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Maria, ihm schmeckts nicht!

Maria, ihm schmeckts nicht!

Titel: Maria, ihm schmeckts nicht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Weiler
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Mirella zurückzukommen, und wahrschein-
    lich habe Pasquale lediglich die Gunst der Stunde genutzt und sich abgesetzt. Aber dafür gab es keinerlei Anhaltspunkte. Jedenfalls konnten sich die beiden
    Frauen nicht ausstehen.
    Rosalia lebte mit ihrem Mann Ernesto vierzig Jah-
    re, und eines Tages starb er, weil er beim Angeln er-trank. Zur Beerdigung erschien auch Mirella, die mit Ernesto immer ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis gehabt hatte und dessen Tod sie sehr mit-
    nahm. So sehr sogar, dass sie sich überwand und ein Zeichen des Friedens setzen wollte.
    Sie kniete sich neben die trauernde Rosalia und
    sprach ein leises Gebet. Dann schaute sie in den
    Himmel und sagte: »Ach, lieber, armer Ernesto. Wenn du da oben im Himmel meinen Pasquale triffst, dann
    grüße ihn doch bitte recht nett von mir.«
    Darauf Rosalia: »Wenn du das machst, mein Lie-
    ber, dann brauchst du dich zu Hause nicht mehr bli-
    cken zu lassen.«
    Nonna Anna weint, als sie zum Ende kommt. Ich
    bin nicht sicher, ob es Tränen der Wehmut und Trau-
    er sind oder doch einfach Lachtränen.

Drei
    Nach ein paar Tagen reklamiere ich mein Recht auf
    Urlaub. So schön Campobasso im Sommer sein mag,
    ich will ans Meer, von dem mir Antonio in Deutsch-
    land vorgeschwärmt hat.
    »I sage dir, diamantene Meer, kilometerweite. Nur
    der Meer und wir, meine liebe Jung.«
    Antonio neigt dazu, die Dinge ein wenig zu über-
    höhen, man kann sich jedoch trotzdem vorstellen,
    wie etwas aussieht, nämlich nicht ganz so diamanten wie versprochen, aber immer noch sehr hübsch.
    Mein Schwiegervater hat eine typische Eigenschaft
    der Entwurzelten, also derer, die nicht wirklich dort zu Hause sind, wo sie wohnen, und auch nicht richtig da hingehören, wo sie herkommen. Wenn er in
    Deutschland ist, gibt es für ihn nichts Schöneres als Italien, das Land seiner Vorfahren und des Weins und so weiter. Alles ist dann in Italien besser. Das Wetter sowieso, aber auch die Menschen, die dort so fröhlich und gastfreundlich sind und immer einen Scherz auf
    den Lippen haben und überhaupt so kinderlieb und
    noch dazu ausgezeichnete Köche sind. Dazu die
    Landschaft und der Duft und die schönen Frauen all-
    überall und eben das diamantene Meer. Diese folklo-
    ristischen Hymnen gipfeln jedes Mal im Absingen
    neapolitanischer Volksweisen. Fast hat man aus sei-
    nen Schilderungen den Eindruck, als sei Italien eine Art riesiges Schlumpfhausen.
    Deutschland hingegen ist natürlich mies, kalt und
    grau. Die Menschen sind nur an Geld interessierte
    Vorteilsnehmer, die niemandem etwas gönnen, Kin-
    der am liebsten immer einsperren und nie, nie lach-
    en. Und dann das Essen, immer diese Knödel und
    Kartoffeln, dieser Schweinefraß. Oh, und wenn er
    nur könnte und nicht diesen riesigen Druck von we-
    gen Karriere und so hätte, dann würde er zurück-
    kehren in das Land von Dante und Machiavelli. Er
    würde über Weinberge schauen, dichten und immer-
    zu polenta essen.
    »Dann kehr doch«, knurre ich immer in Gedanken.
    Zwar bin ich wirklich kein Patriot, und es gibt ganz bestimmt schönere Länder als das, aus dem ich komme. Aber dieses Gemecker kann einem schon ganz
    schön auf den biscotto gehen.
    Erfreulicherweise wendet sich das Bild just in der
    Sekunde, in der Antonio italienischen Boden betritt.
    Gegenüber seinen Cousins und Cousinen tritt er stets als Botschafter der deutschen Kultur im Allgemeinen und des deutschen Sports, der deutschen Politik, des deutschen Sozialwesens, der deutschen Automobilindustrie und der deutschen Küche im Besonde-
    ren auf. Letztere hat nämlich einiges mehr zu bieten als immer nur gegrilltes Fleisch, Tomaten und Nudeln. Was man beispielsweise aus Kartoffeln machen
    könne, sei schier unglaublich. Die Deutschen seien
    große Erfinder und deutsche Autos »Beste von Bes-
    ten in de Kunst von de Ingenieure«. Nicht umsonst
    fahre er einen Mercedes und dazu gebe es nicht nur
    nichts Vergleichbares in Italien, sondern nirgendwo in der Welt. Wenn er dies sagt, beugt er sich nach
    vorne, hält kurz inne, wobei seine Augen besonders
    hell leuchten, und er zeigt alle seine funkelnden
    Zahne. Dann geht’s weiter.
    Vor allem die Disziplin der Deutschen sei bewun-
    dernswert. »Wie habbe die auffegebaut der Land aus
    rauchende Trummer« ist eines seiner Großthemen
    und dass die Deutschen alles andere als dumm seien, auch wenn man mit ihnen im Ausland immer Spott
    treibe. Was seien beispielsweise Dante und Verdi gegen die deutschen Großgeister

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