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Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte

Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte

Titel: Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Joens
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lang!«
    So hundemüde, wie Joe gerade ist, kann er nicht anders, als über Miriam lächeln. Sie ist die erste Frau, die ihm wirklich schonungslos diese Wahrheit entgegenschleudert. Es ist wahr. Jede Frau wünscht sich ihren Märchenprinzen, der sie beschützt und liebt. Miriam hat keine Ahnung, wie schön sie in diesem Moment ist. Ihre offenen Haare sind eine wilde Mähne vom Schlaf, ihre Wangen gerötet vom Zorn und ihre Lippen wie geschaffen für einen leidenschaftlichen Kuss, den Joe garantiert niemals vergessen würde. Ihre Augen, jetzt schmal wie Katzenaugen, haben in der Dunkelheit des Flures riesengroße Pupillen. An einen hungrigen Panther, bereit zum Sprung, erinnert Miriam ihn. Aber er sieht gleichzeitig auch ein verwundetes Reh in ihr. Die Daunendecke, halb von ihrer rechten Schulter gerutscht, lässt die verführerische zarte Grube am Schlüsselbein frei, die Joe an Frauen so liebt. Frauen sind am wunderbarsten, wenn sie sich ganz einfach hingeben und einem Mann vertrauen. Aber Miriam ist weit weg von Hingabe. Ihre Worte sind grausam.
    »Warum seid ihr Männer heutzutage nur solche Weicheier?«
    »Weil ihr Weiberleut vergessen habt, wie man danke und bitte zu einem Mann sagt. Außerdem suchst du dir doch auch immer den falschen Kerl aus, oder? Du stehst auf die charmanten, leisen Vampire, die dir offenbar nicht nur die Seele, sondern auch das Hirn raussaugen!«
    Schweigen. Atmen. Ihre dunkelgrün funkelnden Augen werden noch schmaler, bis sie zwei winzige Schlitze sind. Dann dreht Miriam sich um und geht so würdevoll wie möglich in ihr Zimmer. Sie schließt die Tür betont leise hinter sich, und Joe beißt sich vor Wut auf die Zunge. Er hat sie erneut verletzt. Genau das hat er nicht gewollt.

VIERZEHNTES KAPITEL

    SANTA LUCIA
    Der Tag der heiligen Lucia, der der längsten Nacht des Jahres vorangeht, beginnt mit eisiger Klarheit und einem besonders hellen Stern, den Anna-Sophie während der Fahrt in Molly nicht mehr aus den Augen lässt. Ihre Nase klebt an dem beschlagenen Rückfenster des alten Mercedes, dessen Diesel vor Kälte noch lauter röhrt als sonst. Schräg am Firmament leuchtet dieser Morgenstern, zeitlos und voller Hoffnung. In der Ferne glitzernd, begleitet er Joes verschlafene Passagiere mit seinem schützenden Sternenlicht um sechs Uhr dreißig auf dem Weg in die Stadt.
    Bene gähnt ständig. Weder wollte er so früh aufstehen, noch hat er Lust auf den letzten Schultag ohne seine Schultasche. Vielleicht ist sein Ranzen ja noch in der Wohnung oder aber, was wahrscheinlicher ist, bereits mit dem Rest von seinem Zeug in einem Umzugswagen nach Werweißwohin unterwegs. Wie soll er das bitte seiner Lehrerin erklären? Und wie soll Bene Feline erklären, dass er ihr Wichtelgeschenk nicht dabei hat? Seine langjährige Freundin, in die Bene seit der dritten Klasse heimlich verliebt ist, wird nach den Weihnachtsferien ebenfalls nicht in die fünfte Klasse an ihrem Gymnasium zurückkehren. Feline muss nach Österreich umziehen, genauer gesagt nach Wien, zu ihrer Mutter, denn ihre Eltern lassen sich nach drei Jahren Rosenkrieg endlich scheiden. Bene hat gespart, um seiner Freundin etwas zu schenken, was sie für immer an ihn erinnern wird. Aber dieses Geschenk befindet sich in seiner Schultasche. Seinem Vater hätte der silberne Bilderrahmen in Herzform mit dem Foto von Bene und Feline sicher gefallen. Die Aufnahme ist von Benes neuntem Geburtstag, als seine Eltern noch lebten. Bene hatte Feline als einziges Mädchen zu seiner Jungenparty eingeladen. Um ihm zu zeigen, dass sie die Ehre zu schätzen wusste, hatte sie sich auf ein altes T-Shirt die Worte gemalt: Today, I am a boy!
    Bene muss plötzlich grinsen, als er an dieses Foto denkt. Feline steht cool zwischen acht Jungs, den Arm lässig um Benes Schultern gelegt. Sicher hätte sie sich über das Geschenk gefreut, aber jetzt ist es futsch.
    Anna-Sophies Gedanken kreisen um das bevorstehende Krippenspiel, für das sie von Oma Hilla ein Samtkleid bekommen hat, das sie heute trägt. In dem Kleid fühlt sie sich wirklich wie eine Prinzessin. Es ist an ihr fast bodenlang. Zuletzt wurde es von Jasmina, Tochter von Alembusch und Magdalena, zu besonderen Gelegenheiten getragen. Das Kleid riecht auf besondere Weise nach Gewürzen und Gerüchen, die aus einem fremden Land kommen, wie Jasmina ihr gestern nett erklärt hatte, als sie zu Besuch kam. In dem Märchen Kalif Storch , das Jasmina ihr vorgelesen hat, riecht es so ähnlich auf dem Basar mit den

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