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Maria, ihm schmeckts nicht!

Maria, ihm schmeckts nicht!

Titel: Maria, ihm schmeckts nicht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Weiler
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nicht
    erwarten, uns zu sehen. Ich halte die Blumen wie
    einen Schild vor meinen Bauch und sage: »Guten
    Tag, da sind wir also.«
    Darauf sie: »Hallo, mein Engel.« Sie läuft einfach
    durch mich hindurch. Sie drückt ihre Tochter,
    anschließend sehen mich beide an und sie fragt:
    »Isser das?«
    »Das isser.«
    »Na, dann kommt mal rein.«
    Auf die ganze Vorstellerei mit Hände schütteln
    und sich freuen, sich kennen zu lernen, scheint
    Mutter Marcipane keinen großen Wert zu legen. Ich
    betrete das Haus und es ist tatsächlich genau so, wie ich es mir vorgestellt habe. Das einzig Verstörende an diesem Flur ist, dass er sich nicht einordnen lässt, weil eigentlich kein Stil überwiegt. Über dem Telefon hängt ein gerahmter Druck, der einen Sonnenunter-gang und einen Hafen zeigt, darunter steht: »Napo-
    li«. Direkt daneben prangt ein Holzteller, in welchen ein Dichter mit einem Lötkolben einen Satz gebrannt hat. Er lautet: Im Himmel gibt’s kein Bier, drum
    trinken wir es hier.
    »Geh durch, geh durch«, befiehlt Saras Mutter von
    hinten, und so laufe ich durch den Flur Richtung
    Wohnzimmer, aus dem gleißendes Licht fällt, als sei dort ein Tunnel zu Ende.
    Ich öffne die Wohnzimmertür und trete in einen
    hellen Raum mit einer großen Scheibe, neben
    welcher es in den Garten geht. Rechterhand die
    unvermeidliche Schrankwand, auf der linken Seite
    des Raumes die Sitzgruppe. Kennt man alles, so weit bin ich vorbereitet.
    Auf einem Sofa vor dem großen Fenster sitzt ein
    Männlein und schaut auf, als ich hereinkomme. Ich
    sehe ins Licht und so kann ich es nur in Umrissen
    erkennen: Das Männchen hat einen kleinen Kopf,
    den es gesenkt hält. Gleichzeitig scheint es mich zu mustern, ähnlich wie ein Stier, kurz bevor er einen Torero tottrampelt.
    Ich halte ihm meine Blumen entgegen.
    »Guten Tag«, sage ich mit fester Stimme.
    »—«
    »Wir sind da«, ergänze ich, denn ich habe den Ein-
    druck, er halte mich für jemand anderen, jedenfalls nicht für den Verlobten seiner Tochter. Wo ist die
    eigentlich? Ich finde, es ist nun an der Zeit, dass Sara die Konversation übernimmt. Ich drehe mich nach
    ihr um, aber da ist niemand. Offensichtlich sind Sara und ihre Mutter hinter mir in die Küche abgebogen
    und haben sich dort irgendwie festgequatscht. Je-
    denfalls stehe ich mit meinen Blumen alleine vor
    Don Marcipane. Und der macht keinerlei Anstalten
    aufzustehen oder wenigstens irgendetwas zu sagen.
    Knack. Er öffnet Pistazien mit den Fingernägeln und sieht mich an, soweit ich das im Gegenlicht beur-teilen kann. Der Strauß ist nass und das Wasser rinnt mir den Arm hinunter. Knick.
    »Hallo, ja, Sie müssen Saras Vater sein.« Knick,
    knack. Und dann der Horrorsatz: »Ich habe ja schon
    eine Menge von Ihnen gehört.«
    Knack.
    »So, habbe Sie. Wasse denn?«
    »Ach, na ja, dass Sie nett sind.«
    »Binne sogar sehr nett.« Knack.
    Ich kann nicht sehen, ob er lächelt. Verdammt, wo
    bleibt Sara?
    »Ja, jedenfalls wollten wir Sie mal besuchen.«
    »Warum?«
    Er will mich quälen. Das scheint also seine Art von Humor zu sein. Ich drehe den Kopf und sehe hilflos
    nach hinten. In der Küche höre ich die Frauen
    lachen. Sara! Aus dem Garten kommt ein Tier durch
    die geöffnete Terrassentür gelaufen und springt auf den Schoß des Mannes, der sich nun aufrichtet und
    die Katze streichelt.
    »Liebe kleine Gauner. Wo haste du denn
    gesteckte?«
    Immerhin erwartet er keine Antwort von mir auf
    seine blöde Warum-Frage. Ich überlege: Soll ich in
    die Küche gehen? Stehen bleiben? Weiterreden?
    »War ganz schön voll auf der Autobahn. Aber wir
    haben trotzdem nur fünf Stunden gebraucht. Das ist
    ein guter Schnitt für freitags«, plappere ich los.
    »Wülste du eine Nuuuß?« Er meint die Katze.
    Knack.
    Langsam wird mir die Sache zu doof. Warum soll
    ich wie ein Idiot hier herumstehen, während dieser
    Kerl seine Katze mit Pistazien füttert? Warum hilft mir denn keiner? Was mache ich hier eigentlich?
    Und: Ob es was zu essen gibt? Ich habe nämlich
    Hunger Ich zähle bis zehn und raschle ostentativ mit dem Blumenpapier, auch um mein Magenknurren
    zu übertönen. Wenn sich bis zehn nichts tut, dann –
    ja, was dann? Bei acht kommt Sara mit ihrer Mutter
    herein.
    »Was stehst du denn hier herum?«
    »Wir unterhalten uns«, sage ich.
    »Hallo, Papa!«, ruft sie und stürzt sich auf den
    Mann mit der Katze. Sie umarmen sich und er redet
    auf Neapolitanisch auf sie ein.
    »Unde dasse hier iste deine Freund«, stellt

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