Marcus Gladiator 02 - Strassenkämpfer
herauskäme, dass Marcus tatsächlich der Sohn des meistgehassten und gefährlichsten Sklaven im ganzen Römischen Reich war. Genauso würde es ihnen ergehen, wenn sein neuer Herr, Caesar, je den Namen seines wahren Vaters herausfinden sollte. Spartakus war der Feind aller Römer.
Marcus seufzte wieder, diesmal über die scheinbar ausweglose Situation, die ihn zutiefst niedergeschlagen machte. Er musste herausfinden, wie er Livia helfen konnte, ohne seine wahre Identität preiszugeben. Und zwar schnell …
»Verfluchter Brixus!«, murmelte er wütend, als er in das innere Atrium des Hauses trat, wo ein kleiner, flacher Teich von einem Säulengang gesäumt war. Marcus starrte auf die Steinplatten hinunter und war tief in Gedanken versunken, während er um den Teich schritt.
»Brixus? Wer ist dieser Brixus, der meinen Retter und persönlichen Leibwächter so sehr aufbringt?«
Marcus blieb stehen und schaute sich erschrocken um – er hätte Brixus’ Namen nicht laut aussprechen dürfen –, als hinter einer der Säulen eine schlanke Gestalt hervortrat. Es war Caesars Nichte Portia. Das Mädchen war nur wenige Jahre älter als Marcus, trug das hellbraune Haar in einem einfachen Pferdeschwanz zusammengefasst und schaute aus den gleichen durchdringenden braunen Augen wie sein Onkel. Man hatte Marcus erzählt, dass Portias Mutter bei der Geburt gestorben war und ihr Vater derzeit bei den Legionen in Spanien diente, sodass sie zu ihrem Onkel nach Rom gezogen war.
Marcus verneigte sich. »Guten Tag, Herrin Portia.«
Ein leichtes Runzeln trat auf ihre hohe Stirn. »Herrin? Musst du so förmlich mit mir sprechen?« Sie deutete mit einer ausladenden Handbewegung auf das Atrium. »Wir sind allein. Du kannst frei mit mir reden. Es hört uns niemand.«
Marcus schaute sich nach den Eingängen des Atriums um und sah, dass sie die Wahrheit sprach. Trotzdem senkte er die Stimme, als er ihr antwortete.
»Ich könnte ausgepeitscht werden, wenn ich Euch respektlos anspreche.«
»Aber ich halte es nicht für respektlos«, erwiderte Portia in sanftem Ton. »Ich möchte mit dir wie mit einem Freund sprechen, Marcus. Nicht wie mit einem Sklaven meines Onkels.«
Er starrte sie schweigend an. Seit seiner Ankunft hatte er nur bei einigen wenigen Gelegenheiten mit Portia gesprochen, und immer waren andere Mitglieder des Haushalts dabei gewesen. Portia hatte ihn damals in der Gladiatorenschule besucht, als er sich von den Verletzungen erholte, die er sich bei ihrer Rettung vor den Wölfen in der Arena der Gladiatorenschule zugezogen hatte. Sie war voller Dankbarkeit gewesen und er hatte mit einem herzlichen Willkommen in Rom gerechnet. Aber seit er hier angekommen war, schien Portia ihn mit derselben Gleichgültigkeit zu behandeln wie all die anderen Sklaven im Haushalt. Ihr verändertes Verhalten, das so verächtlich wie ihre Dankbarkeit groß gewesen war, hatte ihn zunächst verwirrt und verletzt.
Dann hatte man ihm nicht lange nach seiner Ankunft befohlen, den Boden in Portias Wohnquartier zu wischen. Bestürzt über den großen Unterschied zwischen seiner jämmerlichen Zelle und Portias bequemem Luxusleben, hatte er damals begriffen, wie weit ihre Welten voneinander entfernt waren. Während er noch ihre weichen Schlafpolster mit den kunstvoll gemusterten, gewebten Decken bewunderte, stand ihm die Kluft, zwischen seinem und ihrem Leben deutlich vor Augen, eine Kluft so weit wie der Ozean und ebenso gefährlich.
Während er ihre wunderbaren Möbel betrachtete – das Tischchen für ihre Duftwässer, ein Kästchen aus Ebenholz für ihren Schmuck und ein großes Regal, in dem Schriftrollen mit Gedichten und Geschichten und die Briefe ihres Vaters aufbewahrt wurden –, wurde ihm klar, dass in diesem Haushalt zwei völlig verschiedene Welten nebeneinander existierten.
Marcus war ein Sklave, und sein Herr konnte mit ihm machen, was er wollte. Wie konnte Caesars Nichte je die Freundin eines Sklavenjungen werden? Und Caesar war nicht einfach irgendein römischer Bürger. Seine Familie war eine der angesehensten in der Stadt, die ihren Stammbaum bis auf die Göttin Venus selbst zurückführte.
Also würde Caesar es überhaupt nicht schätzen, wenn er herausfand, dass ein Sklave mit seiner Nichte wie mit seinesgleichen sprach. Ein Herr konnte einen Sklaven für viel geringere Verfehlungen hinrichten lassen.
Nun schien sich Portia so zu verhalten, als gäbe es diesen Unterschied nicht. Marcus öffnete den Mund, während er um eine
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