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Marek-Miert 01 - Der dreizehnte Mann

Marek-Miert 01 - Der dreizehnte Mann

Titel: Marek-Miert 01 - Der dreizehnte Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Wieninger
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arbeitslos, solange ich sie kannte. Deshalb hat sie auch vor zwei Monaten die Miete hier nicht mehr bezahlen können.“
    „Ein schweres Los hienieden.“
    „Nur manchmal ist sie putzen gegangen zu irgendwelchen Leuten, aber das ist mit den Jahren weniger geworden. Sie hat zwar jünger ausgesehen, als sie war, aber sie war alt, und man hat ihr nicht mehr so viel zugetraut.“
    „Bei wem hat sie denn gearbeitet?“
    „Das weiß ich nicht, aber es muß hier in der Gegend gewesen sein, weil sie ja kein Auto hatten, Emma und ihr Mann.“
    „Ihr Mann?“
    „Ein Ausländer, der ausgesehen hat wie ein Zauberer, aber in Wirklichkeit ganz nett war.“
    „Wie würden Sie Emma Holzapfel mit einem Wort charakterisieren?“
    „Sie hatte zwar ihre schwarzen Stunden, wo sie mitsamt ihrem Leben versank, aber in Wirklichkeit war sie tapfer, außergewöhnlich tapfer.“

XXVI
    Als ich in den Hof zurückkam, war mein Wagen von den Erde fressenden Kindern umringt. Voll ungläubigen Staunens starrten sie auf den Beifahrersitz, wo Oberleutnant Gabloner mit sperrangelweit offenem Mund und geblähten Nüstern wie ein Blasebalg schnarchte. Die mächtigen Atemzüge versetzten noch die Kühlerhaube in Vibration, und einige der Kinder sahen ihm fasziniert hinunter bis zu den Mandeln. Der schwarze Anzug, in dem er steckte, blähte sich wie ein Fesselballon.
    Ich stieg in den Wagen und schlug die Fahrertür des Granada so fest wie möglich zu. Der alte Polizist war sofort hellwach.
    „Sie sind ja eine enorme Attraktion.“
    „Da werfe ich mich extra in einen verflucht engen, schwarzen Anzug, und dann erscheint nur ein Meschuggener zum Begräbnis, mit dem ich sowieso gerechnet habe.“
    „Sie observieren mich mit einer glühroten Krawatte, und ich merke es nicht einmal.“
    „Bezüglich Ihres Ex-Klienten ist heute ein Schrieb aus dem Ministerium gekommen, daß ihn die Ungarn taxfrei übernehmen. Die Fremdenpolizei expediert ihn gerade nach Klingenbach.“
    Ich fragte mich, ob der alte Oberleutnant das en passant mitbekommen oder seine Augen überall hatte.
    „Normalerweise brauchen die Kollegen Monate, bis sie ein Land finden, das einen Staatenlosen geschenkt haben will.“
    „Diesmal ist es aber bedeutend schneller gegangen“, sagte ich langsam.
    „So etwas wird ganz oben gedeichselt. Ich könnte natürlich im Ministerium anfragen, wer hier ein bißchen an dem bewußten Rädchen gedreht hat, aber ein Oberleutnant aus der Provinz bekommt nur bis zu einer bestimmten Ebene Antworten.“
    „Und was ergibt sich für Sie aus all dem?“
    „Daß ich weiter in Ihrem Auto schlafen werde“, antwortete der alte Offizier und hatte auch schon die geröteten Augen zugeklappt.
    Ich drehte den Zündschlüssel herum. Das erste Motorengeräusch wurde bereits von leichtem Schnarchen übertönt.

XXVII
    Das Viertel rund um die Jahnstraße bestand aus Gründerzeitvillen, die eine große, längst zugrundegegangene Maschinenfabrik um die Jahrhundertwende für ihre leitenden Beamten und Direktoren errichtet hatte. Gartenflächen von der Größe mittlerer Fußballfelder, verwunschener Jugendstil, versnobter Historismus, Türmchen, Erker, Balustraden, schmiedeeiserner Efeu allenthalben. Wer hier wohnte, hatte es geschafft.
    J. Nowak hatte es bloß geschafft, sich Schwierigkeiten zuzuziehen, und trotzdem kam er meinem Granada aus einer Seitengasse entgegen. Ich gab sachte Gas und bog dann um den Block, um hinter den Fußgänger zu gelangen. Im Schrittempo gondelte ich einige Zeit hinter Nowak in Sichtweite her. Als der jedoch stehenblieb, um unvermutet sein Schuhband zu richten und sich verstohlen umzublicken, mußte auch ich anhalten.
    „Was ist denn?“ fuhr Oberleutnant Gabloner ungnädig aus dem Schlummer.
    „Mir ist speiübel. Wahrscheinlich noch von Ihrem verfluchten Büroschnaps.“ Wie ein frühpensionierter Burgschauspieler ließ ich mich auf das Lenkrad fallen und rülpste dünn.
    „Meinen Sie nicht, daß ich das Lenkrad übernehmen sollte?“
    „Geht schon.“
    „Ich bestehe aber darauf. Auch ohne Übelkeit sind Sie ein lausiger Fahrer.“
    Ich stieg ohne weitere Widerrede aus und markierte zitternde Knie. Als Gabloner sich hinter das Steuer gewuchtet hatte, sagte er: „Ich weiß zwar nicht, wer das war, den wir da verfolgt haben, aber er hat uns sicher bemerkt - wohin soll’s jetzt gehen?“
    „Da Sie ohnehin das Steuer und den ganzen Fall übernommen haben - was schlagen Sie vor?“

XXVIII
    Das Parteiheim, ein ehemaliges Wirtshaus,

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