Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
MargeritenEngel (German Edition)

MargeritenEngel (German Edition)

Titel: MargeritenEngel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karo Stein
Vom Netzwerk:
was Besseres vor? Ich könnte natürlich zu dir kommen, aber ich bin gerade zu faul, um mich zu bewegen. Das Baden hat mich so müde gemacht.« Er grinst. Ich sehe es ganz deutlich vor mir.
    »Okay, willst du vielleicht was trinken?«, nehme ich unser Spiel wieder auf.
    »Cola. Ist das einzige, was ich zu Hause habe.«
    »Dann trinken wir Cola.« Ich gehe in die Küche. Den Hörer halte ich die ganze Zeit an meinem Ohr. Eine Freisprecheinrichtung wäre nicht schlecht, aber leider besitzt das alte Ding so etwas nicht.
    Wir haben lange überlegt, ob wir uns überhaupt einen Festnetzanschluss zulegen, aber dann hat sich Kevin doch dafür entschieden. Allerdings stehen wir nicht im Telefonbuch. Unsere Nummer haben auch nur wenige Leute.
    »Was machst du denn so lange?«, fragt Rik und schreckt mich damit aus meinen Gedanken auf.
    »Ich hole die Cola«, antworte ich und gehe mit einem vollen Glas zurück.
    »Großartig«, ruft er, »dann kann es ja losgehen.« Ein klatschendes Geräusch dringt in mein Ohr.
    Ich starte den Film und lege mich so aufs Sofa, dass ich den Hörer am Ohr habe, es aber trotzdem bequem ist. Wir schweigen. Ich höre Riks Atem. Er sorgt für ein kribbeliges Gefühl in meinem Inneren. Trotzdem bin ich so entspannt, wie lange nicht mehr. Nur kurz denke ich an Kevin. Nur kurz meldet sich mein schlechtes Gewissen und fragt mich, was ich hier mache. Aber es verstummt, als ich dieses seltsame Rascheln höre.
    »Willst du ein paar Chips?«, fragt Rik. Er klingt, als wenn er den ganzen Mund mit den Dingern voll hätte. Ich kann ihn kaum verstehen.
    »Die machen fett«, brumme ich unbehaglich.
    »Aber nicht uns«, erwidert er kauend.
    »Mich schon«, murmle ich.
    »Bengt… hast du schon mal in den Spiegel geschaut? Du bist total dünn. Selbst mit ein paar Kilos mehr wärst du immer noch zu dünn.«
    »Das ist Blödsinn. Im Vergleich zu Kevin bin ich fett«, sage ich bestimmt. Ich mag nicht über dieses Thema reden.
    »Im Vergleich zu Kevin ist jeder fett«, brummt Rik.
    Ich sage nichts dazu. Ich will ihn nicht verärgern. Bis eben war es so schön, aber irgendwie schaffe ich es, jede Stimmung zu versauen .
    »Bist du noch da?«, fragt Rik nach einer Weile.
    Ich nicke, antworte aber nicht.
    »Bengt… ich kann dich hören, aber nicht sehen«, raunt er mir ins Ohr.
    »Kriege ich ein paar Chips?«, frage ich zögerlich.
    »Klar! Von mir aus kannst du die ganze Tüte haben«, erwidert er.
    Das Knistern wird lauter. Ich schmatze in den Hörer. Rik fängt an, zu lachen.
    »Ich liebe dieses Gespräch zwischen Vater und Sohn«, sagt er nach einer Weile.
    »Es war das Kindermädchen«, wiederhole ich, was Tom Hanks gerade gesagt hat. Ich versuche sogar, seinen Tonfall nachzuäffen.
    »Genau. Und jetzt ist seine Frau mit dem Kindermädchen durchgebrannt«, lacht Rik.
    »So kann's gehen«, murmle ich vor mich hin.
    Ich warte auf die Lieblingsstelle. Der Krankenbesuch mit dem großen Strauß Margeriten. Jedes Mal frage ich mich, wie es sich wohl anfühlen würde, wenn ich so einen Strauß geschenkt bekommen würde...
    »Ich mag diese Szene«, flüstert Rik.
    »Ich auch«, gebe ich mit pochendem Herzen zu.
     
    ***
     
    Nach dem Film haben wir uns dazu entschlossen, aufzulegen. Es hat noch eine halbe Stunde gedauert, ehe ich das Klacken in der Leitung gehört habe. Anscheinend wollte Rik das Gespräch auch nicht beenden.
    Ein bisschen ist es, als wenn ich auf einer Wolke schweben würde. Ich fühle mich so gut wie schon lange nicht mehr. Selbst die Tatsache, dass Kevin immer noch nicht zu Hause ist, beunruhigt mich nicht so sehr wie sonst.
    Rik hat mir das Versprechen abgerungen, am Mittwoch seinen Yoga-Kurs zu besuchen. Ich weiß gar nicht, wie er das geschafft hat, aber jetzt möchte ich auch hingehen. Yoga fand ich schon immer interessant, ich habe mich nur nie getraut, es auszuprobieren. Wenn es mir nicht gefällt oder wenn ich zu unsportlich dafür bin, habe ich es zumindest versucht. Ein ganz klein wenig freue ich mich sogar auf den Mittwoch.
    Ich werde mein Sportzeug mit zur Arbeit nehmen und... Sportzeug? Was denn für Sportzeug? Was zieht man denn da an?
    Ich gehe ins Schlafzimmer und betrachte unsicher meinen Kleiderschrank. Ich hoffe, ein Shirt und meine Laufhose reichen aus. Früher bin ich öfter joggen gewesen, aber das habe ich schon seit Monaten nicht mehr gemacht.
    Als ich die Hose allerdings in den Händen halte, spüre ich eine eigenartige Energie. Mein ganzer Körper scheint mit einem Mal unter Strom

Weitere Kostenlose Bücher