Marcos Verlangen
Betrachter schon ein leichtes Kribbeln verursachen konnte.
Faszinierend waren in diesem Fall auch die vagen Informationen über den Künstler selbst. Das hörte sich aufregend geheimnisvoll an. Die Aussicht auf eine interessante Geschichte entlockte Ella einen Seufzer.
„Wenn dir langweilig ist, Schatz, dann geh doch einen Kaffee trinken“, schlug Marco vor, der ihr Schnaufen bemerkt und falsch interpretiert hatte. „Oder kauf dir einstweilen was Schönes, wenn dir danach ist. Du brauchst doch bestimmt noch eine Handtasche oder ein paar Schuhe, nicht? Lass uns Männer hier inzwischen Geschäfte machen. Ich hol dich dann in der Bar nebenan ab, ist das okay?“
„Liebling“, sie schenkte ihm ein betörendes Lächeln, „ich glaube, du verwechselst mich da mit jemandem, den du vielleicht früher mal kanntest! Ich habe schon mehr Handtaschen und Schuhe, als ich brauche und seufze nur deshalb, weil ich liebend gern das Mädchen kennen lernen würde, das einen so einladenden Körper hat.“
Barone blieb der Mund offen stehen. Dass Mingoni sich solche Töne gefallen ließ, machte seine Verblüffung perfekt, denn es kam keineswegs die von ihm erwartete Reaktion.
„Ah ja, da hast du recht. Außerdem kannst du von ihr in Sachen Pose sogar noch was lernen“, sie tauschten auf diese Äußerung hin einen tiefen Blick. Er grinste in sich hinein und auch sie wusste diese Anspielung offensichtlich einzuordnen.
„Kommen Sie, Barone, wir müssen das Geschäft unbedingt mit einem guten Glas feiern! Leider hab ich nicht viel Zeit, der nächste Termin wartet schon, aber ein Schluck muss sein.“
Sie gingen über die Straße in die Bar. Viele seiner Geschäfte hatte der versierte Galerist hier schon perfekt gemacht, bei einem oder mehreren Gläschen. Der Inhaber konnte ihm eigentlich schon Provision dafür zahlen. Er schmunzelte in sich hinein.
Die Art, wie Ella mit dem Professor umging, überraschte ihn. So wie es ihn überhaupt überrascht hatte, mit einer Frau an dessen Seite konfrontiert zu werden. Er kannte Mingoni seit Jahren und nie hatte er ihn auch nur ein einziges Mal mit einer Frau zusammen bei öffentlichen Veranstaltungen gesehen. Es gab daher genügend Stimmen, die darüber spekulierten, ob der schöne Philosoph etwa homosexuell sei, denn auch wenn er meistens von einer Traube weiblicher Fans umringt war, sah man ihn nie mit einer von ihnen gehen. Selbst die sonst immer bestens informierte Lokalpresse wusste diesbezüglich nichts über ihn zu berichten, was sehr irritierend war.
Sie war erstaunlicherweise kein junges Ding mehr, er schätzte sie auf Anfang dreißig, vielleicht ein, zwei Jahre hin oder her, das konnte er nicht so genau sagen. Sie trug ein leichtes, sommerliches Make-up und war gut, aber nicht übertrieben kostspielig gekleidet. So stellte er sich eine Dame der heutigen, jungen Generation vor. Und sie war ganz eindeutig hochintelligent. Ihr wacher, intensiver Blick schien mehr zu sehen, als nur die Oberfläche der Dinge und dass sie sehr schlagfertig war, hatte er sehr zu seinem Vergnügen ja nun auch schon erleben dürfen.
Sie setzten sich an einen freien Ecktisch und Marco bestellte eine Flasche Champagner.
„Was ist das eigentlich für eine komische Geschichte mit diesem Maler?“, griff sie das Thema von vorher auf, „wie ist das möglich, dass man ihn nicht ausfindig machen kann? Hat er denn keinen Agenten oder Galeristen, der Auskunft geben könnte?“
Barone ließ sich nur zu gerne auf das Thema ein. Erstens gefiel es ihm selber und zweitens machte es ihm großes Vergnügen, sich mit dieser jungen Frau zu unterhalten, die auf angenehme Art weder auf den Kopf noch auf den Mund gefallen war.
„Er hatte schon einen Galeristen, aber das war ein älterer Herr aus Venedig, der vor ein paar Jahren überraschend verstorben ist. In seinem Nachlass fanden sich noch ein paar Dantes, die auf den Auktionen horrende Preise erzielten, aber sonst war da nicht viel zu finden.“
„Keine Unterlagen, keine Anhaltspunkte? Er muss doch Buch geführt haben, was ist mit den ganzen Daten passiert?“
„Er war leider noch ein Unikat alter Prägung. Er hatte weder einen Computer noch sonst irgendwelche Technik. Sein einziges Zugeständnis ans einundzwanzigste Jahrhundert war ein Telefon. Alle Daten, die es gab, sind mit ihm dahingegangen.“
„Dass es so was heutzutage überhaupt noch gibt!“ Mingoni machte noch immer einen geistesabwesenden Eindruck. „Sie sagen damit also, dass es schwierig
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