preisen sogar eigene Bezeichnungen. Da gibt es den großen Preis, den kleinen Preis, den Stadtpreis, den schönen Preis, den festen Preis, den guten Preis -und viele andere mehr. Nachdem die beiden für das erste Pferd zu einem beiderseitig annehmbaren Preis gekommen waren, mußten sie die Prozedur für jedes weitere der vier anderen Pferde wiederholen, und jedesmal mußte der Verwalter sich zwischendurch mit uns beraten, um weder seine Autorität noch
    unsere Börse überzubewerten. Eine jede

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