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Marek-Miert 01 - Der dreizehnte Mann

Marek-Miert 01 - Der dreizehnte Mann

Titel: Marek-Miert 01 - Der dreizehnte Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Wieninger
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unterzubringen gewesen. Tote haben es nicht mehr besonders eilig - in gemächlichem Tempo hatte ich die Unfallabteilung des Harlander Krankenhauses angesteuert, wo den Leichnam zwei träge Abenddienstsanitäter auf eine fahrbare Bahre hievten und in irgendeine Kammer schoben.
    Ich machte es mir auf einem orangefarbenen, am Boden festgeschraubten Plastiksessel unbequem. Den ersten Schluck Kaffee rollte ich nach zehn Minuten noch immer von einem Mundwinkel zum anderen. Dann hörte ich eine junge Frauenstimme aus dem Untersuchungszimmer ziemlich energisch werden: „Tempo! Na, macht schon!“
    Es war dieselbe Stimme, die mir eine halbe Stunde später erklärte, daß Salek - oder das, was von ihm noch übrig war - zwar nur mehr eine Körpertemperatur von 29 Grad Celsius aufweise, aber ansonsten doch irgendwie den Lebenden zuzurechnen sei.
    Die energische Stimme gehörte einer knabenhaften, zierlichen Ärztin im giftgrünen Intensivdress, die mich zornig wie Gott ins Kreuzverhör nahm: „Wer sind Sie? Wo haben Sie ihn gefunden? Wie ist er bloß zu dieser Schädelbasisfraktur gekommen? Und erst der Knöchel? Was wissen Sie? Na, reden Sie schon!“
    „Sie verständigen besser die Polizei. Schon wegen dieses Kaffees hier, der wirklich kriminell ist.“
    „Und Sie bleiben besser hier, bis die Funkstreife da ist. Geben Sie mir Ihre Autoschlüssel.“
    „So viel Charme kann ich mich nicht verschließen“, sagte ich und gab sie ihr.
    Dann versuchte ich, mich auf dem Plastiksessel wie ein Katze einzurollen und zu schlafen.

XXI
    Zu meiner Einladung auf einen Pappbecher des vorzüglichen Spitalkaffees mit dem vollen Aroma hatte Oberleutnant Gabloner nur trocken geschnaubt. Mit wirrer Junggesellenfrisur und fernsehroten Augen war er anstelle der Funkstreife in der unfallchirurgischen Ambulanz erschienen und sofort im dortigen Behandlungsraum verschwunden. Wenn Gabloner einen Astralleib hatte, dann war er ein dünner, gereizter Strich.
    Als er nach zwei Minuten wie ein übelgelaunter Nerone wieder in den Warteraum wirbelte, wollte er noch immer keinen Kaffee, sondern mich. Wie ein Bagger baute er sich vor mir auf, mit geblähten Nüstern und in die Seiten gestemmten Armen. Derlei Scherze lernt man in der Polizeischule im ersten Semester.
    „Ich war heute bei Saleks Bank, mein Bester. Der Mann hat gar kein Scheckheft, sondern nur eine Bankomatkarte!“ blaffte er mich an.
    „Anfängerbluff, mein Allerbester“, antwortete ich. „Es gibt über fünfzehn verschiedene Bankinstitute in dieser Stadt. Woher wollen Sie wissen, welche davon Saleks Hausbank ist?“
    „Von seinem eigenen Vorzimmerdrachen. Die Dame hat mir auch gesteckt, daß Sie ihn bloß um Geld angepumpt haben, von einem Auftrag weiß sie nichts - was halten Sie davon, eine Nacht in einer stickigen, schmierigen Acht-Quadratmeter-Zelle mit zwei Libanesen und vier Kurden zu verbringen?“ Eine höfliche, aber rhetorische Frage.
    „Ihre alte Phobie gegen alles, was keinen Gamsbart trägt?“
    „Ihre Späßchen werden Ihnen schon noch vergehen - wollen wir?“ fragte Gabloner.
    Da gab es nichts mehr zu wollen. Ich stand auf und trottete vor Gabloner aus der Ambulanz. Vor dem Gebäude fesselte er mir die Hände mit einer Eisenkette hinter den Rücken.
    „Wie geht es Salek?“ fragte ich, während er den Akt der Gefangennahme vollzog.
    „Ich habe den Tod auf seiner Bettkante sitzen gesehen“, antwortete Gabloner.
    „Haben Sie meine Autoschlüssel mit dabei?“
    „An Ihrer Stelle wäre das meine geringste Sorge, Miert“, sagte Gabloner und gab mir einen kräftigen Stoß in den Rücken, so daß ich vorwärts taumelte. Eine pummelige Hilfsschwester, die plötzlich auf dem Weg zur Portierloge vor uns aus der Dunkelheit aufgetaucht war, erschrak sichtlich, als ihr klar wurde, was meine Hände hinter dem Rücken und Gabloners Stoß bedeuteten.
    „Darf ich Ihnen Ihre Milz herausschneiden? Dr. Ripper mein Name, wertes Fräulein!“ meinte ich nonchalant zu ihr.
    Gabloner riß mir abrupt die Hände hinter dem Rücken nach oben, und der Pummel rannte davon.
    „Sie sind nicht besser als alle anderen“, keuchte der alte Oberleutnant.

XXII
    „Sie sind sich Ihrer Sache nicht sicher, nicht wahr?“
    Gabloner hatte den Vordereingang der Polizeidirektion und damit auch die rund um die Uhr besetzte Wache gemieden und mich durch die Tiefgarage ins Gebäude geschleust. In seinem Zimmer im zweiten Stock war niemand gewesen, kein zweiter Beamter, keine Stenotypistin für das

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