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Marcos Verlangen

Marcos Verlangen

Titel: Marcos Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Gambrinus
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werden könnte, noch den einen oder anderen weiteren Dante aufzutreiben, verstehe ich Sie richtig?“
    „Ziemlich schwierig sogar. Um nicht zu sagen, unmöglich.“
    „Erzählen Sie doch einfach mal von Anfang an, ja?“, bat Ella sachlich. „Ich hätte zu gerne gewusst, wie diese Hysterie um die geheimnisvollen Dantes eigentlich entstanden ist.“
    Der Galerist ließ sich nicht zweimal bitten. Er war völlig in seinem Element.
    „Angefangen hat es erst vor ungefähr zwölf Jahren, als bei einem Wettbewerb ein Beitrag anonym eingereicht wurde und Furore machte. Der Künstler nannte sich Dante und keiner wusste etwas von ihm. Er gewann sofort den ersten Preis und eben dieser alte Venezianer, der auf Anhieb das Talent erkannte, nahm ihn unter seine Fittiche. Bei der ersten Einzelausstellung wurde noch am Abend der Vernissage über die Hälfte aller Bilder verkauft. Dante war auch hier nicht in Erscheinung getreten und der Venezianer schottete ihn weiterhin vollkommen von der Außenwelt ab und ließ ihn bei keiner seiner Ausstellungen erscheinen, stellte ihn nirgendwo vor und niemand bekam ihn zu Gesicht.“
    „Hat sich Dante denn nicht gegen diese Form der Bevormundung gewehrt?“
    „Anscheinend nicht. Der Venezianer behauptete immer, dass Dante selber darauf bestand, seine Anonymität zu wahren und da er nie irgendwo auftauchte, konnte man das ja schließlich auch nicht überprüfen.“
    „Ist denn überhaupt gesichert, dass er existiert?“ Mingoni schien aus seinen Gedanken zu erwachen und beteiligte sich nun lebhafter am Gespräch. „Er könnte schließlich auch von diesem Galeristen erfunden worden sein.“
    „Die Möglichkeit hat die Kunstwelt natürlich auch diskutiert, aber es gab immerhin telefonische Kontakte zu verschiedenen anderen Galerien, auch im Ausland, und die Stimme und Sprechweise waren eindeutig nicht die des Venezianers. Und vor allen Dingen – wer malte dann diese unglaublich ätherischen, göttlichen Akte?“
    „Ein Geistermaler also“, warf sie ein. „Die Buchläden sind ja schließlich auch voll von Büchern, die nicht die geschrieben haben, die auf dem Umschlag stehen.“
    „Ja, ein Geist ist er tatsächlich irgendwie auch geblieben. Wie dem auch sei, die Sammler und Galeristen in ganz Italien wurden auf ihn aufmerksam und in Windeseile auch die im Rest Europas. Und je mehr Dante sich weigerte, öffentlich aufzutreten, umso mehr Interesse hatte der Kunstmarkt an seinen Bildern. Er war nicht sehr produktiv, seine Technik ließ das nicht zu, er schaffte vielleicht zwei oder drei Bilder im Monat, aber die waren ungesehen schon vorbestellt und verkauft, ehe noch die Farbe ganz trocken war.“
    „Ist doch eigentlich die beste Verkaufsstrategie, die ich seit langem gehört habe, findest du nicht?“, wandte sie sich an Mingoni. „Mach dein Produkt rar und halte den Markt klein, schon steigen die Preise.“
    Er sah sie an und schenkte ihr ein warmes Lächeln.
    „Wenn das nur überall so gut funktionieren würde!“
    Sie erwiderte sein Lächeln und einen Moment lang fühlte Barone sich unbehaglich in ihrer Gegenwart. Zuviel Romantik, fand er, das passte so gar nicht zu dem nüchternen, intellektuellen Hochschuldekan! Mit dieser Frau konnte ganz eindeutig etwas nicht stimmen.
    Er räusperte sich und das half.
    Mingoni warf einen Blick auf seine Uhr und erhob sich abrupt.
    „Zu spät für weitere Geschichten“, verkündete er knapp, „ich muss los – ciao tesoro, wir sehen uns heute Abend.“
    Und an Barone gewandt: „Wir sind uns also einig, dass Sie das Bild für mich restaurieren lassen und es mir dann zustellen, okay?“
    „Wie üblich, kein Problem, professore! Danke für ihr Vertrauen“, er erhob sich kurz und die beiden Männer schüttelten sich die Hände.
    Damit waren sie nur noch zu zweit.
    Cristoforo fixierte sein Gegenüber, sie erwiderte seinen Blick ruhig und gelassen.
    „Möchten Sie mir noch ein bisschen über Dante erzählen?“, fragte sie, „oder wollen Sie mich lieber das fragen, was Ihnen schon länger unter den Nägeln brennt?“
    Verblüfft hielt er die Luft an. Konnte sie Gedanken lesen?
    Ein feines Lächeln spielte um ihren schönen, vollen Mund und ihre großen Augen schienen tief in ihn hineinzusehen. Er fand sie unheimlich anziehend, ja mehr als das, nach seiner körperlichen Reaktion auf ihren intensiven Blick zu schließen. Verlegen schlug er die Beine übereinander und bekämpfte entschlossen diese unpassende Anwandlung. Er begann zu verstehen,

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