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Marek-Miert 01 - Der dreizehnte Mann

Marek-Miert 01 - Der dreizehnte Mann

Titel: Marek-Miert 01 - Der dreizehnte Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Wieninger
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Wellen in einem Kinderplanschbecken hin und her. Er überlegte.
    Die Stirnen seiner Untergebenen blieben glatt wie Babypopos.
    „Warum sticht Sie plötzlich der Hafer? Was bearbeiten Sie für Salek?“
    „Einen Fall, der größer ist als Sie selbst, größer als die ganze Harlander Kriminalabteilung.“
    Ich ließ, weil es sich für Gabloner ohnehin von selbst verstand, unerwähnt, daß der Fall vielleicht auch für mich eine Nummer zu groß war.
    „Füsilierung von acht Gefangenen. Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach der Haager Landkriegsordnung. Verjährt praktisch nie.“
    „Paragraph 51, Absatz 1, StGB, ich weiß.“
    „Überlegen Sie, Gabloner: Sie sind über fünfzig und noch immer Oberleutnant.“
    „Wenn ich so einen Fall lösen könnte, ginge ich noch als Sicherheitsdirektor dieses Landes in Pension ...“, überlegte Gabloner.
    „Genau. Und weil Sie in diesem Fall auf mich angewiesen sind wie auf Klopapier in einem anderen Fall, jetzt bitte das Wunschkonzert.“
    Die beiden Schergen blickten ungläubig. Gabloner zögerte ein wenig, nickte dann aber fest und unwiderruflich mit seinem imposanten Stiernacken: „Meine Herren!”
    „Während Sie Ihren Spaß beim Musizieren haben, dürfen Sie die Dusche abstellen, meine Herren, und ein bißchen aufräumen. Das Abräumen ist Ihnen ja auch nicht sonderlich schwergefallen“, sagte ich.
    Die beiden Schergen bewegten sich nicht.
    „Befehl ist Befehl!“ brüllte mein ehemaliger Gruppenleiter plötzlich auf, „Wollt ihr beide wegen Insubordination vor eine Disziplinarkommission?“, was die beiden Paradearier urplötzlich in fröhlich pfeifende Raumpflegerinnen verwandelte.
    „Während Ihre beiden Putzen hier Roy Black verhunzen, sollten wir uns besser ins Wartezimmer zurückziehen, um noch ein Viertelstündchen zu plaudern“, machte ich in Konversation.
    Gabloners Gesicht wurde immer länger und röter.
    Im Wartezimmer bot ich ihm den mit Abstand unbequemsten Eichenstuhl an, den er aber leider ablehnte. Er hatte wohl beschlossen, die Schmach im Stehen zu ertragen.
    „Sagt Ihnen das Kennzeichen H*HAPPY 1 etwas?“ fragte ich.
    „Was soll das wieder? Wollen Sie mich veralbern? Das ist doch meine eigene Autonummer!“
    Die Mafia hatte immerhin Sinn für Humor.
    „Wo waren Sie vorgestern um achtzehn Uhr?“
    „Im Vorbereitungskomitee für den Polizeiball in den Stadtsälen. Tische aufstellen, Damenspenden sortieren und so. Zwanzig oder mehr Zeugen, wenn Sie wollen.“
    „Hat Sie Salek in den letzten Tagen angerufen? Wegen Knochenfunden vielleicht?“
    „Nein, warum fragen Sie das?“
    „Sie werden sich daran gewöhnen müssen, daß ich hier die Fragen stelle. Haben Sie Lust auf eine kleine Razzia?“
    „Nein. Aus dem Alter bin ich heraus.“
    „Sollten Sie aber. Heute noch. Eisnerstraße 119.“
    „Was ist dort?“
    „Nichts, nur ein Puff.“
    „Wonach soll ich suchen?“
    „Na ja, nach dem Üblichen.“
    „Also Huren aus der Dominikanischen Republik ohne Aufenthaltsgenehmigung, Schwarzgeld, Drogen, Waffen ... Hat das etwas mit unserem Fall zu tun?“
    „Indirekt schon.“
    „Sonst noch etwas?“
    „Ja. Ich möchte eine Kopie des Aktes der Verkehrspolizei über Emma Holzapfels Unfalltod.“
    „Hat das etwas mit unserem Fall zu tun?“
    „Direkt.“
    „Glauben Sie noch immer, daß ich damals der Maulwurf war?“
    „Ich weiß es nicht, Gabloner, ich weiß es wirklich nicht.

XIX
    Bewußtlos wie eine Kaulquappe vollbringt man mitunter das Entscheidende. Mit trübgalligem Hirn quetscht man sich durch den Geburtskanal, und einen Atemzug Gottes später hat man eine Frau, einen Mittelklassewagen und Schulden. Auch ich habe spätestens beim Militär gelernt, mehr oder weniger erfolgreich mit dem Rückenmark zu denken und zu handeln. Ich kann meine Entscheidungen daher fast immer begründen, aber kaum je ihren Ursprung klären. Vielleicht steuert uns ja die Bauspeicheldrüse. Ich weiß daher wirklich nicht, was mich nach Oberleutnant Gabloners Höflichkeitsbesuch noch dazu bewogen hat, zur Nordbrücke aufzubrechen.
    Als ich in den Wagen stieg, kroch die Dämmerung schon wie eine breitbauchige Kröte heran. Das Licht war schlammig und stach in die Augen. Die Luft war schwer von Wasserdampf, fieberte elektrisch und schmeckte leicht süßlich wie eine junge Hoffnung. Ich fuhr die Birkengasse mehrmals mit Vollgas hinauf und hinunter und stieß gelegentlich abrupt in Parklücken, um den Verkehr hinter dem Granada vorbeizulassen, aber es gab

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