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Maria, ihm schmeckts nicht!

Maria, ihm schmeckts nicht!

Titel: Maria, ihm schmeckts nicht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Weiler
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großes Mutter-mal im Gesicht und sieht aus wie Dumbo, der Ele-
    fant. Danach kommt der Priester Alfredo vorbei und
    betet mit Nonna Anna und den Tanten, die inzwi-
    schen ebenfalls eingetroffen sind. Nonno Calogero
    bleibt, wo er ist. Er wird nicht weggeschafft, sondern liegt nach wie vor auf seiner Bettseite, zugedeckt bis zum Kinn, unrasiert und mit einem etwas schlecht
    gelaunten Zug um die Lippen.
    Allmählich verbreitet sich die Kunde von seinem
    Ableben. Ich lerne heute mindestens vierzig Marios
    kennen und noch einmal dieselbe Menge Antonios.
    Es handelt sich dabei um Angehörige der beiden
    Zweige der Familie, die so groß ist, dass alle
    Mitglieder mit Telefonanschluss glatt fünf Seiten im örtlichen Telefonbuch ausmachen. Es gibt ungefähr
    zwei Seiten Marcipane, dazu eine Seite Marcipano
    (aufgrund eines verhängnisvollen Tippfehlers beim
    Einwohnermeldeamt, von dem später noch die Bede sein wird) und noch einmal zwei Seiten Carducci.
    Weder die Marcipanes noch die Carduccis haben
    ihre zahlenmäßige Überlegenheit jemals in politische Wahlerfolge umgemünzt. Nie hat einer von ihnen
    ein öffentliches Amt bekleidet. Dennoch kennt jeder Einwohner der Stadt die beiden Familien.
    Diese sind einander seit knapp dreißig Jahren spinnefeind, und das hat einen Grund, der nur unter größter Konzentration aufs Wesentliche erzählt werden kann; Einer von den vielen Antonio Marcipanes
    im Ort hat einen Sohn, der heißt Benito. Benito ist, euphemistisch ausgedrückt, ein bisschen doof, weil
    er als Kind einmal rückwärts von der campobasso-
    schen Burgmauer gefallen ist und auf dem Hinter-
    kopf landete. Ebendieser Benito Marcipane klaute
    einmal im jugendlichen Alter ein Auto. Wem dieses
    Auto gehörte, war ihm egal, wie das naturgemäß bei
    Autodieben ist, denn der Diebstahl ist ja nicht
    persönlich gemeint. Es wäre jedoch besser gewesen,
    wenn es ihn interessiert hätte, denn in Campobasso
    ist die statistische Wahrscheinlichkeit groß, einen Verwandten zu bestehlen, was hier der Fall war,
    denn das Auto – ein Fiat 500 – gehörte seinem Onkel, einem von vielen Mario Carduccis, der den Diebstahl auch noch beobachtete. Also ging Mario Carducci zu
    Benitos Vater und wollte sein Auto wiederhaben.
    Benito hatte es aber leider schon verkauft, und zwar an einen weiteren Carducci, der natürlich nicht
    wusste, dass er gerade das Auto seines Cousins
    Mario erworben hatte.
    Bis hierhin ist die Geschichte noch ganz einfach
    und hätte auch irgendwie gelöst werden können, aber Antonio Marcipane verlangte nach einem Beweis
    gegen seinen Sohn Benito, der die Tat zwar unter An-drohung von Schlägen gestanden hatte, allerdings wie gesagt ein bisschen plemplem war, so dass sein
    Geständnis in den Augen seines Vaters nicht zählte.
    Antonio Marcipane forderte deshalb die beiden
    Carduccis auf, doch erst einmal zu klären, wem der
    Fiat denn nun gehöre, denn immerhin habe der eine
    Carducci ja dafür bezahlt, und wo stehe eigentlich
    geschrieben, dass der andere Carducci überhaupt
    der rechtmäßige Besitzer sei? Und überhaupt, immer
    würde sein kleiner Benito verdächtigt, heilige Mutter Gottes, seht ihn euch doch nur mal an, der Junge ist doch zu blöd, um in den Krieg zu ziehen und erst
    recht, um Auto zu fahren, geschweige denn eines zu
    stehlen, und damit basta.
    Mario Carducci geriet darüber derart in Wut, dass
    er Antonio einen Gangster und seinen Sohn einen
    dreibeinigen Hund nannte. Seitdem haben die bei-
    den Familienzweige praktisch kein Wort mehr mit-
    einander gewechselt. Das ist natürlich in einer Stadt wie Campobasso nicht immer ganz einfach. Wenn
    zum Beispiel ein Angehöriger des Carducci-Clans in
    den Bus steigt und eine Fahrkarte beim Fahrer
    erwerben will, der jedoch ein Marcipane ist, dann
    darf der Carducci umsonst mitfahren, weil es ihm
    nicht zuzumuten ist, einem Marcipane sein Fahrtziel zu nennen. Umgekehrt verwalten die Carduccis, von
    denen zwei im Finanzamt sitzen, nur die Buchstaben
    A-K und R-Z, um niemals auch nur zufällig mit
    einem Marcipane konfrontiert zu werden. Die Marci-
    panes behaupten auch, dass die Carduccis allesamt
    verblödet seien, während die Carduccis die Marci-
    panes geizig nennen, was aber mindestens im Falle
    meines Schwiegervaters nicht stimmt.
    Tante Lidia ist zwar eine Marcipane, aber sowohl
    bei der einen wie der anderen Sippe in Ungnade ge-
    fallen, bloß weil sie zwischen den Lagern vermitteln wollte und die Ältesten beider Familien zu sich nach Hause

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