MargeritenEngel (German Edition)
ich für eine Kollegin einspringen muss. Sie ist schwanger und da gibt es wohl Komplikationen und keine Ahnung… Jedenfalls darf sie den Kurs nicht mehr machen. Leider gibt es außer mir niemanden, der ihren Kurs übernehmen kann und… Also, was ich damit sagen will: Wir tanzen heute Zumba.«
Schweigend starre ich die Tür zu Frau Schumanns Zimmer an, betrachte ein imaginäres Muster und versuche zu begreifen, was Rik mir gerade gesagt hat.
»Zumba?«, würge ich nach einer Weile heraus.
»Genau… meinen Yoga-Kurs übernimmt jemand anderes. Leider ist der, im Gegensatz zu mir, kein Zumba-Instructor. Du kannst natürlich trotzdem Yoga machen. Der Typ ist gut. Aber du könntest auch mit mir zum Zumba gehen. Das macht echt Spaß.« Vielleicht bilde ich mir das nur ein, aber seine Stimme klingt flehentlich und sorgt erneut für einen erhöhten Herzschlag bei mir.
»Zumba-Instructor?« Das Wort klingt genauso lächerlich, wie das Tanzen aussieht. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.
»Ja«, sagt Rik schlicht. Ich bin sicher, dass er meinen abwertenden Tonfall bemerkt hat, aber er kommentiert es nicht weiter.
»Das ist doch so ein albernes Herumgetanze.« Ich lasse meinem Frust freien Lauf.
»Nicht albern, sondern total angesagt und gut für den Körper. Außerdem macht es Spaß. Der Gute-Laune-Faktor liegt mindestens bei elf auf einer Skala von eins bis zehn.« Es ist nicht schwer zu erkennen, dass Rik mich überzeugen will. Wärme breitet sich in meinem Bauch aus.
»Und du… also du unterrichtest so was?«
»Ich habe vor einem Jahr an einem Workshop teilgenommen und auch ein paar Choreografien entwickelt. Im Begegnungszentrum haben sie aber nur einen Yoga-Lehrer gesucht. Das kam mir eigentlich ganz gelegen, weil ich neben dem Job nicht so viel Zeit für Sport habe. Allerdings will ich auch nicht, dass die Leute keinen Trainer haben und der Kurs ausfällt. Gib dir einen Ruck und komm mit.«
»Ich weiß nicht…«, murmle ich vor mich hin. Zumba klingt noch bescheuerter als Yoga. Ich möchte gar nicht wissen, was Kevin dazu sagen wird.
»Du wolltest doch sowieso herkommen und –«
»Schon gut«, sage ich enttäuscht. »Ich überleg's mir. Fängt dieser Kurs zur gleichen Zeit an?«
»Eine Viertelstunde früher«, sagt Rik tonlos. Er klingt enttäuscht, aber ich kann ihm nicht einfach so zusagen.
»Okay… mal gucken…«
»Ich würde mich wirklich freuen«, erwidert er leise.
»Warum?«, frage ich verwirrt.
»Einfach nur so. Ich fand unseren Fernsehnachmittag sehr schön, habe mich schon lange nicht mehr so gut amüsiert.«
»Hm.« Ich hoffe, ich klinge normal, denn tief in mir drin spüre ich so etwas wie Enttäuschung. Ich weiß nicht warum, denn ich fand unser Telefonat auch schön. Mehr als das! Ich habe mich schon lange nicht mehr so gut gefühlt, entspannt und frei. Woher kommt dieses merkwürdige Gefühl? Vielleicht, weil in meinem Kopf seit Tagen ohnehin alles durcheinanderläuft, weil ich mich auf Yoga gefreut habe und Zumba gruselig klingt.
»Na gut, ich muss jetzt auflegen. Wäre echt schön, wenn du kommst«, unterbricht er mein inneres Zwiegespräch. Ich könnte einfach ja sagen, aber ich bekomme es nicht über die Lippen.
»Okay.« Ich lasse das Handy zurück in meine Hosentasche gleiten, atme tief durch und klopfe kurz an die Tür. Beim Eintreten versuche ich, jeden Gedanken an Rik zu verdrängen.
Frau Schumann sitzt in ihrem Sessel und wippt hin und her. Der Fernseher läuft. Irgendein Shoppingkanal. Der Moderator klingt, als wenn er keine Luft mehr bekommen würde, neben ihm steht eine Frau in Sportklamotten. Die Musik im Hintergrund klingt lateinamerikanisch, ein wenig nach einer Party auf einer Karibikinsel.
»Bengt, mein Lieber!«, ruft Frau Schumann begeistert. »Schau dir das an, die tanzen Zumba. Ach, wenn ich noch einmal jung wäre… Guck nur, wie toll! Da bekommt man schon vom Zugucken gute Laune.«
Entsetzt starre ich den Fernseher an. Tatsächlich werden dort gerade eine ganze Reihe von CDs vorgestellt, mit denen man angeblich ganz einfach zu Hause tanzen kann. Dann wird die Musik lauter und der Moderator in seinem schicken Anzug versucht, die Schritte, die ein extrem sportlicher Mann vortanzt, nachzumachen. Er sieht dabei allerdings ziemlich lächerlich aus im Gegensatz zu dem Tänzer.
»Ich wollte nur noch mal schnell vorbeigucken«, sage ich und löse meinen Blick vom Bildschirm. »Brauchen Sie noch irgendetwas?«
Frau Schumann strahlt mich an, dann deutet
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