Marcos Verlangen
nachlässig die Schultern. „Du wirst dich schon damit zurecht finden und falls nicht, die Telefonnummer eines Bekannten liegt dabei, der kennt sich mit so was aus. Der Drucker dazu steht übrigens dort drüben!“
Sie folgte seinem Blick zu einem kleinen Tischchen an der Wand.
„Ich danke dir!“ Sie war verlegen. „Mal sehen, ich habe zwar nicht mit der neuesten Generation gearbeitet, aber wenigstens in Sachen Technik hatte mein Vater einen modernen Geschmack. Vielleicht finde ich mich ja auch ohne Nachhilfe zurecht. – Abgesehen davon“, nun lachte sie verschmitzt, „ist er auch rein optisch schon mal nicht zu verachten.“
„Darauf habe ich tatsächlich besonderen Wert gelegt“, bestätigte er schmunzelnd. „Schließlich soll dir auch gefallen, womit du künftig viel Zeit verbringen wirst.“
Sie sah sich lachend um. „Auch dieses Ambiente gefällt mir – kann ich zum Arbeiten hier bleiben? Es wäre praktisch, da ja viele deiner Stücke ohnehin hier oben lagern.“
Marco nickte zustimmend. „Unter einer Bedingung.“
„Welche wäre das?“ Sie riss alarmiert die Augen auf.
„Dass du nicht jetzt sofort damit anfängst, sondern mir diesen Nachmittag schenkst. Und abends sind wir zum Essen bei Renata und Gino eingeladen.“
Ella lachte befreit auf. „Ich hatte schon etwas Schlimmeres befürchtet. Dass ich vorher eine Aufnahmeprüfung bestehen muss, zum Beispiel. Oder dass ich dir auswendig die Geburtsdaten von vierundvierzig noch lebenden Malern nennen muss.“
„Gibt es denn so viele überhaupt?“, scherzte er.
Wieder lachte sie herzhaft. „Du kannst getrost noch einige Nullen daran hängen. Ich habe manchmal das Gefühl, jeder malt irgendwie und irgendwas.“
„So schlimm?“
„Naja – schlimm nicht, aber es sind natürlich auch viele darunter, die ziemlich talentfrei sind. Es kamen ja auch immer wieder Künstler zu uns in dem Laden und haben ihre Werke angeboten. Das eine oder andere wäre manchmal schon dabei gewesen, aber mein Vater war da eher konservativ.“
„Wenn dir etwas auffallen sollte, was dich interessiert, sag mir Bescheid. Vielleicht können wir ja ein junges Talent fördern.“ Er streckte die Hand nach ihr aus. „Nun komm aber, ich möchte dich noch ein wenig für mich haben, ehe wir zum Essen hinüber gehen.“
Ella schloss sorgfältig den Reißverschluss der Tasche und folgte ihm ins Treppenhaus. Während sie nebeneinander her nach unten gingen, fiel Marco offensichtlich etwas ein. Er blieb kurz stehen und wandte sich zu ihr.
„Sag mal – was hältst du davon, zu studieren?“
Ella starrte ihn an, als hätte er ihr angeboten, fliegen zu lernen.
„ Was ?“
„Ein Studium. Kunstgeschichte zum Beispiel. Oder auch Malerei. Ich kann mich erkundigen, welche Voraussetzungen nötig sind und ob du dich auch als Gasthörerin einschreiben kannst. Wäre das nicht interessant? Du könntest dir im Lauf der Zeit auf diese Weise theoretische Grundlagen erarbeiten, die dir dann bei deiner weiteren Arbeit bestimmt nützen werden.“
Er war von der Idee so offensichtlich begeistert, dass Ella es vorzog, ihm ihre Bedenken zu verschweigen. Allerdings entging es ihm nicht, dass sie mit einem Mal sehr wortkarg geworden war, doch er sagte nichts. Erst als sie das Haus verlassen und es sich auf der Terrasse gemütlich gemacht hatten, nahm er den Faden wieder auf.
„Ella – was spricht dagegen?“
Sie sah ihn irritiert an. „Wogegen?“, wich sie aus.
„Du spielst auf Zeit“, mahnte er, „du weißt genau, wovon ich spreche.“
Errötend sah sie an ihm vorbei in den Garten. Sie wusste, wovon er sprach, doch der Gedanke verursachte ihr Unbehagen. „Bin ich dafür nicht schon zu alt?“, gab sie lahm zu bedenken. „Was soll ich an einer Uni? Wahrscheinlich wäre ich heillos überfordert und würde dich nur blamieren.“
„Unsinn!“, entfuhr es ihm heftig. „Du solltest dich mal hören! Wer hat dir denn so einen Quatsch eingeredet? Wieso solltest du mich blamieren? Und außerdem bin ich weder dein Vater noch dein Erziehungsberechtigter – ich bin dein Liebhaber, du kannst mich gar nicht blamieren.“
„Du bist auch mein Arbeitgeber – seit Neuestem“, gab sie zu bedenken. „Und als solcher hast du ein Anrecht auf einwandfreie Leistung für dein Geld.“
„Argumentierst du jetzt für oder gegen ein Studium?“, er grinste breit und Ella erkannte ihren Denkfehler. „Das ist nur ein Grund mehr, es ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Ich muss darüber
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